Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch in der Zeit nach Abschluss des Studiums und der Aufnahme einer weiteren Berufsausbildung
Leitsatz (redaktionell)
- Auch wenn zugleich die Voraussetzungen einer Berufsausbildung vorliegen, ist ein Kind in den Monaten einer Vollzeiterwerbstätigkeit (hier: juristisches Grundstudium neben Tätigkeit in einer Patentanwaltskanzlei) nicht als Kind im Sinne des Kindergeldrechts zu berücksichtigen.
- Nach dem der BFH-Rechtsprechung zugrunde liegenden Meistbegünstigungsprinzip lässt die Vollzeiterwerbstätigkeit den Kindergeldanspruch aber ausnahmsweise dann nicht entfallen, wenn unter Einbeziehung der Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit der Jahresgrenzbetrag nicht überschritten wird.
- Für die Ausbildungszeit, in der keine Vollzeiterwerbstätigkeit vorliegt, sind bei der Ermittlung, ob der Grenzbetrag überschritten ist, die Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit nicht zu berücksichtigen.
- Die Verfügung des Bundeszentralamtes für Steuern vom 04.07.2008 St II 2 – S 2282 – 138/2008 (DStR 2008, 1736), nach der die Einkünfte aus einer zugleich die Voraussetzungen einer Berufsausbildung erfüllenden Vollzeiterwerbstätigkeit stets in die Ermittlung des Jahresgrenzbetrages miteinzubeziehen sind, setzt die vorstehend dargelegte Rechtsprechung des BFH nicht zutreffend um.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 2a, 2b, Sätze 2, 7
Streitjahr(e)
2008
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Kindergeld für den Zeitraum Januar bis September 2008.
Der Kläger erhielt für seinen am 15.02.1984 geborenen Sohn „Q” fortlaufend Kindergeld bis einschließlich September 2008.
Der Sohn studierte seit dem Jahr 2003 Maschinenbau an der Universität „C-Stadt”. Ab dem 01.04.2008 schrieb er sich dort zusätzlich im Fach Chemie ein. Nach Erwerb des Diplomabschlusses im Fach Maschinenbau am 14.07.2008 wurde er am 31.07.2008 exmatrikuliert. Das Chemiestudium brach er zum 30.09.2008 ab.
Mit Bescheid des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15.09.2008 wurde der Sohn des Klägers auf seinen Antrag vom 20.08.2008 zum 01.10.2008 zur Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes zugelassen. Die Ausbildung beinhaltet die obligatorische Teilnahme an einem juristischen Grundstudium an der Fernuniversität „I-Stadt”, wo der Sohn des Klägers seit dem 01.10.2008 als Weiterbildungsstudent immatrikuliert ist. Seit diesem Zeitpunkt ist er bei einer Patentanwaltskanzlei im Angestelltenverhältnis auf Vollzeitbasis beschäftigt.
Nachdem der Kläger dem Beklagten am 26.10.2008 die Beendigung des Maschinenbaustudiums seines Sohnes mitgeteilt hatte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 28.10.2008 die Festsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum August bis September 2008 auf.
Den hiergegen am 11.11.2008 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 21.11.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Sohn des Klägers nach Abschluss seines Maschinenbaustudiums nicht mehr für einen Beruf ausgebildet werde. Ferner sei davon auszugehen, dass der Sohn das Weiterbildungsstudium aufgrund seiner Vollzeiterwerbstätigkeit nicht in dem erforderlichen zeitlichen Umfang und mit der notwendigen Ernsthaftigkeit ausübe.
Hiergegen hat der Kläger am 12.12.2008 Klage erhoben.
Er trägt vor, dass die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Monate August und September 2008 zu Unrecht erfolgt sei. In diesem Zeitraum sei sein Sohn weiterhin im Fach Chemie eingeschrieben gewesen, so dass er sich weiterhin in einer Berufsausbildung befunden habe. Im Übrigen handele es sich bei der Ausbildung zum Patentanwalt ebenfalls um eine Berufsausbildung, so dass die im Streit stehenden Kindergeldmonate auch als Übergangsphase zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gewertet werden könnten. Auch aus diesem Grund sei daher eine Berechtigung zum Bezug des Kindergeldes gegeben. Im Zeitraum Januar bis September 2008 habe sein Sohn Einkünfte und Bezüge in Höhe von 4.223,34 EUR brutto erzielt, so dass auch der anteilige Jahresgrenzbetrag nicht überschritten sei. Die Einkünfte seines Sohnes aus seiner Tätigkeit als angestellter Patentanwaltskandidat im Zeitraum Oktober bis Dezember 2008 in Höhe von insgesamt 12.800,- EUR brutto seien nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, wie sie sich aus dem Urteil vom 15. März 2007, III R 25/06, BFH/NV 2007, 1481 ergebe, nicht zu berücksichtigen, da es sich bei der Tätigkeit seines Sohnes um eine Vollzeiterwerbstätigkeit handele. Außerdem mache er für diesen Zeitraum kein Kindergeld geltend.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Beklagten vom 28.10.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.11.2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass der Kläger aufgrund der Ausbildung seines Sohnes zum Patentanwalt ab dem 01.10.2008 weiterhin gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) des Einkommensteuergesetzes – EStG – dem Grunde nach kindergeldberechtigt sei. In der Zeit vom 15.07.2008 bis zum 30.09.2008 habe s...