Entscheidungsstichwort (Thema)
Hausbootvermietung als gewerblicher Beherbergungsbetrieb – Erforderlichkeit einer unternehmerischen Organisation – Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen
Leitsatz (redaktionell)
- Die Vermietung eines Hausboots an Feriengäste geht nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinaus und ermöglicht daher nicht die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen, wenn sie aufgrund der regelmäßig im Voraus erfolgenden Buchungen für mehrtägige Zeiträume keine mit einem gewerblichen Beherbergungsbetrieb vergleichbare unternehmerische Organisation erfordert und keine für die Vermietung von Ferienwohnungen unüblichen Sonderleistungen erbracht werden.
- Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines nicht motorisierten, auf Pontons ruhenden Hausboots ist in Anlehnung an die „AfA-Tabelle AV“ (BStBl I 2000, 1532) mit 30 Jahren anzusetzen.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1 S. 2, § 7g Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 15 Abs. 2
Tatbestand
Streitig sind die Qualifikation von Einkünften aus der Vermietung eines Hausboots und dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer.
...Geschäftsgegenstand der Klägerin ist…der Erwerb…von Hausbooten u.a. …sowie vergleichbaren Investitionsgütern zum Zwecke der Vermietung und/oder Verpachtung. Ihren Gewinn ermittelt die Klägerin durch Einnahmenüberschussrechnung.
…Sie vermietete ...ein…Hausboot... ...mit ...Wohnfläche zuzüglich Terrassen. Die Wohnung kann beheizt und damit ganzjährig genutzt werden. Das Boot ist im Schiffsregister eingetragen.
Im Verfahren ...machte die Klägerin Investitionsabzugsbeträge gemäß § 7g Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die geplante Anschaffung der Inneneinrichtung des Hausboots i.H.v.…€..., des Hausboots selbst i.H.v.…€…und eines…i.H.v.…€…geltend.… Zudem nahm sie…Sonderabschreibungen gemäß § 7g Abs. 5 und 6 EStG i.H.v.…€ und eine Absetzung für Abnutzung (AfA) i.H.v.…€ vor. Bei der Berechnung der AfA ging sie von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Hausboots von 15 Jahren aus. Sie trug vor, das Boot gehöre nach der Registereintragung zu den „sonstigen Seeschiffen“, die über 12 Jahre abgeschrieben würden. Die Vermietung erfülle die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs. Sie organisiere die Vermietung selbst und vermarkte das Hausboot über das Internet. ...Zudem schalte sie Werbung ...“. ...
Der Beklagte behandelte die Klägerin zunächst als Gewerbebetrieb und erkannte die Investitionsabzugsbeträge in Bescheiden ...vom 04.12.2014 und … vom 09.07.2015 an. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).
Am 07.03.2017 erließ der Beklagte gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte ...Bescheide …
…. Er machte die Investitionsabzugsbeträge rückgängig und stellte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v.…€…und ./.…€…fest.…Er stellte ebenfalls mit Bescheid vom 07.03.2017 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. ./.…€ fest. Zur Begründung führte er aus, Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen könnten nicht gewährt werden, da die Klägerin keine gewerblichen Einkünfte erziele. Sie habe keine Tatsachen vorgetragen, die für einen hotelähnlichen Beherbergungsbetrieb sprächen. Dazu gehörten etwa täglicher Zimmerservice, eine Rezeption und ein Frühstücksangebot. Die geschilderten Werbemaßnahmen reichten für eine Qualifikation der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb nicht aus. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Hausboots betrage - wie bei Segelyachten und Barkassen - 20 Jahre.
Mit Einsprüchen machte die Klägerin geltend, die professionelle Beherbergung von Gästen bedeute einen Arbeitsaufwand, der deutlich über eine herkömmliche Vermögensverwaltung hinausgehe. Sie werbe regelmäßig um Kunden, habe definierte Geschäftsprozesse und binde andere Unternehmen wie Gebäude- und Wäschereinigungen ein. Ihren Gästen biete sie Sonderleistungen wie bezogene Betten, Handtücher, Seife, Toiletten- und Küchenpapier, WLAN und TV mit Videosammlung, die Nutzung von Fahrrädern…sowie einen Wäscheservice. Das Hausboot besitze eine vollständige, hochwertige Ausstattung, die mit der eines Hotelzimmers vergleichbar sei. Es könne jederzeit gemietet werden; ihre Gesellschafter seien für die Gäste jederzeit ansprechbar.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.11.2017 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er führte aus, die Einkünfte seien zutreffend als solche aus Vermietung und Verpachtung qualifiziert worden. Die Vermietung einzelner Ferienwohnungen erfülle zwar grundsätzlich die Anforderungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG an einen Gewerbebetrieb, gehe jedoch in der Regel nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinaus. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) könne ein Gewerbebetrieb nur angenommen werden, wenn wegen bestimmter, ins Gewicht fallender, bei der Vermietung von Räumen nicht üblicher Sonderleistungen des Vermieters oder wegen eines besonders häufigen Mieterwechsels eine gewi...