Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer: Ordnungsmäßigkeit der Buchführung bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung - Hinzuschätzung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Gewinnermittlung mittels Einnahmenüberschussrechnung können die Buchführung bzw. die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden, wenn in einem Restaurationsbetrieb mit Lieferservice lediglich die Restaurantumsätze mittels Z-Bons nachgewiesen werden, welche entgegen der eigentlichen Hersteller-Programmierung über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren keinerlei Stornobuchungen aufweisen, und die Umsätze des Lieferservice, welche überwiegend vom ausliefernden Fahrer bar vereinnahmt werden, lediglich in gewissen Zeitabständen von einem Steuerbüro auf einem "Kassenkonto" verbucht werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3; AO § 162; FGO § 96 Abs. 1 S. 1; UStG § 22
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Hinzuschätzungen zur Umsatzsteuer des Antragsgegners im Rahmen einer bei ihr durchgeführten Außenprüfung.
Die Antragstellerin betreibt das italienische Restaurant "XX", A-Straße ... in Hamburg in unmittelbarer Nähe zum B-Platz. Dort finden sich fußläufig ... Theater sowie das C. Im weiteren Umfeld befinden sich Wohnhäuser, Bürohäuser und Einzelgewerbe. Das Restaurant ist täglich ab 11:00 Uhr bis mindestens 23:00 Uhr durchgehend geöffnet. Im Restaurant sind mindestens zwei bis drei Arbeitskräfte beschäftigt. Zusätzlich bietet das Restaurant die Möglichkeit von Außerhauslieferungen, auch mittels Bestellung über gängige Internet-Plattformen (Pizza.de, Lieferando.de). Ihren Gewinn ermittelte die Antragstellerin gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Umsatzsteuer berechnete sie nach vereinbarten Entgelten. Für die Streitjahre 2012 bis 2014 erklärte sie folgende Besteuerungsgrundlagen:
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2012 |
2013 |
2014 |
Umsätze 7 % außer Haus |
... € |
... € |
... € |
Umsätze 19 % |
... € |
... € |
... € |
Gewinn |
... € |
...€ |
... € |
Gehälter und Aushilfslöhne |
... € |
...€ |
... € |
In ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Streitjahre erklärte die Antragstellerin geschuldete Umsatzsteuer i. H. v. ... € (2012), ... € (2013) bzw. ... € (2014), welche zunächst als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung galt.
Auf Grundlage der Prüfungsanordnung vom 10. Oktober 2016 führte der Antragsgegner eine Außenprüfung hinsichtlich der Umsatz- und Gewerbesteuer für die Streitjahre durch. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Am 3. Januar 2017 gab die Prüferin den Fall an das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen ab. Im Rahmen der Außenprüfung gelangte der Antragsgegner zu folgenden Feststellungen:
Die Einnahmen des Restaurantbereichs erfasse die Antragstellerin mittels einer elektronischen Kasse der Marke ... Der Verkäufer der Kasse, die Firma D, habe in den Streitjahren diverse Umprogrammierungen vorgenommen. Schriftliche Unterlagen wie Programmierungsprotokolle bzw. Eingabeprotokolle über die Programmänderungen habe die Antragstellerin nicht vorgelegt. In der Standardeinstellung weise die eingesetzte Kasse Stornobuchungen auf ausgedruckten Z-Bons aus. Die nahezu lückenlos vorgelegten Z-Bons enthielten jedoch keinerlei Stornobuchungen, was nicht glaubhaft sei.
Umsätze aus dem Lieferservice würden bei Bestellung im Lokal über diese Kasse abgerechnet. Zudem befinde sich im Kellerbereich ein Computer- bzw. Kassensystem, mit welchem insbesondere die Onlinebestellungen abgewickelt würden. Die Umsätze aus dem Lieferservice würden bei bargeldloser Bezahlung durch das entsprechende Serviceunternehmen monatlich abgerechnet. Barzahlungen bei Auslieferung flössen in das Portemonnaie des Fahrers als "Außerhauskasse". Betriebseinnahmen und Ausgaben seien anhand von Z-Bons, den Summenendbons aus dem Kassensystem im Keller sowie Kartenabrechnungen am Monatsende anhand von Ausgangsrechnungen durch ein Steuerbüro gebucht worden. Dieses Steuerbüro habe auch das sogenannte Kassenbuch geführt. Die Kasse sei nur rechnerisch geführt worden. Eine tägliche Auszählung habe nicht stattgefunden. Entnahmen und Einlagen seien zwar auf diese Art erfasst worden, entsprechende Belege lägen jedoch nicht vor. Quittungen für bar ausgezahlte Löhne lägen ebenfalls nicht vor. Mangels nicht glaubhafter Z-Bons sowie wegen der fehlenden Belege sei die Buchführung der Antragstellerin nicht ordnungsgemäß und mithin zu verwerfen.
Gestützt werde dies auch durch weitere Tatsachen. Nach eigenen Angaben beschäftige die Antragstellerin drei bis vier Servicekräfte am Tag. Im Kalenderjahr 2012 habe sie jedoch lediglich ... €, mithin ... € pro Arbeitstag, an Lohnkosten geltend gemacht. So habe auch der Zoll bei einer Kontrolle drei Arbeitskräfte angetroffen, welche keine Arbeitserlaubnis gehabt hätten. Zudem sei bezüglich eines Hauskaufes und des Erwerbs eines Jaguars fraglich, woher die hohen geleisteten Barzahlungsbeträge stammten.
Der Antragsgegner schätzte daraufhin die Besteuerungsgrundlagen sowohl für ertrag- als auch fü...