Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1992 und 1993

 

Tenor

Unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 20.2.1995 und der Einspruchsentscheidung vom 7.2.1996 wird der Beklagte verpflichtet, für die Klägerin Umsatzsteuer-Veranlagungen 1992 und 1993 dergestalt durchzuführen, dass die Umsatzsteuer auf ./. 46.952,92 DM (1992) und ./. 80.469,80 DM (1993) festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin – eine Gemeinde – betrieb in den Streitjahren ein bereits in den sechziger Jahren errichtetes Hallenbad mit einer Beckengröße von 16,33 m × 8,16 m. Das Schwimmbad wird für den öffentlichen Badebetrieb und schulischen Schwimmunterricht genutzt. Darüber hinaus wird das Schwimmbad durch einen Schwimmverein, einen Förderverein, die Caritas und die VHS genutzt. Die Nutzung durch Schulen, Vereine, die Caritas und die VHS erfolgt in der Weise, dass diesen Nutzern das Schwimmbad jeweils im Ganzen überlassen wird. In den Streitjahren erfolgte die Nutzung des Schwimmbades im Rahmen des öffentlichen Badebetriebes und durch den Verein V1 entgeltlich und im Übrigen unentgeltlich. In den Jahren 1992 und 1993 wurde das Schwimmbecken mit einem Kostenaufwand von insgesamt ca. 950.000.– DM renoviert. Aus diesem Grund war das Schwimmbad in der Zeit von August 1992 bis Mai 1993 geschlossen. Die von der Klägerin für die Benutzung des Schwimmbades im Rahmen des öffentlichen Badebetriebs und der Überlassung an Vereine vereinnahmten Benutzungsentgelte beliefen sich in den Jahren 1992 bis 1995 auf 3.931.– DM (1992), 7.339.– DM (1993), 10.766.– DM (1994) und 11.314.– DM (1995).

Am 28.11.1994 reichte die Klägerin beim Beklagten Umsatzsteuererklärungen 1992 und 1993 ein, mit denen sie sich Überschüsse in Höhe von ./. 47.829,82 DM (1992) und ./. 82.426,26 DM errechnete.

Mit Schreiben vom 20.2.1995, welches nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, lehnte der Beklagte es ab, für den Bäderbetrieb der Klägerin Umsatzsteuerveranlagungen durchzuführen, da mangels einer Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht kein Betrieb gewerblicher Art. vorliege.

Der hiergegen am 8.6.1995 eingelegte Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung führte der Beklagte unter Bezugnahme auf Abschn. 23 Abs. 18 UStR und Abschn. 5 Abs. 5 KStR aus, der Betrieb eines gemeindlichen Schwimmbades, das sowohl für das Schulschwimmen als auch für den öffentlichen Badeverkehr genutzt werde, sei dann ein Betrieb gewerblicher Art, wenn die Betätigung von einigem Gewicht sei. Davon könne bei einem Jahresumsatz, der den Betrag von 60.000.– DM nachhaltig übersteige, ausgegangen werden. Werde eine derartige Umsatzhöhe nicht erreicht, sei nur bei Vorliegen besonderer Gründe ein Betrieb gewerblicher Art. anzunehmen. Derartige Gründe seien insbesondere dann gegeben, wenn die Gemeinde mit ihrer Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb trete. Ein unmittelbarer Wettbewerb zu Bädern benachbarter Städte und Gemeinden liege im Streifall nicht vor. Diese Bäder lägen in einer Entfernung von etwa 10 km bis 20 km und wiesen zudem in etwa denselben Standard auf wie das streitige Schwimmbad. Unter diesen Umständen sei ein unmittelbarer Wettbewerb kaum vorstellbar.

Mit der hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin geltend:

Die Nutzung eines Hallenschwimmbades für den öffentlichen Bäderbetrieb stelle keine hoheitliche, sondern eine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Der Bäderbetrieb der Klägerin sei zudem wirtschaftlich selbständig, da er vom Hoheitsbereich organisatorisch und wirtschaftlich abgegrenzt sei. Durch die Zusammenfassung personeller und sachlicher Mittel und entsprechende organisatorische Maßnahmen (Festlegung der Öffnungszeiten, Verabschiedung einer Gebührensatzung, Anschaffung von Gebührenautomaten und Anstellung eines Bademeisters) hebe sich der Bäderbetrieb der Klägerin funktionell vom Hoheitsbetrieb ab und sei von diesem klar abgrenzbar. Die Klägerin trete mit ihrem Betrieb zu Bäderbetrieben benachbarter Kommunen unmittelbar in Wettbewerb (Schwimmhalle in A-Stadt mit drei Becken – Lehrschwimmbecken 8 m × 12,5 m, Schwimmerbecken 12,5 m × 25 m, Springerbecken 8 m × 25 m –; Schwimmhalle in B-Stadt mit einem Becken 8 m × 25 m). Aus den für die Schwimmkurse geführten Teilnehmerlisten lasse sich feststellen, dass auch tatsächlich Schwimmbadbesucher aus Nachbargemeinden das streitige Schwimmbad nutzten. Entgegen der Auffassung des Beklagten komme es nach der umsatzsteuerrechtlichen Rechtsprechung auf bestimmte Umsatzgrenzen nicht an. Von Bedeutung für die Beurteilung des wirtschaftlichen Gewichts der Tätigkeit sei nicht das Verhältnis der Einnahmen aus dem Betrieb des Schwimmbades zu den Einnahmen im Gesamthaushalt der Gemeinde, sondern nur zu den Einnahmen des betroffenen Bereiches der Gemeindeverwaltung. Dies seien vorliegend die Einnahmen des Hauptamtes, von denen die Einnahmen aus dem Schwimmbad durchaus bedeutsam seien. Von Bedeutung sei zudem auch das Investitionsvolumen der...

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