Entscheidungsstichwort (Thema)

Importwarenabschlag nach § 80 EStDV bei „cif” – Liefervereinbarung erst nach Erhalt der Konnossemente. Gewinnfeststellungsbescheid 1971

 

Leitsatz (amtlich)

Die Inanspruchnahme des Importwarenabschlag nach § 80 EStDV setzt voraus, dass das zu bewertende Wirtschaftsgut zum Bilanzstichtag bereits zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört. Dies ist bei „schwimmender Ware” mit „cif”-Liefervereinbarung nicht schon bei der Verladung der Fall, da zu diesem Zeitpunkt nur der Gefahrübergang erfolgt. Die notwendige Verfügungsmacht in Form der tatsächlichen Sachherrschaft erlangt der Steuerpflichtige erst durch die Übergabe der Konnossemente (sog. Traditionsfunktion).

 

Normenkette

EStDV § 80; EStG 1969 § 51 Abs. 1 Nr. 2m, § 5; BGB § 446; HGB § 650

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Gründe

Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob die Klägerin in ihrer Bilanz auf den 31.12.1971 zu Recht für einen Posten „schwimmender Ware” (Aluminiumblöcke) einen Bewertungsabschlag nach § 80 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung –EStDV– in Anspruch genommen hat.

Die Klägerin betreibt eine Metallwarenfabrik und ein Metallhüttenwerk. Mit Schreiben vom 14.9.1971 erhielt der ausländische Lieferant von der Klägerin den Auftrag, 1 000 Tonnen. Aluminiumblöcke „cif” Rotterdam zu liefern. Diese Ware hat am 31.12.1971 im Verschiffungshafen die Reeling überschritten. Die Verladung der Sendung, die aus zwei Partien bestand, wurde in zwei Orderkonnossementen unter dem 31.12.1971 bestätigt. Eine Rechnung wurde vom Lieferanten am 24.1.1972 erteil Auf Reklamation der Klägerin hin wurde das Rechnungsdatum auf dem 31.12.1971 geändert, weil die Rechnung vereinbarungsgemäß auf das Datum der Verladung ausgestellt werden sollte. Die die Ware betreffenden Orderkonnossemente sind nach dem 31.12.1971 bei der Klägerin eingegangen.

In dem angefochtenen Feststellungsbescheid vom 1.12.1975 versagte der Beklagte den von der Klägerin begehrten Importwarenabschlag und erhöhte den Gewinn um 301.260,– DM (= 30 % von 1.004.201,– DM der Anschaffungskosten der beiden Warenpartien). Der Beklagte stellte sich entsprechend einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 25. Juni 1970 S 2174 A – St 111 auf den Standpunkt, daß die Klägerin nicht in geeigneter Form nachgewiesen habe, daß der Gefahrübergang auf sie erfolgt sei. Insbesondere sei die Verkaufsrechnung über die beiden Partien nicht vor den Bilanz Stichtag auf die Klägerin ausgestellt und abgesandt worden. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Im Klageverfahren macht die Klägerin erneut geltend, daß infolge der Lieferungsvereinbarung „cif” Rotterdam die Gefahr mit der am 31.12.1971 erfolgten Verladung auf sie übergegangen sei. Damit habe sie die schwimmende Ware bilanzieren und den Importwarenabschlag vornehmen dürfen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Änderung des berichtigten Bescheides über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 1971 vom 1.12.1975 den Gewinn auf 695.180,– DM (996.440,– DM abzüglich 301.260,– DM) festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage ist nicht begründet.

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die die Begünstigung des Importwarenabschlags gem. § 80 EStDV begründende Ermächtigung des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. m des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 12.12.1969 (Bundesgesetzblatt I S. 2265 – EStG 1969 –) mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes vereinbar ist (verneinend der gegenstandslos gewordene Beschluß des Bundesfinanzhofs – BFH– IV 294/63 U vom 9. September 1965, Bundessteuerblatt – BStBl– III 1965, 686, BStBl III 1966, 138), denn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Begunstigung gem. § 80 Abs. 1 EStDV in der Fassung vom 9. Februar 1972 (Bundesgesetzblatt I 1972, S. 125) sind nicht erfüllt.

Wie bereits vom BFH entschieden (Urteil vom 9. Februar 1972 I R 23/69, BStBl II 1972, 563) kommt der Bewertungsabschlag nur in Betracht, wenn das Wirtschaftsgut in der Bilanz des Steuerpflichtigen auszuweisen ist und auch ausgewiesen ist. Gem. § 5 EStG ist das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Danach hat der Käufer einer Ware diese zu bilanzieren, wenn sie bei ihm eingegangen oder auf andere Weise in seine Verfügungsmacht gelangt ist (vgl. Adler-Düring-Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft 4. Aufl. § 149 Rdnr. 41). Erforderlich ist hierzu nicht der rechtliche Eigentumsübergang; es reicht aus, daß das Wirtschaftsgut wirtschaftlich dem Vermögen des Kaufmanns zuzurechnen ist (vgl. BFH I R 23/69 a.a.O. S. 564). Wesentliches Indiz hierfür ist die tatsächliche Sachherrschaft über das Wirtschaftsgut und die Möglichkeit, frei hierüber zu verfügen. Nicht entscheidend ist deshalb, ob die Gefahr des Verlustes der Ware bereits auf den Erwerber übergegangen ist (a.A. bezüglich der rollenden bzw. schwimmenden Ware Adler-Düring-Schmaltz a.a.O.). Zwar beste...

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