vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildungsaufwendungen zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine sechswöchige Ausbildung zum Rettungshelfer im Rahmen des Zivildienstes, die weder landes- oder bundesrechtlich einheitlich geregelt ist noch mit einer Prüfung abschließt, erfüllt nicht die Anforderungen an die Mindestdauer und Mindestqualität einer erstmaligen Berufsausbildung (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 27.10.2011 VI R 52/10, BStBl II 2012, 825).
  2. Der Berücksichtigung der Aufwendungen für eine nachfolgende Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten steht daher das Abzugsverbot des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG entgegen.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1, § 10d Abs. 5, §§ 30a, 52 Abs. 23d S. 5

 

Streitjahr(e)

2009, 2010

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.01.2023; Aktenzeichen VI R 41/20)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Aufwendungen des Klägers für seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.

In der Zeit vom 02.07.2007 bis zum 31.03.2008 leistete der Kläger seinen Zivildienst bei der Feuer- und Rettungswache x in A. Im Rahmen dessen wurde er an der Landesfeuerwehrschule…zum Rettungshelfer ausgebildet und in die Funktechnik eingewiesen. Die Ausbildung zum Rettungshelfer fand in der Zeit vom 09.07.2007 bis zum 24.08.2007 statt und beinhaltete insgesamt 320 Stunden Theorie und Praxis. Daneben nahm der Kläger vom 09.07.2007 bis zum 20.07.2007 an dem Basisseminar zum Betriebssanitäter/First Responder teil. Dieser Lehrgang beinhaltete die Grundausbildung zum Betriebssanitäter entsprechend den Richtlinien der Berufsgenossenschaften.

Nach Ende der Zivildienstzeit arbeitete der Kläger zunächst als Aushilfe bei Geschäftsname …. Im Januar 2009 begann er eine Ausbildung zur Erlangung der Verkehrsflugzeugführer-Lizenz.

Am 15.11.2011 reichte der Kläger die Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Streitjahre 2009 und 2010 ein und erklärte darin unter anderem Aufwendungen für seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer in Höhe von 79.589,- € (in 2009) bzw. in Höhe von 7.913,- € (in 2010) als vorweggenommene Werbungskosten im Sinne des § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Steuerpflichtige Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erklärte der Kläger nicht.

In den Bescheiden für 2009 und 2010 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, jeweils vom 20.01.2012, erkannte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer nicht als (vorweggenommene) Werbungskosten an. Stattdessen berücksichtigte er die Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in Höhe des damals geltenden Höchstbetrages von 4.000,- € als Sonderausgaben. Zur Begründung führte er in den Erläuterungen aus, dass die Kosten für die Erstausbildung als Sonderausgaben zu berücksichtigen seien. Die Einkommensteuer wurde jeweils auf 0,- € festgesetzt. Eine Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes nahm der Beklagte weder auf den 31.12.2009 noch auf den 31.12.2010 vor.

Am 25.01.2012 legte der Kläger gegen die Einkommensteuerbescheide für 2009 und 2010 Einspruch ein und führte zur Begründung aus, dass die Berufsausbildungskosten als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen seien. § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften - BeitrRLUmsG - (BGBl I 2011, 2592; im Weiteren: EStG a.F.) sei verfassungswidrig.

Im Hinblick auf die zur Frage der Abzugsfähigkeit von Berufsausbildungskosten nach § 9 Abs. 6 EStG a.F. beim Bundesfinanzhof (BFH) bereits anhängigen Revisionsverfahren (u.a. VI R 61/11, VIII R 49/11, VI R 2/12), ruhten die Einspruchsverfahren gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO).

In einer weiteren Steuererklärung für das Streitjahr 2010 erklärte der Kläger zusätzlich aus einer selbständigen Tätigkeit als Promoter einen Gewinn in Höhe von 488,- €. Der entsprechend geänderte Bescheid für 2010 ging am 06.03.2012 zur Post. Die Einkommensteuer für 2010 wurde weiterhin auf 0,- € festgesetzt. Eine Verlustfeststellung erfolgte nicht.

Nachdem der Kläger im Oktober 2013 den Erlass einer Einspruchsentscheidung begehrte, wies der Beklagte die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die dem Kläger durch seine Ausbildung zum Piloten entstandenen Aufwendungen unter das Werbungskostenabzugsverbot der § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG a.F. fielen und nicht zu Werbungskosten führten. Die Neuregelung sei nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und § 30a EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anzuwenden und verstoße nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Die Ausbildung des Klägers habe nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden. Dass...

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