Beschwerde eingelegt (BFH III B 43/21) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 45/21)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Einstweilige Anordnung - Zuständigkeit in Angelegenheiten des Familienleistungsausgleichs
Leitsatz (amtlich)
1. Ein auf§ 69 Abs. 3 , Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützter Antrag, die Vollziehung eines Rückforderungsbescheids der Familienkasse im Umfang der Säumniszuschläge auszusetzen ist - mangels Statthaftigkeit eines solchen Antrags -unzulässig. Es fehlt bereits am Vorliegen einer Anfechtungssituation, da die Säumniszuschläge gemäß § 240 Abgabenordnung (AO) kraft Gesetzes entstehen.
2. Die ungeklärte Frage, ob der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit in zulässiger Weise durch einen Beschluss die Zuständigkeit für Entscheidungen im Erhebungsverfahren betreffend den Familienleistungsausgleich der Agentur für Arbeit Recklinghausen-Inkasso-Service übertragen hat, entbindet den Antragssteller in einem auf (vorläufige) Einstellung der Vollstreckung gerichteten Anordnungsverfahren (§ 114 FGO) nicht davon, dass er einen Grund für die zu treffende Regelung (sog. Anordnungsgrund) und den Anspruch, aus dem er sein Begehren herleitet (sog. Anordnungsanspruch), schlüssig darzulegen und deren tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft zu machen hat (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).
Normenkette
AO §§ 227, 240; FGO §§ 69, 114
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Vollstreckung von Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 977,50, deren Erlass er im Hauptsacheverfahren (1 K 255/20) begehrt.
Der Antragsteller bezog für seine drei Kinder, A, B und C, im Zeitraum von Juni 2015 bis März 2018 Kindergeld. Mit Schreiben vom 5. Juli 2018 teilte die Bundesagentur für Arbeit, Familienkasse ... ("Familienkasse ..."), dem Antragsteller mit, dass sie beabsichtigte, die jeweiligen Festsetzungen von Kindergeld für seine drei Kinder im Zeitraum von Juni 2015 bis März 2018 aufzuheben und das ausgezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt EUR 19.650,00 zurückzufordern. Zur Begründung führte sie aus, dass die drei Kinder seit dem 26. Mai 2015 bei der Kindsmutter, Frau D, lebten, sodass diese als vorrangig Berechtigte zu betrachten sei. Eine etwaige Weiterleitung des Kindergeldes an die Kindsmutter sei nicht nachgewiesen worden.
Nachdem der Antragsteller sich zum Schreiben vom 5. Juli 2018 nicht verhielt, hob die Familienkasse ... jeweils mit Bescheid vom 29. Januar 2019 die Kindergeldfestsetzungen auf und forderte vom Antragsteller für die Kinder A und B jeweils Kindergeld in Höhe von EUR 6.482,00 und für das Kind C Kindergeld in Höhe von EUR 6.686,00 zurück.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 legte Frau E, die vom Amtsgericht Hamburg am 6. März 2018 zur Betreuerin in Vermögensangelegenheiten des Antragstellers bestellt worden war, für diesen Einspruch gegen die Bescheide vom 29. Januar 2019 ein. Sie gab an, dass die Kinder zwar im Haushalt der Kindsmutter lebten, der Antragsteller allerdings selbst nie Kindergeld erhalten habe. Vielmehr habe er bereits im Rahmen der Antragstellung die Kontonummer der Kindsmutter angegeben. Gleichsam fügte die Betreuerin eine handschriftliche Bestätigung der Kindsmutter bei, in der diese in Bezug auf die drei Kinder angab, das Kindergeld immer auf ihr Konto bekommen zu haben.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 19. Februar 2019 wies die Familienkasse ... die Einsprüche jeweils als unbegründet zurück. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Kinder im Streitzeitraum in den Haushalt der Kindsmutter aufgenommen worden seien.
Nachdem die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service ("Agentur für Arbeit Recklinghausen-Inkasso-Service") die Zahlung des Rückforderungsbetrags am 4. März 2019 und am 24. Juni 2019 jeweils erfolglos angemahnt hatte, drohte sie mit Schreiben vom 8. Juli 2019 die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen an. Auch wies sie darauf hin, dass im Zeitraum vom 25. Februar 2019 bis zum 7. Juli 2019 Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt EUR 977,50 entstanden seien, sodass sich die Gesamtforderung nunmehr auf EUR 20.627,50 belaufe.
Am 11. Juli 2019 reichte die Kindsmutter das unterschriebene Formular KG 14 "Bestätigung der Weiterleitung von Kindergeld zur Vorlage bei der Familienkasse" bei der Familienkasse ... ein und bestätigte die vom Antragsteller geschilderte Weiterleitung im Streitzeitraum.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2019 betreffend das C und Bescheiden vom jeweils 22. Juli 2019 betreffend die Kinder A und B, wurden dem Antragsteller die Rückforderungsansprüche von der Familienkasse ... in Höhe von insgesamt EUR 19.650,00 erlassen. Sie begründete die jeweilige Erlassentscheidung mit der nunmehr nachgewiesenen Weiterleitung des Kindergelds an die Kindsmutter.
In der Folge informierte die Familienkasse ... die Agentur für Arbeit Recklinghausen-Inkasso-Service, dass die gegenständlichen Rückforderungsansprüche storniert worden seien. Sie bat die Agentur f...