Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH VIII R 16/22)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungswertersatz aus der Rückabwicklung von Darlehen: Steuerbarkeit als Kapitalertrag – Darlehensaufnahme zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnung – Kapitalüberlassung bei Rückgewährschuldverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
Eine von dem Kreditinstitut zu zahlende Nutzungsentschädigung für die zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnung erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen im Rahmen der Rückabwicklung eines widerrufenen Darlehensvertrags stellt keinen steuerbaren Kapitalertrag i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 S.1 EStG dar (entgegen BMF-Schreiben vom 12.04.2018, BStBl. I 2018, 624 Ziff. 8 b).
Normenkette
EStG §§ 12, 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 7; AO §§ 38, 175 Abs. S. 1 Nr. 2; BGB § 320 Abs. 1 S. 1, § 346 Abs. 1, § 348 S. 1, § 357 Abs. 1
Streitjahr(e)
2017
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Steuerpflicht von Nutzungsentschädigungen, die die Kläger aufgrund des Widerrufes zweier Darlehensverträge erhalten haben.
Die Kläger sind Eheleute und werden im Streitjahr 2017 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.
Die Kläger hatten bei der Bank im Jahr 2007 zwei Darlehen aufgenommen. Das Darlehen mit der Nr. 0000000001 diente der Finanzierung einer vermieteten Wohnung, während die Kläger das Darlehen mit der Nr. 0000000002 zur Anschaffung einer privat genutzten Wohnung aufgenommen hatten.
Die Kläger widerriefen die beiden Darlehensverträge aufgrund einer aus ihrer Sicht fehlerhaften Widerrufsbelehrung im August 2014. Die Bank hielt den Widerruf für unwirksam. Deshalb kam es hinsichtlich des Darlehens mit der Nr. 0000000001 zu einem Rechtsstreit vor dem Landgericht A-Stadt , welches die Klage in erster Instanz abwies. Während des Berufungsverfahrens erließ das Oberlandesgericht B-Stadt im Oktober 2016 einen Hinweisbeschluss. In diesem wies es zur Vorbereitung eines anstehenden Verhandlungstermins darauf hin, dass die Berufung nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand überwiegend erfolgreich sein werde. Grund hierfür war insbesondere, dass der von den Klägern erklärte Widerruf nicht gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - verfristet war, da die Widerrufsfrist aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht zu laufen begonnen hatte. Danach schuldeten die Kläger der Bank im Rahmen der Rückabwicklung die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta i.H.v. 80.000 € ohne Rücksicht auf eine zwischenzeitliche Tilgung und die Herausgabe von Wertersatz für die Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta i.H.v. 25.220,93 € (dies entsprach den bisherigen Zinsleistungen). Demgegenüber schuldete die Bank den Klägern die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen sowie die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der vermuteten Nutzung der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen durch die Bank. Danach hatten die Kläger einen Anspruch auf die bis zum 31.08.2014 geleisteten Raten i.H.v. 45.360 € und einen darauf bis zu diesem Zeitpunkt entfallenden Nutzungswertersatz i.H.v. 4.087,79 €. Aufgrund dieses Hinweisbeschlusses endete dieses Verfahrens letztlich mit diesem Ergebnis.
Hinsichtlich des weiteren Darlehensvertrages für die selbstgenutzte Wohnung mit der Nr. 0000000002 gelang den Klägern im Nachgang zu dem erfolgreich geführten Verfahren beim OLG B-Stadt ohne weitere gerichtliche Auseinandersetzung die Rückabwicklung mit der Bank . Auf dieses Darlehen hatten die Kläger bis zum Widerruf Raten i.H.v. 48.200 € und Zinsen i.H.v. 17.316,38 € gezahlt. Der Nutzungsersatzanspruch für erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen der Kläger belief sich auf 3.582,63 €.
Danach erhielten die Kläger für die beiden widerrufenen Darlehensverträge insgesamt Nutzungswertersatz i.H.v. 7.670,42 € im Jahr 2017 von der Bank .
In dem Bescheid für 2017 über Einkommensteuer vom 27.12.2018 berücksichtigte der Beklagte aufgrund einer Mitteilung der Bank den erhaltenen Nutzungsersatz i.H.v. 7.692,94 € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger durch Schreiben vom 02.01.2019 Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid vom 19.07.2019, in dem er den erhaltenen Nutzungswertersatz für die vermietete Wohnung nicht mehr zusätzlich bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte. Ansonsten folgte der Beklagte dem Einspruchsbegehren in der Einspruchsentscheidung vom 09.01.2020 nur hinsichtlich der Höhe des angesetzten Nutzungswertersatzes durch einen verringerten Ansatz i.H.v. 7.670,94 € und wies ihn im Übrigen als unbegründet zurück.
Die Kläger haben durch Schriftsatz vom 10.02.2020 Klage erhoben.
Zur Begründung tragen sie vor, sie hätten keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Im Streitfall hätten sich wechselseitige Nutzungsentschädigungen gegenübergestanden, die aufgerechnet worden seien. Sie hätten auch selbst einen Nutzungsersatz an ...