Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer: Hinzuschätzung von Einnahmen und Umsätzen bei einem Döner Imbiss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts besteht bei überwiegenden Bargeschäften, wenn keine Einzelaufzeichnungen vorgelegt werden und die Tagesendsummenbons keine Stornierungen ausweisen.

2. Die Schätzung kann auf einen externen Betriebsvergleich gestützt werden, wenn das Speisenangebot sehr vielfältig ist, die Relevanz der einzelnen Warengruppen schwer ermittelbar ist und die fehlenden Überprüfungsmöglichkeiten von der Antragstellerin zu vertreten sind.

 

Normenkette

AO § 162; EStG § 4 Abs. 3; FGO § 96

 

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Hinzuschätzung von Einnahmen und Umsätzen bei einem von der Antragstellerin betriebenen Döner Imbiss.

Die Antragsteller sind verheiratet und wurden im streitgegenständlichen Zeitraum 2013-2015 zusammenveranlagt. Die Antragstellerin betreibt seit 2001 einen Döner Imbiss am A-Platz, direkt in der Nähe des U-Bahnhofs B ("XX" bzw. "YY"). In dem Imbiss werden neben verschiedenen Döner-Varianten, u.a. Pommes Frites, Pizza, Croque, Currywurst und Getränke verkauft. Für die Jahre 2001-2003 und 2005-2007 wurden jeweils Betriebsprüfungen bei der Antragstellerin durchgeführt, die jeweils mit einer tatsächlichen Verständigung mit Hinzuschätzungen aufgrund von Buchführungsmängeln endeten.

Die Antragsteller bzw. die Antragstellerin wurden zunächst erklärungsgemäß und im Jahr 2015 hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages und der Einkommensteuer zusätzlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt.

Mit Datum vom 14. Dezember 2017 ordnete der Antragsgegner eine Außenprüfung für die Jahre 2013-2015 an. Die Prüfung erstreckte sich auf die Einkommen- Umsatz- und Gewerbesteuer.

In dem Bericht über die Außenprüfung vom 20. September 2018 kam der Betriebsprüfer zu der Einschätzung, dass die Aufzeichnungen über die Höhe der Einnahmen im Prüfungszeitraum grob mangelhaft seien: Es fehlten Einzelaufzeichnungen an insgesamt 1.090 Tagen. Unabhängig davon erfüllten die aufbewahrten Tagesendsummenbons der elektronischen Kasse nicht die erforderlichen Formerfordernisse, weil die Bons keinerlei Angaben zu eventuellen Stornierungen aufwiesen. Das ohne gesetzliche Verpflichtung geführte Kassenbuch sei nur wöchentlich und nicht täglich geführt worden, und daher nicht aussagekräftig. Die Antragstellerin habe für ihren Betrieb Rohgewinnaufschlagsätze (RGAS) i. H. v. 77-86 % pro Jahr erklärt. Diese Werte stünden in einem erheblichen Missverhältnis zu sämtlichen Erfahrungen im Wirtschaftsverkehr über die Höhe von RGAS im Gastronomiebereich.

Als sachgerecht sah der Betriebsprüfer eine Schätzung mittels eines externen Betriebsvergleichs an. Eine Geldverkehrs- und Vermögenszuwachsrechnung sei anhand der vorliegenden Steuerakten, der im Rahmen der Außenprüfung vorgelegten Unterlagen und der gemachten Auskünfte nicht durchführbar gewesen. Andere Schätzungsmethoden lehnte der Betriebsprüfer ebenfalls ab.

Für die Schätzung komme es zur Anwendung eines RGAS von 238 % auf den erklärten Wareneinsatz. Es werde von den Werten der Branche "Imbiss" ausgegangen und die Richtsatzsammlung für das Jahr 2014 herangezogen, da es sich dabei um das mittlere Jahr des Prüfungszeitraums gehandelt habe. Dies ergebe einen RGAS von 223 %. Wegen der groben Pflichtverletzungen werde ein allgemeiner Zuschlag von 30 % vorgenommen. Weitere 15 % würden aufgeschlagen zur Berücksichtigung des Hamburger Preisgefüges. Es erfolge ein Abschlag von 30 % für den Umstand, dass der Betrieb ein nur sehr eingeschränktes Angebot an Sitzplätzen habe und gegebenenfalls daraus resultierend verhältnismäßig weniger Getränke veräußert würden als bei Vergleichsbetrieben. Ein Warenverderb sei bei der Erhebung der Richtsatz-Sammlung berücksichtigt und es bestünden keine Anhaltspunkte für einen Mehrverderb bei der Antragstellerin.

Der Prüfer schätzte höhere Bruttoeinnahmen aus Gewerbebetrieb von ... € in 2013, von ... € in 2014 und von ... € in 2015 hinzu.

Das Ergebnis sei wirtschaftlich möglich gewesen, denn die hinzugeschätzten Mehreinnahmen in Höhe von rund ... € netto entsprächen im Prüfungszeitraum rund ... € brutto an Tageseinnahmen. Bei der Beurteilung der sich daraus ergebenden Gewinne sei zu beachten, dass die Antragstellerin unverhältnismäßig niedrige Aufwendungen für Personal im Prüfungszeitraum geltend gemacht habe. Es habe sich bei der Betriebsprüfung eine Differenz zwischen erklärten Personalkosten und einem kalkuliertem Bedarf von rund ... € ergeben.

Mit Datum vom 2. Oktober 2018 ergingen aufgrund der Feststellungen des Betriebsprüfers geänderte Bescheide für die Jahre 2013-2015 hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages, der Gewerbesteuer, der Umsatzsteuer sowie der Einkommensteuer.

Am 1. November 2018 erhoben die Antragsteller gegen diese Bescheide Einspruch und beantragten die Aussetzung der Vollziehung.

Am 12. November 2018 setzte der Antragsgegner die Vollziehung hinsichtlich ...

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