Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht der an der Entstehung eines steuerpflichtigen Umsatzes beteiligten Unternehmens zur Berichtigung des dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs im Fall der Änderung der Bemessensgrundlage
Leitsatz (redaktionell)
- Auch nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG in der vor dem EURLUmsG vom 9.12. 2004 geltenden Fassung war im Falle der Gewährung indirekter Herstellerrabatte korrespondierend zu der Entgeltminderung auf der Ebene des leistenden Unternehmens der Vorsteuerabzug bei einem in der Lieferkette später folgenden Unternehmer als Empfänger der Rabatte zu mindern.
- Bei richtlinienkonformer Auslegung kommt es nicht darauf an, dass der Rabattempfänger Empfänger der Ausgangsleistung des Rabattgewährenden ist.
- § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG i. d. F. des EURLUmsG hat nur klarstellende Bedeutung.
Normenkette
UStG 1999 § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2; UStG § 17 Abs. 1 S. 4; RL 77/388/EWG Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, Art. 11 Teil C Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 Buchtst. b
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Gewährung so genannter indirekter Herstellerrabatte zu einer Minderung des Vorsteueranspruchs der Klägerin führt.
Der Gesellschaftszweck der Klägerin ist die Herstellung von Transportbeton sowie der Handel mit dieser Ware und der Handel mit anderen Baustoffen.
Die Klägerin bezieht Zement von einer Firma Franz A. GmbH, die ihrerseits den Zement von einer Firma Zement Werke AG (im Folgenden: Z-AG), einem Zementhersteller, bezieht. Die Z-AG gewährte der Klägerin unter anderem im Streitjahr Rabatte in Form von nachträglich ausgezahlten Gutschriften, die von der Z-AG unmittelbar – d.h. ohne Einbeziehung der Firma Franz A. GmbH – an die Klägerin ausgezahlt wurden. Konsequenzen für den Vorsteuerabzug hat die Klägerin aus diesem Vorgang nicht gezogen.
Die Firma Z-AG machte im Folgenden unter Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – vom 15.10.2002, C - 427/98, Slg. 2002, I-8315-8373, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2002, 523, in Höhe der gewährten Rabatte Entgeltsminderungen geltend. Dies führte letztlich zu einer entsprechenden Minderung der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze und der Umsatzsteuer auf der Ebene der Z-AG. Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der Klägerin durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass korrespondierend zu der Entgeltminderung auf der Ebene der Firma Z-AG auch der Vorsteuerabzug bei der Klägerin, als Empfängern der Rabatte, zu mindern sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 19.09.2006, Tz. 2.1, Bezug genommen.
Entsprechend der Auffassung des Prüfers erließ der Beklagte unter dem 24.10.2006 einen geänderten Bescheid zur Umsatzsteuer 2004, mit dem der Vorsteuerabzug in Höhe der auf die Rabatte entfallenden Umsatzsteuer gemindert wurde.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte unter dem 19.02.2008 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid, mit dem er die Vorsteuerkürzung, so weit sie den Zeitraum bis zum 30.04.2004 betraf, wieder zurücknahm. Nachdem der Beklagte den Einspruch im Übrigen mit Einspruchsentscheidung vom 04.11.2006 zurückgewiesen hatte, hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Klägerin ist der Auffassung, der angegriffene Bescheid sei insoweit rechtswidrig, als die vorgenommene Vorsteuerkorrektur für die Zeit vom 01.05. bis zum 31.12.2004 ohne gesetzliche Grundlage ergangen sei. Erst mit dem EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz (EURLUmsG), Bundesgesetzblatt I 2004, 3310 (3318, 3320) habe der Gesetzgeber die Vorgaben der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) in nationales Recht umgesetzt und § 17 UStG entsprechend geändert; hiermit sei auch erstmals eine Vorsteuerkorrektur beim rabattbegünstigten Unternehmer gesetzlich möglich gemacht worden. Mit der Neureglung in § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG habe der Gesetzgeber auf das Urteil des EuGH vom 15.10. 2002, C-427/98, a. a. O., reagiert.
Die Neureglung des § 17 UStG könne nur auf Sachverhalte Anwendung finden, die nach dem 16.12.2004 verwirklicht worden seien. Denn ausweislich von Artikel 22 EURLUmsG sei die Neuregelung von § 17 UStG an diesem Tag in Kraft getreten. Eine (unzulässige) Rückwirkung sei nicht geregelt worden.
Da es sich bei dem angegriffen Bescheid um einen belastenden Verwaltungsakt handele, bedürfe er einer gesetzlichen Grundlage, die es aber für den hier maßgeblichen Zeitraum nicht gebe.
Der Ansicht des Beklagten, dass § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. entgegen seines Wortlauts bei richtlinienkonformer Auslegung als Rechtsgrundlage für eine Vorsteuerkorrektur herangezogen werden könne, sei nicht zu folgen. Die entsprechende Anordnung im BMF-Schreiben vom 19.12.2003, IV B 7-S 7200-101/03, Bundessteuerblatt –BStBl I 2004, 443 (Tz. 14), sei keine Rechtsgrundlage...