vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelmäßige Arbeitsstätte eines Amtsbetriebsprüfers: Qualitativer und quantitativer Schwerpunkt der Tätigkeit – Differenzierung zwischen Innen- und Außendienst
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Außenprüfer der Amtbetriebsprüfungsstelle, der seine typischen Innendiensttätigkeiten (Vorbereitung und Auswertung der Prüfung) nicht in einem häuslichen Arbeitszimmer, sondern in der Dienststelle erbringt, hat seine regelmäßige Arbeitsstätte im Tätigkeitsfinanzamt, wenn die Innendiensttätigkeiten in zeitlicher Hinsicht im Verhältnis zur Außendiensttätigkeit überwiegen.
- Zwischen den einzelnen Abschnitten einer Außenprüfung von ihrer Vorbereitung über die eigentliche Prüfung bis hin zu ihrer Auswertung durch die Bekanntgabe von Änderungsbescheiden kann nicht in qualitativer Hinsicht nach mehr oder weniger gewichtigen Abschnitten bzw. Aufgaben differenziert werden.
Normenkette
EStG a.F. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4 S. 1, Abs. 5 S. 1; AO § 199 Abs. 1, § 200 Abs. 2
Streitjahr(e)
2012, 2013
Tatbestand
Strittig ist, ob der Kläger in den Streitjahren (2012 und 2013) seine regelmäßige Arbeitsstätte i. S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i. d. F. bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (EStG) und den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit i. S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG am Sitz des Beklagten hatte.
Der Kläger war beim Beklagten als Außenprüfer tätig. Er machte für die Streitjahre Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 2.567 Euro (2012) bzw. 2.048 Euro (2013) geltend. Davon entfielen 1.350 Euro (2012) bzw. 1.080 Euro (2013) auf Fahrten zwischen der Wohnung des Klägers und seiner Dienststelle an 125 Tagen (2012) bzw. 100 Tagen (2013), die er als Reisekosten behandelte und mit einem Kilometersatz von 0,30 Euro je gefahrener Kilometer berechnete, sowie 750 Euro (2012) bzw. 600 Euro (2013) auf Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe eines Pauschbetrags von 6 Euro bei einer Abwesenheit von der Wohnung und dem Tätigkeitsmittelpunkt von mindestens acht und weniger als 14 Stunden. Ferner machte der Kläger Aufwendungen für Fahrten zur Dienststelle an Tagen, an denen er Dienstreisen unternahm, die reisekostenrechtlich erstattungsfähig waren, geltend (2012 und 2013 je 270 km, d. h. 15 Fahrten à 18 km). Wegen der Einzelheiten der Ermittlung der Werbungskosten wird auf die Anlagen zu den Anlagen N Bezug genommen.
Der Beklagte betrachtete dagegen die Dienststelle des Klägers als regelmäßige Arbeitsstätte bzw. als Tätigkeitsmittelpunkt und ließ deshalb Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung und der Dienststelle nur mit der Entfernungspauschale für volle Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte zum Abzug zu. Mehraufwendungen für Verpflegung berücksichtigte er nicht. Als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit setzte er demgemäß in den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre lediglich Aufwendungen in Höhe von 1.142 Euro (2012) bzw. den Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 1.000 Euro (2013) an.
Der Kläger legte gegen die Bescheide fristgerecht Einsprüche ein, mit denen er sich gegen die Rechtsansicht des Beklagten wandte, dass die Dienststelle seine regelmäßige Arbeitsstätte sei. Er habe in den Streitjahren nicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügt, weil der qualitative Schwerpunkt seiner Tätigkeit als Außenprüfer außerhalb der Dienststelle liege. Dort erledige er überwiegend lediglich vor- und nachbereitende Arbeiten, die bei Außenprüfungen anfielen. Der Umfang von Prüfungen an Amtsstelle liege unter 20 v. H. seiner regelmäßigen Arbeitszeit.
Den inhaltlichen Schwerpunkt der Tätigkeit eines Außenprüfers bilde die Ermittlung und Beurteilung von Sachverhalten durch Prüfung der Buchführung und der Belege des Steuerpflichtigen in dessen Betrieb, wie § 200 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) bzw. § 6 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) dies vorsehe. Damit bilde die Prüfung im Betrieb des Steuerpflichtigen den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit eines Außenprüfers. In der Dienststelle erledige er lediglich vor- und nachbereitende Arbeiten, die keinen qualitativen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildeten. Bei der Prüfungsvorbereitung würden Akten beigezogen, Informationen aus Auskunftsdiensten und dem Internet zusammengestellt, Festsetzungsdaten importiert und Werte aus den Jahresabschlüssen in das Prüfprogramm BPA-Euro eingegeben. Anschließend führe er noch eine Umsatz- und Vorsteuerverprobung sowie einen inneren und äußeren Betriebsvergleich durch. Abschließend lege er die Prüfungsschwerpunkte für die eigentliche Außenprüfung fest, wobei diese in den häufigsten Fällen schon vorgegeben seien, nämlich durch Prüfungsmeldungen seitens des Veranlagungsbezi...