Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit – Nichterfassung ausländischen Arbeitslohns bei Übernahme des elektronisch übermittelten Arbeitslohns – Ausschluss eines Subsumtionsirrtums
Leitsatz (redaktionell)
- Die Nichterfassung des (zusätzlich) erklärten ausländischen Arbeitslohns stellt eine „ähnliche offenbare Unrichtigkeit” im Sinne des § 129 AO dar, wenn sie allein darauf beruht, dass der Sachbearbeiter des FA bei der Datenerfassung den elektronisch übermittelten Arbeitslohn in dem Glauben übernommen hat, dass dieser dem erklärten Arbeitslohn entspricht.
- Die Möglichkeit, dass der Fehler auf einem Rechtsirrtum oder auf einer unvollständigen Sachverhaltsaufklärung beruht, kann ausgeschlossen werden, wenn durch einen erledigten Prüfhinweis zu den korrespondierenden Angaben in der „Anlage AUS” der Steuererklärung und einen Hinweis der für die zentrale Bearbeitung von Auslandssachverhalten zuständigen Stelle dokumentiert worden ist, dass die Steuerpflicht des ausländischen Arbeitslohns dem Sachbearbeiter bewusst gewesen sein muss.
Normenkette
AO § 129
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Berichtigungsbescheid nach § 129 der Abgabenordnung (AO) ergehen durfte.
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 erklärte der Kläger auf der Anlage N einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 1.182.009 €. Der Steuererklärung beigefügt waren zwei Ausdrucke elektronischer Lohnsteuerbescheinigungen, auf denen dem Kläger einmal ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 199.898 € und einmal ein solcher in Höhe von 962.413 € bescheinigt wurde (in Summe 1.162.311 €). Darüber hinaus war eine ausländische Lohnbescheinigung beigefügt, auf der handschriftlich ein umgerechneter Betrag von 19.698 € als Einnahmen aufgeführt war (zusammen mit dem vorgenannten Arbeitslohn ergibt sich die erklärte Summe von 1.182.009 €). Auf der Anlage AUS war in Bezug auf den ausländischen Arbeitslohn angegeben, dass dieser aus Brasilien stamme. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass dieser auf der Anlage N in der Eintragung in Zeile 3 enthalten sei. Als anzurechnende ausländische Steuer war ein Betrag von 5.103 € erklärt.
Am 21.9.2011 führte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) eine Prüfberechnung des Steuerfalls durch. Diese führte zu mehreren Prüf- und Risikohinweisen. U.a. wurde der Hinweis ausgegeben, dass die in der Anlage AUS enthaltenen steuerpflichtigen ausländischen Einkünfte auch in der Anlage G/S SO, L, N etc. enthalten sein müssten. Der entsprechende Hinweis wurde vom Sachbearbeiter als „erledigt” abgezeichnet.
Mit Schreiben vom 22.9.2011 wandte sich das FA an die Bevollmächtigte des Klägers. Es verwies darauf, dass die Steuererklärung zur Überprüfung der ausländischen Einkünfte an die für die zentrale Bearbeitung von Auslandssachverhalten zuständige Stelle (künftig ZAStR) weiter geleitet worden sei. Es werde um Erläuterung der ausländischen Einkünfte gebeten, da aus der eingereichten Erklärung nicht ersichtlich sei, dass sich der Kläger im Streitjahr 2010 im Ausland aufgehalten habe.
Am 26.9.2011 fertigte der Bearbeiter der ZAStR nach einem Telefonat mit dem seinerzeit für die Kläger tätigen Steuerberater einen Erledigungsvermerk, in dem es heißt: „Da mit dem Staat Brasilien kein DBA besteht, sind die Einkünfte aus dieser Tätigkeit in Deutschland steuerpflichtig. Lt. telefonischer Auskunft ist der Stpfl. an mehreren Tagen im Jahr vor Ort in Brasilien tätig und erhält hierfür von der brasilianischen Niederlassung direkt eine Vergütung”. Dieser Vermerk wurde auch vom Hauptsachgebietsleiter Außensteuerrecht unterzeichnet.
Am 11.10.2011 erließ das FA einen Einkommensteuererstbescheid, in dem es (lediglich) einen Arbeitslohn in Höhe von 1.162.311 € ansetzte. Der ausländische Arbeitslohn von 19.698 € war nicht in diesem Arbeitslohn enthalten.
Am 5.6.2013 erließ das FA einen nach § 129 AO berichtigten Einkommensteuerbescheid, in dem es erstmals auch den in Brasilien erzielten Arbeitslohn in Höhe von 19.698 € bei den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erfasste und insgesamt einen Arbeitslohn von 1.182.009 € zugrunde legte. In den Erläuterungstexten wies das FA darauf hin, dass der ausländische Arbeitslohn bei der maschinellen Bearbeitung versehentlich nicht angewiesen worden sei.
Dagegen legten die Kläger fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, dass das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit vom FA weder dargelegt noch nachgewiesen sei.
Mit Schreiben vom 26.6.2013 wies das FA darauf hin, dass ein Erfassungsfehler vorgelegen habe, aufgrund dessen der ausländische Arbeitslohn nicht eingegeben worden sei. Es handle sich nicht um den Fall der falschen Auslegung einer Rechtnorm.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.1.2014 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage, zu deren Begründung die Kläger vortragen: Zu Unrecht habe das FA den Ursprungsbescheid nach § 129 AO bericht...