vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Energiesteuerentlastung für den Betrieb elektromagnetischer Wirbelstrombremsen in Motorenprüfständen. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VII R 39/23)
Leitsatz (redaktionell)
Für Diesel- und Ottokraftstoff, der in Motorenprüfständen zum Betrieb von elektromagnetischen Wirbelstrombremsen mittels Verbrennungsmotoren verwendet wird, besteht Anspruch auf die Entlastung von der Energiesteuer nach § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 49 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG, da die erzeugte mechanische Energie ausschließlich der Stromerzeugung dient und der in der Wirbelstromanlage zum Selbstverbrauch entnommene Strom stromsteuerbar und –steuerpflichtig ist.
Normenkette
EnergieStG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 49 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1; StromStG § 1 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 3; EnergieStRL Art. 14 Abs. 1 lit. a); KN Pos. 2716
Tatbestand
Die Klägerin betreibt an einem ihrer Standorte, dem Y. in G., u.a. aus einem Verbrennungsmotor und einer Wirbelstrombremse bestehende Motorenprüfstände. Die Wirbelstrombremse besteht u.a. aus einem Magneten und einer elektrisch leitenden Rotationsscheibe. Die Rotationsscheibe bewegt sich quer durch ein mit Strom von außen erzeugtes magnetisches Feld, wodurch in ihr ein elektrischer Strom (sog. Wirbelstrom) und zugleich eine der Rotationsbewegung entgegengesetzte Kraft entsteht. Die Rotationsbewegung wird verzögert, wodurch die im Fahrbetrieb typische Belastung durch ein Gegenmoment simuliert wird. Der erzeugte Strom kann dabei nicht entnommen werden, sondern wird in Magnetfelder und zum größten Teil in Wärme umgewandelt. Die erzeugte Strommenge wird nicht unmittelbar gemessen, sondern anhand des (messbaren) Drehmoments und des Wirkungsgrades berechnet.
Mit Energiesteueranmeldung vom 12.9.2022 beantragte die Klägerin für das Jahr 2021 eine Entlastung von der Energiesteuer nach § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) i.H.v. 1.279,51 € und nach § 49 Abs. 3 EnergieStG i.H.v. 726,61 € für in der genannten Anlage verwendeten Diesel- und Ottokraftstoff.
Mit Bescheid vom 29.9.2022 setzte der Beklagte die Energiesteuer ohne Berücksichtigung der beantragten Entlastung auf 0 € fest. Er führte zur Begründung u.a. an: Beide Entlastungstatbestände setzten voraus, dass die mechanische Energie ausschließlich der Stromerzeugung diene. Der Begriff der Stromerzeugung im verbrauchsteuerrechtlichen Sinne setze wiederum voraus, dass Strom zu wirtschaftlichen Zwecken produziert werde. Dies setze die Möglichkeit zur Übergabe zur freien Verwendung außerhalb des stromproduzierenden Gerätes voraus. Der in der Wirbelstrombremse erzeugte Strom könne aber ausschließlich innerhalb des Gehäuses der Wirbelstrombremse verwendet werden. Auch nach der Kombinierten Nomenklatur (KN) seien Wirbelstrombremsen nicht als Stromerzeugungsanlagen in die Position 8502 KN, sondern in die Unterposition 8505 20 00 KN einzureihen.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.10.2022 Einspruch ein und machte im Einspruchsverfahren u.a. geltend: Die streitgegenständliche Anlage erzeuge unstreitig Strom und stelle eine begünstigte Anlage i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG dar. Nach Satz 2 der Regelung sei es auch unerheblich, ob die entstehende thermische Energie genutzt werde. Das Gesetz verlange nicht, dass der Strom zum Betrieb anderer Anlagen genutzt werde. Das Abbremsen der Motorachse durch das erzeugte Magnetfeld stelle keine schädliche Kraftverwendung dar, sondern sei das Resultat der Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 8.3.2023 als unbegründet zurück und führte u.a. aus: Stromerzeugung sei die „Bereitstellung“ elektrischer Energie in Form von elektrischer Spannung. Die bloße Umwandlung von einer Energieform in elektrische Energie sei nicht ausreichend. Der erzeugte Strom könne an der streitgegenständlichen Anlage nicht entnommen und daher auch stromsteuerrechtlich nicht erfasst werden. Anders als ein Generator in einem Kraftwerk, der als offenes System der allgemeinen Stromversorgung diene, diene die Wirbelstrombremse als statisch geschlossenes System der Messung bzw. Prüfung von Motorenleistungen. Es handele sich daher auch nicht um ein Stromerzeugungsaggregat i.S.d. Position 8502 KN, sondern um eine elektromagnetische Bremse i.S.d. insoweit genaueren Position 8505 KN. Da das in der Wirbelstrombremse vorhandene statische Magnetfeld mit Strom von außen erzeugt werde, sei die Anlage insgesamt kein Stromerzeuger, sondern ein Stromverbraucher.
Die Klägerin hat am 29.3.2023 Klage erhoben, mit der sie u.a. geltend macht: Eine Wirbelstrombremse sei entgegen der Auffassung des Beklagten kein Mess- oder Prüfgerät, sondern diene, nicht anders als Generatoren, als Belastungseinheit der Motorwelle. Die in Form von Kraftstoff zugeführte Energie werde ausschließlich zur Stromerzeugung genutzt oder in Wärme umgewandelt. Vereinfacht gesagt werde zu...