Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine doppelte Haushaltsführung berufstätiger Ehepartner bei Umzug in größere gemeinsame Wohnung am (beiderseitigen) Beschäftigungsort trotz Apartments am (bisherigen) Heimatort
Leitsatz (redaktionell)
- Eine doppelte Haushaltsführung besteht mangels Lebensmittelpunktwohnung am Heimatort nicht weiter, wenn beidseits berufstätige Ehegatten ihren gemeinsamen Wohnsitz am Beschäftigungsort von einem 20 m² großen Apartment in eine Wohnung von 84 m² und am Heimatort von einer 80 m² großen Wohnung in ein 35 m² großes Apartment verlegen.
- Ein derartiger Wohnungswechsel belegt regelmäßig eine Änderung des Lebensmittelpunkts. Die Wohnung am bisherigen Heimatort wird dann nur noch zu Besuchszwecken vorgehalten und stellt keine unwesentliche Modifikation der doppelten Haushaltsführung i. S. des BFH-Urteils vom 4. April 2006 - VI R 11/02 dar.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Streitjahr(e)
2002, 2003
Tatbestand
Die Kläger werden als Ehegatten für die Streitjahre 2002 und 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide bezogen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger, ein Diplom-Kaufmann, war bis zum Frühjahr 2001 bei „A” als Referent in der Controlling-Abteilung tätig; danach wechselte er innerhalb des Konzerns als Abteilungsleiter Controlling zu einer Tochterfirma nach B”. Die als Sekretärin tätige Klägerin begleitete den Kläger und suchte sich in „C” eine neue Arbeitsstelle. Der Kläger und später auch die Klägerin bewohnten vom März 2001 bis Ende Juni 2001 ein etwa 20 m² großes Apartment in „B”, das der Arbeitgeber des Klägers vermittelt hatte. Im Anschluss daran gaben die Kläger zum 25. Juni 2001 ihre ca. 80 m² große Wohnung in „D” ( str. 25) auf. Zum 1. Juli 2001 mieteten sie in „E” eine 84 m² große 3-Zimmer Wohnung (Monatsmiete 1.250 DM kalt + 170 DM Betriebskostenvorauszahlung) und in „D” eine 35 m² große 2-Zimmer-Wohnung ( str. 143; Monatsmiete 395 DM kalt + 85 DM Betriebskostenvorauszahlung) an. Mitte 2004 erhielt der Kläger eine Stelle als kaufmännischer Leiter eines karitativen Unternehmens in „F"; unter Aufgabe ihrer beiden Wohnungen zogen die Kläger daraufhin in eine neu erworbene Eigentumswohnung in „D” ( platz 21) um.
Ihre Einkommensteuererklärungen für 2002 und 2003 gaben die Kläger Ende März 2004 beim Finanzamt „B” ab. Bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit machten sie Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung in folgender Höhe geltend (alle Angaben in EUR):
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2002 |
2003 |
Familienheimfahrten nach „D" |
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Je 24 Fahrten (409 km) |
3.926 |
3.926 |
Übernachtungskosten |
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(Wohnung in „E”) |
9.771 |
9.883 |
insgesamt: |
13.697 |
13.809. |
Das beklagte Finanzamt, an das die Einkommensteuerveranlagungen zuständigkeitshalber abgegeben worden sind, setzte demgegenüber die Einkommensteuern für 2002 und 2003 ohne Berücksichtigung von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung fest (Einkommensteuerbescheide vom 15. und 17. September 2004).
Mit ihren Einsprüchen wandten sich die Kläger gegen die Versagung der doppelten Haushaltsführung. Sie trugen vor, sie hätten den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in „D” beibehalten, wo ihre Familie und ihr gesamter Freundeskreis lebe. Insbesondere sei die Klägerin Hauptbezugsperson für ihren kranken Bruder, den sie regelmäßig besuchen müsse.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, eine doppelte Haushaltsführung der Kläger scheitere daran, dass sich in den Streitjahren der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen am Beschäftigungsort befunden habe. Denn die Kläger hätten für die Zeit ihrer Berufstätigkeit in Süddeutschland nicht ihre bisherige Wohnung an ihrem bisherigen Wohnort „D” beibehalten, sondern dort lediglich eine kleine Zweitwohnung angemietet; es sei zu vermuten, dass diese Wohnung nicht als Hauptwohnsitz beibehalten, sondern nur zu Besuchszwecken vorgehalten sei.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, eine doppelte Haushaltsführung sei auch bei beiderseits berufstätigen Ehegatten möglich, wobei nicht entgegenstehe, dass die Eheleute auch am Beschäftigungsort zusammen wohnen. Entgegen der Ansicht des Finanzamts habe sich ihr Lebensmittelpunkt nicht von „D” nach „E” verändert. Die Kläger hätten von Anfang an geplant, beruflich nach „D” zurückzukehren. Beide seien in der Region verwurzelt. Die Eltern und der Bruder der Klägerin wohnten in „D"; die Klägerin sei zudem eine besondere Orientierungsperson für ihren psychisch erkrankten Bruder. Außerdem habe die Klägerin ihre Hausärztin in „D” beibehalten und zusammen mit ihrer Mutter Opern- und Ballettvorstellungen in der ...Stadthalle besucht. Der Kläger stamme aus „G”, wo seine Eltern und 3 Geschwister wohnten. Zu seinem Patenkind, dem Sohn seiner Schwester, bestehe eine enge Bindung. Sein gesamter Freundeskreis lebe hier. Der Kläger sei Mitglied bei Fußballverein und habe zahlreiche Heimspiele besucht. Daneben sei er Mitglied eines Stammtisches und habe regelmäßig einmal monatlich an den Stammtischterminen teilgenommen, er habe auch seinen Fri...