Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerbefreiung bei Erwerb eines Grundstücks an Erfüllung statt aufgrund Pflichtteilsanspruch
Leitsatz (redaktionell)
Nach Sinn und Zweck des § 3 Nr. 2 GrEStG, die Belastung eines der Erbschaftsteuer unterliegenden Grundstückserwerbs mit Grunderwerbsteuer zu vermeiden, muss auch eine Grundstücksübertragung an Erfüllungs Statt zur Befriedigung des geltend gemachten Pflichtteilsanspruches als Erwerb von Todes wegen angesehen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Wert der Geldforderung oder der Einheitswert des übertragenen Grundstücks für die Erschaftsteuerfestsetzung maßgebend ist.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; GEStG § 3 Nr. 2; ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 4; BGB §§ 2075, 2303 Abs. 1, § 2304
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine der insgesamt drei Töchter des am 02.09.1992 verstorbenen A X und der am 16.01.1993 verstorbenen B X.
Ihre Eltern hatten sie und ihre Schwestern C und D durch notarielles Testament vom 23.09.1987 als Nachlassempfängerinnen nach dem Tod des längstlebenden Ehegatten eingesetzt. Die Klägerin sollte einen Anteil von 16,67 % und ihre Schwestern jeweils einen Anteil von 41,665 % des Nachlasses erhalten. Außerdem hatten die Erblasser den Schwestern C und D - nicht aber der Klägerin - Vermächtnisse eingeräumt und bestimmt, dass diejenige, die das Testament anficht oder den Pflichtteil geltend macht oder es sonst wie nicht anerkennt bzw. es nicht befolgt, nur den Pflichtteil erhält.
Des Weiteren war in der letztwilligen Verfügung vom 23.09.1987 Testamentsvollstreckung, die mit Testament vom 20.02.1991 widerrufen wurde, angeordnet worden, weil das Verhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Schwester C sowie ihren Eltern gestört war. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Gerichtsakte befindliche Ablichtung des notariellen Testaments vom 23.09.1987 Bezug genommen.
Vor ihrem Tod hatten die Erblasser umfangreiche Vorschenkungen ( Wert nach Angaben der Erben: 5.739.655 DM ) an die Schwestern der Klägerin vorgenommen. Diesbezügliche Anrechnungen oder Ausgleichungen hatten sie letztwillig nicht angeordnet.
Mit den Vorschenkungen hatten die Erblasser über ihren gesamten Grundbesitz, zu dem auch der Streitbefangene zählte, verfügt. Der Nachlass, dessen Wert 8.132.000 DM betrug, bestand danach im Wesentlichen aus Wertpapiervermögen.
Nach dem Tod der Mutter schied die Klägerin mit notariell beurkundeter Vereinbarung vom 07.05.1993 im Wege der „Teilerbauseinandersetzung aus der Erbengemeinschaft nach Frau B X” aus, und zwar durch Übertragung ihres „Erbteils” zu gleichen Teilen an ihre beiden Schwestern C und D. Als Gegenleistung ( Wert nach Angaben der Erben: 1.897.084 DM ) dafür erhielt sie die im Grundbuch des Amtsgerichts M für M Blatt …… eingetragenen Grundstücke Flur … Flurstücke … („Name”), … („Name”) und … („Name”) der Gemarkung M zu Alleineigentum übertragen.
Des Weiteren heißt es in der notariellen Urkunde vom 07.05.1993:
„Mit der Erfüllung dieses Vertrages sind alle Ansprüche von Frau „Klägerin” aus ihrer 16,67 vom Hundertstel Erbteilquote nach Frau B X und ihre sämtlichen Pflichtteilsergänzungsansprüche im Nachlass der Frau B X und auf Grund deren Vorschenkungen gegenüber den beiden Miterben … abgefunden, und bestehen zwischen den Vertragsteilen keine gegenseitigen erbrechtlichen Ansprüche mehr bezüglich des Nachlasses nach Frau B X und der genannten Pflichtteilsergänzungsansprüche …”.
Mit Bescheid vom 09.11.1993 setzte der Beklagte, der der Auffassung war, dass es sich bei der Auseinandersetzung zwischen den Schwestern um einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang handele, gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 27.122 DM ( 16,67 % von 8.132.000 DM = 1.355.604 DM Bemessungsgrundlage, davon 2 % ) fest.
Dagegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage. Die Klägerin meint, die Teilerbauseinandersetzung sei als Erwerb von Todes wegen von der Grunderwerbsteuer befreit. Sie habe im Zuge der Erbauseinandersetzung nach dem Tod der Mutter den Ausgleich der Vorschenkungen durch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch angestrebt. Ihre Erbteilsquote von 16,67 % habe rechnerisch nämlich nur dem Pflichtteil entsprochen. Dies sei, wie dem Testament zu entnehmen sei, von ihren Eltern auch so gewollt gewesen. Sie habe wegen der dort beschriebenen Auseinandersetzungen nicht mehr als den Pflichtteil erhalten sollen. Durch die Geltendmachung des Ergänzungsanspruches habe sie aber auch das System und die Anordnung des elterlichen Testaments missachtet, denn sie habe letztlich mehr verlangt, als sie nach der Quote habe erhalten sollen. Damit sei das, was in dem Erbauseinandersetzungsvertrag vereinbart worden sei, entgegen der Bezeichnung als Erbteilsübertragung der Erwerb auf Grund eines Pflichtteilsanspruches. Es handele sich sowohl bei dem Pflichtteils- als auch bei den Pflichtteilsergänzungsanspruch um einen Geldanspruch. Dieser werde als Erwerb von Tode...