Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung der Mineralölsteuer für Luftfahrtbetriebsstoffe
Leitsatz (redaktionell)
- Die seit dem 1. Januar 2004 anzuwendende Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 erfordert als höherrangiges Gemeinschaftsrecht für eine Steuerbefreiung von Luftfahrtbetriebsstoffen lediglich, dass diese als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden.
- Bei richtlinienkonformer Auslegung kann daher für eine Erstattung oder Vergütung von Mineralölsteuer nach § 50 Abs. 1 MinöStV nicht mehr darauf abgestellt werden, ob der jeweilige Antragsteller ein Luftfahrtunternehmen betreibt.
- Unter privater nichtgewerblicher Luftfahrt ist zu verstehen, dass das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder einer aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird.
- In der Vercharterung eines Luftfahrzeugs einschließlich der Betriebsstoffe für geschäftliche Flüge im Werkverkehr liegt demgegenüber eine die Vergütung der Mineralölsteuer rechtfertigende Nutzung zu kommerziellen Zwecken gegen Entgelt.
- § 50 Abs. 3 Satz 2 MinöStV enthält keine Ausschlussfrist, bei deren Versäumung der Erstattungs- oder Vergütungsanspruch des Antragstellers erlischt.
Normenkette
MinöStG § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. A; MinöStV § 50 Abs. 1, 3 S. 2; LuftVG § 20; VO Nr. 2407/92/EWG Art. 4; RL 2003/96/EG Art. 14 Abs. 1 Buchst. b, Art. 28 Abs. 2
Streitjahr(e)
2004, 2005
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer des Luftfahrzeugs des Typs X. Er verfügt weder über eine Betriebsgenehmigung nach § 20 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) noch über eine solche nach Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 (VO Nr. 2407/92) des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen (ABl EG Nr. L 240/1). Auf Grund eines am 16. Dezember 1993 abgeschlossenen Vertrags vercharterte er das Luftfahrzeug einschließlich der Betriebsstoffe (sog. Nassvercharterung) an die A GmbH, deren Gegenstand der Vertrieb, die Montage und die Wartung von Melkanlagen, Kälteanlagen und sonstigen technischen Einrichtungen ist. Die A GmbH setzte das Luftfahrzeug im Werkverkehr ein, um – wie in dem Vertrag vom 16. Dezember 1993 ausgeführt worden ist – „die Beratungs- und Verkaufsgespräche, vor allem in den neuen Bundesländern, schneller und effizienter durchführen zu können”. Als Entgelt für die Benutzung des Flugzeugs im Kalenderjahr 2004 berechnete der Kläger der A GmbH entsprechend den erbrachten Flugstunden insgesamt 49.085,50 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer (Bl. 35 ff. der Gerichtsakte). Ausweislich des von ihm vorgelegten Bordbuchs (Bl. 72 ff. der Gerichtsakte) führte er die Flüge überwiegend selbst durch. Für die Durchführung der geschäftlichen Flüge der A GmbH bezog er im Kalenderjahr 2004 im Inland insgesamt 8.923,14 Liter versteuertes Flugbenzin.
Der Kläger beantragte am 19. Dezember 2005 beim beklagten Hauptzollamt, ihm für das Kalenderjahr 2004 nach § 50 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStV) die Mineralölsteuer zu vergüten, die in dem für die Durchführung der geschäftlichen Flüge verwendeten Flugbenzin enthalten war. Diesen Antrag lehnte das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 28. Dezember 2005 unter Hinweis darauf ab, dass nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) weder die Geschäftsluftfahrt noch die Vercharterung von Luftfahrzeugen für diese Zwecke begünstigt seien.
Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend: § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG), weil der Werkverkehr mit Schiffen steuerfrei sei. Ferner sei nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/81/EWG (Richtlinie 92/81) des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABl EG Nr. L 316/12) lediglich die private nichtgewerbliche Luftfahrt von der Steuerbefreiung für Luftfahrtbetriebsstoffe ausgenommen. Bei der Vercharterung des Luftfahrzeugs zur Verwendung im Werkverkehr der A GmbH handele es sich jedoch weder um eine private noch um eine nichtgewerbliche Verwendung.
Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 14. September 2006 zurück und führte aus: § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG stehe in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG (Richtlinie 2003/96) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl EU Nr. L 283/51). Auch danach falle die entgeltliche Vercharterung eines Luftfahrzeugs zur Nutzung im Werkverkehr nicht unter die begünstigten Zwecke, weil es an der entgeltlichen Beförderung von Passagieren oder Waren fehle. Da Art. 1...