vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO als Einnahmen aus Kapitalvermögen - Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Gesetzesänderung
Leitsatz (redaktionell)
Die Versteuerung von Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO als Einnahmen aus Kapitalvermögen im Veranlagungszeitraum 2002 aufgrund der rückwirkenden Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des JStG 2010 ist verfassungskonform.
Normenkette
EStG i.d.F. des JStG 2010 § 20 Abs. 1 Nr. 7; EStG i.d.F. des JStG 2010 § 52a Abs. 8 S. 2; AO § 233a
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger und seine Ehefrau „E” (E) sind zusammen veranlagte Eheleute. Ihre gemeinsame Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2002 gaben sie am 2.3.2004 ab. Darin erklärten sie u.a. folgende Besteuerungsgrundlagen:
Einkünfte des Klägers aus dem Kauf und Verkauf von Anteilen an der Firma „S-GmbH” (S GmbH) in Höhe von -144.855,79 EUR zuzüglich weiterer Schuldzinsen und Bankgebühren in Höhe von 4.030,55 EUR und Einkünfte der E aus dem Kauf- und Verkauf selbiger Anteile in Höhe von -6.574,45 EUR zzgl. weiterer Schuldzinsen und Bankgebühren in Höhe von 2.135,01 EUR. Dem lagen folgende Veräußerungsgeschäfte zugrunde: Der Kläger hatte die S GmbH Anfang 1990 gegründet und war bis Ende 1998 Alleininhaber sämtlicher Geschäftsabteile der S GmbH. Das Stammkapital der S GmbH belief sich auf 100.000 DM. Hieran bestanden 2 Geschäftsanteile über 3.000 DM und 97.000 DM. Per Notarvertrag vom 17.12.1998 verkaufte der Kläger seine Anteile für 485.000 DM an die E. Per Notarvertrag vom 14.2.2002 verkaufte die E dem Kläger einen Geschäftsanteil von 97.000 DM zu einem Preis von 240.537,27 EUR. Den weiteren (verbleibenden) Geschäftsanteil von 3.000 DM behielt sie. Per Notarvertrag vom 27.12.2002 (Urkundenrolle Nr. „001"/2002) verkauften der Kläger und E ihre Geschäftsanteile an ihre Kinder „X” (H), „Y” (A) und „Z” (B) zu einem Preis von 1.000 EUR je Geschäftsanteil von 1.000 DM. Die E verkaufte ihren Geschäftsanteil von 3.000 DM an den H. Der Kläger verkaufte einen Geschäftsanteil von 31.000 DM an H sowie Geschäftsanteile von jeweils 33.000 DM an A und B. Die Kaufpreise waren fällig und zahlbar am 31.12.2002. Die Übertragung erfolgte mit Wirkung zum 31.12.2002.
Einnahmen aus Kapitalvermögen und darauf entfallende Werbungskosten in folgender Höhe (in EUR):
|
Kläger |
E |
Guthaben/Einlagen |
30,99 |
26,00 |
Investmentanteile |
0 |
26,33 |
Dividenden Anrechnungsverfahren |
0 |
300,00 |
Investmentanteile Anrechnungsverfahren |
0 |
45,64 |
Dividende Aktien Halbeinkünfteverfahren |
196,00 |
1.698,04 |
Ausländische Dividenden Halbeinkünftev. |
4.121,72 |
2.685,55 |
Erstattungszinsen |
0,00 |
0,00 |
Werbungskosten zu den inländischen Kapitalerträgen, Kz. 12/13 |
108,40 |
108,88 |
Werbungskosten zu den inländischen Kapitalerträgen Kz. 82/83 |
1.127,01 |
51,50 |
Werbungskosten zu den ausländischen Kapitalerträgen, Kz. 18/19 |
810,00 |
7,59 |
Werbungskosten zu den ausländischen Dividenden, Kz. 86/87 |
0,00 |
137,06 |
Arbeitslohn des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 101.253,77 EUR, davon 60.768 EUR Versorgungsbezüge, und Arbeitslohn der E in Höhe von 36.720 EUR.
Einkünfte des Klägers aus der Vermietung des Objekts „V-Straße 2” in „F-Stadt” in Höhe von 2.735 EUR.
Einkünfte des Klägers und der E aus der Vermietung einer Ferienwohnung in der „Q-Straße1” (z.T. als „Q-Straße2” bezeichnet) in „I-Stadt” in Höhe von -62.013 EUR.
Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks „T-Straße 3” in „F-Stadt” in Höhe von 10.936 EUR.
Für die Einzelheiten des Sachverhaltes und der Einkünfteermittlung wird auf die vom Kläger eingereichte Einkommensteuererklärung, die eingereichten Anlagen und Urkunden sowie auf die ausführliche (einkunftsartenbezogene) Darstellung im Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 18.3.2011 Bezug genommen.
Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer mit Einkommensteuererstbescheid vom 17.5.2004 auf 74.041,00 EUR fest. Dieser Bescheid stand gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Das FA wich u.a. in folgenden Punkten von der Erklärung ab:
Die Verluste aus den erklärten Veräußerungen von Anteilen an der S GmbH berücksichtigte das FA zur Gänze nicht.
Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen setzte das FA auf der Einnahmeseite zusätzlich Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO in Höhe von 7.010 EUR (Kläger) bzw. 7.009 EUR (E) an. Werbungskosten berücksichtigte es in Höhe von 514 EUR (Kläger) bzw. 208 EUR (E). Diese ermittelte das FA wie folgt (in Klammern sind die Beträge dargestellt, die sich aus der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens ergeben):
In EUR |
WK des Klägers |
Lt. FA |
WK der E |
Lt. FA |
Werbungskosten zu den inländischen Kapitalerträgen, Kz. 12/13 |
108,40 |
108,00 |
108,88 |
109,00 |
Werbungskosten zu dem inländischen Kapitalerträgen Kz. 82/83 |
1.127,01 |
1,00 |
51,50 |
52,00 (26,00) |
Werbungskosten zu den ausländischen Kapitalerträgen, Kz. 18/19 |
... |