vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch bei mehraktiger Ausbildung zur Verwaltungsfachwirtin
Leitsatz (redaktionell)
Bei der von vorneherein angestrebten Weiterbildung einer Verwaltungsfachangestellten zur Verwaltungsfachwirtin im Rahmen eines zum nächstmöglichen Zeitpunkt begonnenen berufsbegleitenden Lehrgangs beim Studieninstitut für Kommunale Verwaltung handelt es sich noch um einen Teil einer einheitlichen mehraktigen Erstausbildung, während der der Kindergeldanspruch nicht durch die nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss ausgeübte Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen wird.
Für die Feststellung der von vorneherein bestehenden Absicht der Weiterbildung zur Verwaltungsfachwirtin kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und zu welchem Zeitpunkt der Familienkasse eine entsprechende schriftliche Erklärung übermittelt worden ist (entgegen DA-KG 2017 V 6.1 Abs. 1 Satz 8).
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2-3
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger beantragte am 27. 6. 2017 Kindergeld für seine Tochter A, () 1994, rückwirkend ab Februar 2016. A hatte die Schulausbildung im Juli 2013 beendet, am 24. 6. 2013 teilte der Kläger der Familienkasse mit, beabsichtigt sei eine Berufsausbildung vom 1. 8. 2013 bis 31. 7. 2016, der Ausbildungsvertrag war beigefügt. Die Tochter befand sich sodann vom 1. 8. 2013 bis 1. 2. 2016 in der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten bei der Gemeinde (). Im Februar 2016 wurde die Ausbildung erfolgreich beendet. Seit 2. 2. 2016 übt A die Tätigkeit der Verwaltungsfachangestellten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden aus. Seit 1. 11. 2016 bis voraussichtlich Mai 2019 besucht sie den Angestelltenlehrgang II am Studieninstitut für Kommunale Verwaltung () mit dem Ziel, diesen Lehrgang als Verwaltungsfachwirt abzuschließen. Der Unterricht des Lehrgangs findet während der Dienstzeit mittwochs und freitags von 8.30 Uhr bis 13.35 Uhr statt. Die dadurch ausfallende Arbeitszeit wird nachgeholt.
Am 18. 7. 2017 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Hiergegen legte der Kläger am 20. 7. 2017 Einspruch ein, den die Beklagte am 21. 8. 2017 zurückwies.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger trägt vor,
nach der Rechtsprechung des BFH seien mehraktige Ausbildungsmaßnahmen Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt seien, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden solle und das angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden könne. Dies sei hier der Fall. Die jetzige Ausbildung der Tochter baue auf der vorhergehenden auf. Die Tochter habe sich vom 1. 8. 2013 bis 1. 2. 2016 in der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten befunden. Das reguläre Ausbildungsende wäre im Juni 2016 gewesen. Wegen der herausragenden Leistungen habe die Tochter ihre Prüfung vorziehen können. Seit November 2016 nehme sie am Angestelltenlehrgang II beim Studieninstitut für Kommunale Verwaltung teil. Diese Lehrgänge begännen regelmäßig in der zweiten Jahreshälfte.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 18. 7. 2017 und der Einspruchsentscheidung vom 21. 8. 2017 Kindergeld von März 2016 bis August 2017 festzusetzen.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung,
hilfsweise Revisionszulassung.
Sie trägt vor,
der Kläger habe am 20. 6. 2013 mitgeteilt, A werde sich bis Juli 2016 in Berufsausbildung befinden. Eine Mitteilung, dass ein anderes oder weiteres Berufsziel angestrebt werde, sei zu keiner Zeit erfolgt. Für Februar 2016 sei die Klage unzulässig, da Kindergeld erst ab März 2016 abgelehnt worden sei. Kindergeld für Februar habe der Kläger auch in 2016 erhalten.
Der Kläger hat den Lehr- und Stoffverteilungsplan für die Angestelltenlehrgänge II übersandt. Danach setzt die Teilnahme den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zum Verwaltungs- oder Verwaltungsfachangestellten voraus. Die in der Ausbildung zum Verwaltungs(fach)angestellten erworbenen Kenntnisse werden als fester Wissensbestandteil vorausgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht für den streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Kindergeld für die Tochter A zu.
Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG besteht Anspruch auf Kindergeld u.a. für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Bes...