Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Außergewöhnlichkeit von Aufwendungen zur Beseitigung von Grundwasserschäden i. S. v. § 33 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Aufwendungen sind nur dann außergewöhnlich i. S. v. § 33 Abs. 1 EStG, wenn sowohl das Ereignis, das die Belastung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, als auch die Aufwendungen als solche außerhalb des Üblichen liegen.
- Auf Fehlern im Bereich der Planung eines Gebäudes beruhende Schäden können einkommensteuerlich nicht anders behandelt werden, als Schäden, die aus Fehlern bei der Bauausführung resultieren, da sich in beiden Fällen das Risiko der Schlechterfüllung durch die mit der Planung und Bauausführung beauftragten Personen realisiert.
- Aufwendungen zur Behebung von Planungsfehlern des Bauträgers – wie die Nichtberücksichtigung des Wiederanstiegs des Grundwasserspiegels nach Verlagerung des Braunkohleabbaus – ermöglichen deshalb keine Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 33 Abs. 1 EStG.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Aufwendungen der Kläger zur Beseitigung von Grundwasserschäden und zur Abdichtung ihres zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienreihenhauses in A-Stadt als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Die Kläger erwarben das fragliche Einfamilienhaus im Jahre 1990 schlüsselfertig errichtet von einem Bauträger. Der Keller des Hauses war nicht gegen drückendes Grundwasser abgedichtet. Erstmals im Frühjahr 1999 trat bei den Klägern und ihren Nachbarn Feuchtigkeit in den Kellerwänden auf, wobei der Kellerboden und die Sockelbereiche des Kellers durchfeuchtet waren. Diese Durchfeuchtung beruhte darauf, dass der Grundwasserspiegel, der in der Vergangenheit (so auch im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs der Kläger) durch den Tagebau der Firma Rheinbraun abgesenkt worden war, mit örtlicher Verlagerung des Braunkohleabbaus wieder auf sein normales Niveau und damit über die Höhe der Bodenplatten der betroffenen Häuser anstieg. Im Rahmen eines von den Klägern eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens stellte der beauftragte Sachverständige fest, es sei mit Grundwasserhöchstständen von bis zu 41,48 m über NN zu rechnen, so dass die betreffenden Häuser bis 1,84 m über der auf etwa 40,00 m über NN liegenden Kellersohle von Grundwasser betroffen sein könnten. Zur Mangelbeseitigung sei die nachträgliche Herstellung einer sog. weißen Wanne notwendig.
Versuche der Kläger, den Bauträger auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, blieben erfolglos. Nachdem die Kläger in erster Instanz vor dem Landgericht B-Stadt dem Grunde nach obsiegt hatten, wurde die Klage auf die Berufung des beklagten Bauträgers mit Urteil des Oberlandesgerichts C-Stadt vom 27.08.2004 abgewiesen. Zwar sei dem beklagten Bauträger ein Planungsfehler anzulasten. Hieraus resultierende Schadensersatzansprüche der Kläger seien jedoch mit Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist am Ende des Jahres 1996 erloschen. Die Ausnahmetatbestände der arglistigen Täuschung bzw. eines Organisationsverschuldens, die eine Verjährungsfrist von 30 Jahren hätten begründen können, seien nicht feststellbar.
Im Streitjahr 2004 entschlossen sich die Kläger, den Keller ihres Wohnhauses zu sanieren. Die ihnen hierfür ausweislich einer von ihnen gefertigten Kostenaufstellung entstandenen Aufwendungen von 33.706,78 EUR machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung 2004 als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Der Beklagte lehnte die steuermindernde Berücksichtigung mit Einkommensteuerbescheid 2004 vom 02.05.2005 ab. Zur Begründung führte er aus, bei dem Grundwasseranstieg habe es sich nicht um ein unabwendbares Ereignis gehandelt. Unabwendbar seien nur plötzlich und überraschend auftretende Ereignisse wie z. B. eine plötzliche Überschwemmung. Kein unabwendbares Ereignis sei gegeben, wenn das Haus in einem Feuchtgebiet liege und es infolge höherer Niederschlagsmengen zu einem allmählichen Grundwasseranstieg komme. Zudem hätten die Kläger zumutbare Schutzmaßnahmen – etwa die Errichtung einer weißen Schutzwanne – unterlassen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 15.03.2006) verfolgen die Kläger ihr Begehren mit der Klage weiter. Sie machen geltend, nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 06.05.1994 III R 27/92 (BStBl II 1995, 104) seien die streitigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Durch die Kellersanierung seien den Klägern zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Diesen Aufwendungen hätten die Kläger sich aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen können, da von dem Gebäude aufgrund des massiven Schimmelpilzbefalls bereits eine Gesundheitsgefährdung ausgegangen sei. Zudem handele es sich bei dem Wohnhaus um einen existentiell wichtigen Vermögensgegenstand. Weder sei den Klägern ein Verschulden anzulasten noch...