vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abspaltung zur Aufnahme: Anteilszuteilung an Aktionäre aufgrund eines sog. ”Spin-offs“ als steuerpflichtige Sachausschüttung
Leitsatz (redaktionell)
- Die in der Anteilszuteilung aufgrund eines sog. ”Spin-offs“ liegende Sachausschüttung an die Altaktionäre führt auch dann gem. § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 EStG nicht zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn die ISIN des übertragenden Rechtsträgers nicht unverändert weiterbesteht (entgegen Rz. 115 des BMF-Schreibens vom 18.1.2016, BStBl I 2016, 85).
- Der Abspaltungsbegriff des § 20 Abs. 4 Satz 7 EStG ist ”typusorientiert“ in Anlehnung an die Strukturmerkmale des § 123 Abs. 2 UmwG dahingehend auszulegen, dass lediglich die typusbestimmenden Merkmale einer Abspaltung vorliegen müssen.
- Sind diese Merkmale erfüllt, ist für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs und der Abgeltungssteuer eine abschließende Prüfung der Steuerpflicht und der Höhe des zu versteuernden Gewinns erst zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem die zugeteilten Anteile gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG veräußert werden.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1, 3, Abs. 4a Sätze 1, 7, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 32d Abs. 1, § 52a Abs. 11 S. 4; KStG § 27; UmwG § 123 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger war seit den 1990er Jahren Aktionär der Hewlett-Packard Company (HPC). () Mit Wirkung zum 31.10.2015 änderte die HPC ihren Namen in Hewlett-Packard Incorporated (HPI). Anschließend übertrug die HPI mit Wirkung zum 1.11.2015 ihr Unternehmenskundengeschäft im Wege eines sog. ”Spin-offs“ auf die bereits im Februar 2015 gegründete Tochtergesellschaft ”Hewlett-Packard Enterprise Company“ (HPE). Die Aktionäre der HPC erhielten für eine alte Aktie der HPC (ISIN: US4282361033, WKN: 851301) eine Aktie der umbenannten HPI (ISIN: US40434L1052, WKN: A142VP) und zusätzlich eine Aktie der HPE (ISIN: US42824C1099, WKN: A140KD). Aufgrund dieses Umstandes behielt die depotführende Bank des Kläger eine Kapitalertragsteuer () ein.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2015 erklärte der Kläger Kapitalerträge, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, in Höhe von € (Kz. 210), Kapitalerträge, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, in Höhe von € (Kz. 234) und korrigierte Beträge (Kz. 220) in Höhe von €. Zur Erläuterung führte er aus, dass die beigefügte Steuerbescheinigung, die Kapitalerträge von € ausweise, unzutreffend sei. Der Aktiensplit sei als Dividendenausschüttung und nicht, wie es zutreffend gewesen wäre, als steuerfreier Aktiensplit gewertet worden. Das Gesamteinkommen laut der fehlerhaften Steuerbescheinigung in Höhe von € sei daher um den Differenzbetrag von € - dies entspreche dem als Dividende erfassten Betrag betreffend HPC - auf € korrigiert worden.
Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der Auffassung des Klägers im Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 24.10.2016 nicht, sondern legte Kapitalerträge von € zugrunde. Die der Abgeltungssteuer nach § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterworfenen Einkünfte beliefen sich auf €.
Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass die steuerrechtliche Einordnung des Aktiensplits der HPC einer laufenden Prüfung unterliege. Die beantragte Prüfung des Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4 EStG sei nicht durchgeführt worden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 24.7.2017 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die Zuteilung der HPE-Aktien sei zutreffend als Sachausschüttung i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG qualifiziert worden (Hinweis auf Rn. 113 des BMF-Schreibens vom 18.1.2016, Bundessteuerblatt --BStBl-- I 2016, 85).
Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Zur Begründung trägt der Kläger vor: Die Verwaltung stütze sich bei ihrer Annahme, dass es sich um eine steuerpflichtige Sachausschüttung handele, auf die im BMF-Schreiben vom 3.1.2014 (BStBl I 2014, 58) aufgeführten Kriterien. Im Streitfall seien sieben der acht aufgeführten Kriterien erfüllt. Lediglich das erste Kriterium sei streitig. Dieses besage, dass die ISIN unverändert weiterbestehen müsse. Damit solle geregelt werden, dass der übertragende Rechtsträger nach der Spaltung nicht aufgelöst werde. Zwar sei im vorliegenden Fall eine neue ISIN vergeben worden. Der übertragende Rechtsträger habe aber fortbestanden und sei nicht aufgelöst worden. Es könne daher auch keine steuerpflichtige Sachausschüttung vorliegen.
Dies gelte auch aus einer weiteren Erwägung heraus. Der gesamte Aktienbestand des Klägers sei vor dem Jahr 2009 angeschafft worden. Die Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 52a Abs. 11 Satz 4 EStG sei zum Zeitpunkt der Kapitalmaßnahme bereits abgelaufen gewesen. Der Wertgehalt der Aktien habe damit nicht mehr der Besteuerung unterlegen.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 24.10.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.7.2017 dahingehend zu...