Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtung einer Ansparrücklage bei Aufgabe „des ganzen Betriebs” und Wechsel des Geschäftsfeldes trotz teilweiser Weiterführung der bisherigen Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
- Einer Ansparrücklage muss eine (noch) durchführbare, objektiv mögliche Investition zu Grunde liegen. Der Gewinn des Vorjahres darf daher nicht mehr um eine Ansparrücklage gemindert werden, wenn der Stpfl. die Gewinnermittlung nach Betriebsaufgabe oder -veräußerung abgibt.
- Für die Betriebsaufgabe einer Steuerberatungspraxis reicht es aus, wenn der wesentliche Teil des bisherigen Mandantenstamms veräußert oder aufgegeben wird. Dies gilt auch, wenn nach der Beendigung der bisherigen selbständigen Tätigkeit durch eine minimale weitere Betreuung oder Zurückbehaltung von Mandanten eine geringfügige selbständige Betätigung des Stpfl. fortgeführt wird.
- Die eigenständige Fortführung der zuvor unselbständigen Teilbereiche betriebswirtschaftliche Beratung, Vermögensberatung und Hausverwaltung stellt einen neuen Betrieb dar, der nicht mit dem Betrieb der aufgegebenen Steuerberatungspraxis identisch ist.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 3, 6, § 16 Abs. 3 S. 1, § 18 Abs. 3
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG –.
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist von Beruf Steuerberater. Er erzielte im Jahr 2003 Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus seiner in einem Einzelunternehmen betriebenen Steuerberatungspraxis in „F-Stadt”. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschuss-Rechnung.
Am 30.01.2004 veräußerte der Kläger den Mandantenstamm seiner Steuerberatungskanzlei mit Wirkung zum 01.05.2004 an die „B” GmbH Steuerberatungsgesellschaft in „F-Stadt”. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Veräußerungsvertrag des Notars „C”, Urkunden-Nr. „01”/2004 vom 30.01.2004, verwiesen. Der Kaufpreis betrug 230.000,00 €. Der Kläger behielt wenige Mandate zurück, um diese weiter steuerlich zu betreuen. Der Wert dieser Mandate wurde mit 2.500,00 € angesetzt. Die zurückbehaltenen Mandate machten weniger als 10 % der Einnahmen aus dem gesamten Mandantenstamm der Steuerberatungspraxis aus. Es bestand zudem Einigkeit der Parteien darüber, dass dem Kläger eine weitere Steuerberatungstätigkeit im Rahmen der von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Nutzung des halben Steuersatzes bei Betriebsveräußerung gesetzten Grenzen gestattet sein sollte. Ein Wettbewerbsverbot wurde nicht vereinbart. Das Inventar der Praxis einschließlich der technischen Anlagen wurde nicht mitveräußert, sondern größtenteils an Dritte verkauft. Die Anstellungsverhältnisse mit den drei Angestellten und einer Auszubildenden gingen kraft Gesetzes (§ 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB -) auf die Erwerber über.
Am 31.03.2004 reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung für 2003 beim Beklagten – dem Finanzamt „F-Stadt” – nebst der Gewinnermittlung für die Steuerberatungspraxis ein. Die Gewinnermittlung war am 30.03.2004 erstellt worden. Der Kläger erklärte aus der Steuerberatungspraxis einen Gewinn i.H.v. 64.627,00 €. In der Gewinnermittlung wurde u.a. die Einstellung einer Ansparrücklage als Aufwand geltend gemacht (Konto 4850 „Abschreibung Sachanlagen/steuerliche Sondervorschriften”). Es wurde erläutert, dass die Rücklage i.H.v. insgesamt 22.000,00 € für die Anschaffung eines Pkws der gehobenen Mittelklasse mit voraussichtlichen Anschaffungskosten von 53.430,00 € i.H.v. 21.372,00 € gebildet worden sei. Ferner wurde eine Rücklage für die voraussichtliche Anschaffung eines Laptops mit Anschaffungskosten von 1.570,00 € i.H.v. 628,00 € gebildet.
Der Kläger war ab Mai 2004 nur noch geringfügig als betriebswirtschaftlicher Berater, Vermögensberater, Hausverwalter und Steuerberater tätig. Die auf diese Tätigkeiten entfallenden Einnahmen betrugen 7.035,60 € zzgl. Umsatzsteuer und machten weniger als 10 % der durchschnittlichen Einnahmen aus der Steuerberatungspraxis in den letzten drei Jahren vor der Veräußerung aus. Einnahmen aus den zurückbehaltenen Mandaten wurden im Streitjahr 2003 nicht erzielt. Der Kläger übte seine Tätigkeiten nunmehr in seinem Wohnhaus in der „N-Straße 1” in „F-Stadt” aus. Dort verfügte er über einen Büroraum mit den üblichen Einrichtungen.
Am 21.05.2004 veranlagte der Beklagte die Kläger für 2003 mit gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung – AO – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid. Der Gewinn aus der Steuerberatungspraxis wurde erklärungsgemäß berücksichtigt. In den Erläuterungen zum Einkommensteuerbescheid wurden die Kläger aufgefordert, den voraussichtlichen Anschaffungszeitpunkt für den Pkw und den Laptop mitzuteilen. Ferner wurden die Kläger aufgefordert zu erläutern, welcher Pkw erworben werden sollte und wie die Ansparrücklage ermittelt worden se...