Entscheidungsstichwort (Thema)
Belegnachweis für innergemeinschaftliche Lieferung
Leitsatz (redaktionell)
- Ein CMR-Frachtbrief stellt nur bei Versendungslieferungen einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung dar, nicht aber bei Beförderungs-Abhollieferungen.
- Die Nachholung des Belegnachweises in Abholfällen erfordert, dass die Bestätigung des Verbringens in das übrige Gemeinschaftsgebiet von der Person geleistet wird, die den Transport tatsächlich durchgeführt hat; eine Bestätigung des Empfängers reicht nicht aus.
- Die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung setzt voraus, dass anhand der objektiven Beweislage zweifelsfrei feststeht, in welchen Mitgliedstaat die Ware gelangt ist.
- Bei Verstoß gegen die formellen Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i. V. m. §§ 17a, 17c UStDV besteht keine Verpflichtung des Gerichts, den Sachverhalt im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 FGO und nach allgemeinen Beweisregeln und Beweisgrundsätzen von Amts wegen weiter aufzuklären.
- Die Ergänzung eines unvollständigen Belegnachweises oder dessen vollständige Ersetzung durch allgemeine Beweismittel wie einen Zeugenbeweis kommt nicht in Betracht.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3-4; UStDV § 10 Abs. 1 Nr. 2, § 17a Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nrn. 2, 4, Abs. 4 Nr. 2; RL 77/388/EWG Art. 28c Teil A; FGO § 76
Streitjahr(e)
2001, 2002, 2003, 2004
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um das Vorliegen der Voraussetzungen für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen des Klägers in den Jahren 2001-2004.
Der Kläger betrieb in den Streitjahren eine Großhandel mit Haushaltswaren (Kochtopfsets, Bestecksets, Messerblöcke und- koffer, Gläser und Porzellan), Sonderposten und Fotoartikeln als Einzelunternehmer (lt. Gewerbeummeldung vom 9.3.1999) mit angemeldetem Sitz in Deutschland.
Mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 24.06.2005 (Eintragung ins Handelsregister am 15.08.2005,) gründete er als Alleingesellschafter-Geschäftsführer eine GmbH mit Sitz in Deutschland, die die Tätigkeit des Einzelunternehmens fortführte.
In den Umsatzsteuerjahreserklärungen der Streitjahre erklärte er u.a. steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Hauptabnehmer dieser innergemeinschaftlichen Lieferungen war die in Italien ansässige Firma Y. Diese wurde am 28.02.2000 gegründet.
Auch die GmbH fakturierte in den Jahren 2006 und 2007 an Y innergemeinschaftliche Lieferungen.
Im Einzelnen fakturierte der Kläger in den Streitjahren Warenlieferungen an Y in folgender Höhe als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung:
2001 |
2002 |
2003 |
2004 |
1.646.596,00 DM |
916.615,35 € |
3.093.324,90 € |
1.794.830,80 € |
Den Belegnachweis führte er durch (internationale) Frachtbriefe bzw. CMR-Frachtbriefe (Bd. 2b der BP-Handakte und Bl. 54, 56, 58, 60, 63, 65, 67, 69, 71, 74, 79 d.A.).
Im Rahmen einer beim Kläger durch den Beklagten für die Veranlagungszeiträume 2001-2004 durchgeführten Außenprüfung wurden u.a. diese Lieferungen aufgegriffen.
Der Kläger legte dem Betriebsprüfer ein Anschreiben seiner damaligen steuerlichen Beraterin an ihn selbst vor, welchem diese als Anlage eine handschriftliche Auflistung sämtlicher an Y in den Streitjahren erteilten Rechnungen (Rechnungsbetrag, Rechnungsnummer und Rechnungsdatum) beigefügt hatte (Bl. 62-77 der BP Handakte Bd. 2a) und in dem sie den Kläger bat, sich schnellstmöglich den Erhalt und den Verbleib der Waren in Italien von Y bestätigen zu lassen. Dieses Anschreiben sowie jede einzelne Seite der Anlagen ist mit einem Stempel versehen, der den Namen und die Anschrift von Y enthält. Auf dem Stempel befindet sich eine nicht leserliche Unterschrift.
Weiterhin legte der Kläger ein Fax vom 7. Mai 2007 vor, welches als Anlage die „Elenco riepilogativo degli acquisti intracomunitari die beni” (Zusammenfassende Erklärung über den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gütern) der Y an das „Ministero delle Finanze” für die Zeiträume 2/2002, 4/2002, 3/2003, 6/2003, 7/2003, 8/2003, 9/2003, 10/2003 und 11/2003 (Bl. 116-135 der BP Handakten Bd. 2a) enthält. In diesen ist mehrfach die USt-ID.Nr. des Klägers enthalten.
Im Prüfungsbericht vom 16.8.2007 (Bl. 36 ff. d.A.) wurden durch die Außenprüfung u.a. folgende Feststellungen getroffen:
In einigen Fällen hätten keine CMR Frachtbriefe vorgelegen. Im Jahr 2002 seien davon Lieferungen i.H.v. 11.723,70 € und im Jahr 2003 i.H.v. 370.591 € betroffen.
Des Weiteren mangele es an einer Versicherung des Abnehmers oder des Beauftragten des Abnehmers, dass die Ware in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert werde. Aus den vorgelegten CMR Frachtbriefen könne eine solche „Versicherung” nicht entnommen werden. Auch die zwischenzeitlich von der Klägerin vorgelegte Erklärung des Y, sowie die vorgelegten Nachweise des „Ministero delle Finanze” könnten im Nachhinein nach der derzeit geltenden Rechtslage nicht zu einer Steuerbefreiung führen.
Generell werde w...