Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gemäß § 17 EStG i.d.F. des StSenkG
Leitsatz (amtlich)
Für die Veräußerung einer Auslandsbeteiligung in 2001 gilt § 17 EStG i.d.F. des StSenkG.
Die §§ 52 Abs. 1 und 34a EStG i.d.F. des StSenkG verstoßen nicht gegen Art. 3 GG.
Die Steuerpflicht der Veräußerung einer Auslandsbeteiligung in 2001 gemäß § 17 EStG i.d.F. des StSenkG verstößt nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EGV.
Normenkette
EStG §§ 17, 52 Abs. 1, 34a; GG Art. 3; EGV Art. 56
Nachgehend
Tatbestand
I. Streitig ist in der Hauptsache die Steuerpflicht der Veräußerung einer Auslandsbeteiligung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 23. Oktober 2000 (StSenkG).
Der unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller (Ast) erwarb gemäß Vereinbarung vom 10.3.2000 zwei Prozent (= 62.400 Shares) des Kapitals einer Aktiengesellschaft italienischen Rechts, einer "ähnlichen Beteiligung" i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG (SpA; Bl. 58 Bp-A). Die Anschaffungskosten betrugen insgesamt 60.000.000 Lire (= 60.605,58 DM). Zum 31.12.2000 - nach Börseneinführung der SpA - entsprach der Gesellschaftsanteil des Ast noch 1,6335 Prozent. In 2001 - und nach Ablauf der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG - veräußerte der Ast insgesamt 29.482 Shares zu einem Veräußerungspreis in Höhe von insgesamt 3.059.476,37 DM (Bl. 51, 58 Bp-A).
Der Antragsgegner (Ag) ermittelte aus diesen Verkäufen folgenden Veräußerungsgewinn:
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DM |
Veräußerungspreis |
3.059.476 |
abzgl. Anschaffungskosten für 29.482 Shares |
28.636 |
abzgl. Depotgebühren für 2001 |
4.028 |
Veräußerungsgewinn |
3.026.812 |
1/2 gemäß § 3 Nr. 40 EStG |
1.513.405 |
Mit streitgegenständlichem Bescheid für 2001 vom 12.11.2003 besteuerte der Ag den so ermittelten, hälftigen Veräußerungsgewinn als gewerbliche Einkunft i.S.d. § 17 EStG (Bl. 42 GA, Bl. 58 Bp-A).
Hiergegen wendet sich der Ast mit Einspruch vom 20.11.2003, mit dem er zugleich die Aussetzung der Vollziehung beantragte (Bl. 2 GA).
Unter dem 11.12.2003 lehnte der Ag die Vollziehungsaussetzung ab (Bl. 2 GA), während er über den Einspruch selbst noch nicht entschieden hat.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 15.12.2003, bei Gericht eingegangen am 16.12.2004, hat der Ast gerichtlichen Aussetzungsantrag gestellt (Bl. 1).
Der Ast trägt vor (Bl. 3 ff. GA): Die Veräußerung der Anteile an der SpA sei nicht steuerbar. Die auf 1 Prozent abgesenkte Beteiligungsschwelle des § 17 EStG i.d.F. des StSenkG (§ 17 EStG n.F.) gelte frühestens für Veräußerungen ab 2002. Weder der Wille des historischen Gesetzgebers noch der Wortlaut des hier maßgeblichen § 52 Abs. 34a EStG i.d.F. des StSenkG erlaubten eine unterschiedliche Behandlung von in- und ausländischen Beteiligungen. Die Verwaltungsauffassung in H 140 (9) EStR widerspreche insofern der Gesetzeslage.
Das KStG sei auf ausländische Gesellschaften anwendbar. Daher gelte auch für die Veräußerung einer ausländischen Beteiligung der in § 52 Abs. 34a EStG i.d.F. des StSenkG geregelte Grundsatz, dass § 17 EStG n.F. erstmals auf Veräußerungen ab dem Veranlagungszeitraum 2002 anzuwenden sei. Auf die generelle Anwendungsregelung des StSenkG in § 52 Abs. 1 EStG - Gültigkeit des Gesetzes ab 2001 - könne insofern nicht rekurriert werden.
Sollte dagegen das Normverständnis des H 140 (9) EStR zutreffen, so verstieße die damit einhergehende unterschiedliche Behandlung der Veräußerung von in- und ausländischen Beteiligungen in 2001 gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG. Ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Differenzierungsgrund sei nicht gegeben. Dieser liege insbesondere nicht in der mit dem StSenkG erfolgten Einführung des Halbeinkünfteverfahrens.
Ferner sei mit der Absenkung der Beteiligungsschwelle des § 17 EStG n.F. hinsichtlich der Veräußerung von Aktien mit einem gleichheitswidrigen, strukturellen Vollzugsdefizit der Norm zu rechnen. Auch insoweit liege entsprechend dem Vorlagebeschluss des BFH vom 16. Juli 2002, IX R 62/99, BStBl II 2003, 74 zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b EStG 1997 ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. An dem zu erwartenden Vollzugsdefizit würden auch die Melde- und Mitteilungspflichten der §§ 54 EStDV, 138 Abs. 2 Nr. 3 AO nichts ändern. Diese seien insofern nicht einschlägig.
Durch die in § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG n.F. geregelte fünfjährige Rückbeziehung der abgesenkten Beteiligungsgrenze würden zudem Anteile steuerverstrickt, die vor Inkrafttreten des StSenkG nicht steuerverstrickt gewesen seien. Darin liege eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung.
Schließlich dürfe bei Veräußerungen von Beteiligungen, die vor Inkrafttreten des StSenkG nicht steuerverstrickt gewesen seien, nicht von den historischen Anschaffungskosten ausgegangen werden, sondern von den gemeinen Werten der Anteile zum maßgeblichen Stichtag vor erstmaliger Anwendbarkeit des § 17 EStG n.F. (31.12.2000 bzw. 31.12.2001). Diese sog. Wertaufholung sei verfassungsrechtlich geboten, um die...