rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bekanntgabe eines Einkommensteuerbescheides an einen von mehreren Erben
Leitsatz (amtlich)
Ein Einkommensteuerbescheid, der sich inhaltlich an mehrere Erben richtet, kann an einen Erben wirksam bekanntgegeben werden, auch wenn die übrigen Erben in dem Bescheid namentlich nicht erwähnt werden.
Normenkette
AO § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 155 Abs. 3
Gründe
I.
1. Die Antragstellerin, Frau A, ist mit ihrer Schwester, Frau S, (Mit-) Erbin der am ... verstorbenen Erblasserin B. Zu Lebzeiten reichte die Erblasserin jeweils im Folgejahr durch ihren steuerlichen Berater gefertigte Einkommensteuererklärungen beim Antragsgegner (dem Finanzamt -FA-) ein (letztmalig in 2009 für 2008). Darin erklärte sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (jährlich ca. ... €), Einkünfte aus Kapitalvermögen (jährlich zwischen 0 € und ... €) sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem großen Vermietungsobjekt in der X-Straße in ... Hamburg (jährlich ca. ... €). Für die Ermittlung der Einkünfte aus dem Vermietungsobjekt reichte die Erblasserin jährlich eine umfangreiche Grundstücksabrechnung ein.
2. a) Am 11.08.2010 wandte sich der damalige steuerliche Berater der Erblasserin "im Namen und im Auftrag der Erbengemeinschaft nach Frau B" schriftlich an das FA und meldete jährliche Einnahmen zwischen ... € und ... € aus von der C-AG (C) gezahlten Erbbauzinsen für insgesamt ... Flurstücke in der Y- Straße in ... Hamburg für die Jahre 1998 bis 2008 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung "gemäß § 153 AO" nach (EStA Bd. X Bl. 1). Dabei teilte der Berater bezüglich des Jahres 1998 mit, die Aufführung der Einnahmen sei vorsorglich, und bat um Überprüfung, inwiefern bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei (EStA Bd. X Bl. 1 f.).
b) Die Erbbauzinsen waren von der C auf ein Konto bei der Bank-1 gezahlt worden.
c) Die C teilte dem FA am 24.08.2010 mit, dass ihr als Erben der Erblasserin die Antragstellerin sowie Frau S benannt worden seien (EStA Bd. X Bl. 7).
d) Nach Rücksprache des FA beim FA für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg (Prüfstra) wurde davon abgesehen, die Anzeige vom 11.08.2010 zur strafrechtlichen Würdigung an das Finanzamt für Prüfungsdienste zu übersenden (vgl. Aktenvermerk vom 13.08.2010 EStA Bd. X vor Bl. 11).
e) Die Antragstellerin teilte am 24.05.2011 dem FA mit, dass sie die Generalbevollmächtigte ihrer Mutter, der Erblasserin, sei (EStA Bd. X Bl. 46).
3. Daraufhin erließ das FA am 17.05.2011 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1999 und 2000, am 19.05.2011 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002, am 27.05.2011 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2003 und 2004, am 14.06.2011 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2005, am 16.06.2011 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2006, am 21.06.2011 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2007 und am 28.06.2011 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2008 (Finanzgerichtsakte -FGA- Anlagenband Bl. 43 - 84).
a) Die Änderungsbescheide 1999 - 2006 enthielten im Anschriftenfeld den Namen und die Anschrift der Antragstellerin. Die Änderungsbescheide 2007 und 2008 wurden an den damaligen steuerlichen Berater der Erblasserin bzw. der Erbengemeinschaft adressiert. In den Bescheiden ist jeweils folgende maschinelle Erläuterung enthalten:
"für FRAU ... verstorben ... B".
b) Diese Erläuterung wurde bei den Einkommensteuerbescheiden 1999 bis 2007 wie folgt handschriftlich ergänzt:
"für Frau A (= Antragstellerin) und die Erben nach
FRAU ... verstorben ... B. Alle Beteiligten sind Gesamtschuldner (§ 44 AO)."
c) Für das Jahr 2009 erließ das FA aufgrund der am 02.02.2011 durch den steuerlichen Berater der Erblasserin eingereichten Einkommensteuererklärung am 08.09.2011 erklärungsgemäß einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid (Rechtsbehelfsakte -RbA- Bl. 90). Darin wurden die Erbbauzinsen wie erklärt berücksichtigt. Dieser Bescheid wurde an den steuerlichen Berater der Erblasserin adressiert und trägt die o. g. maschinelle Erläuterung.
d) Für das Jahr 2010 erließ das FA aufgrund der am 28.06.2011 durch den steuerlichen Berater der Erblasserin eingereichten Einkommensteuererklärung am 29.08.2011 erklärungsgemäß einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid (RbA Bl. 93). Darin wurden die Erbbauzinsen wie erklärt berücksichtigt. Dieser Bescheid wurde an den steuerlichen Berater der Erblasserin adressiert und trägt die o. g. maschinelle Erläuterung.
e) Ob und inwieweit die Erläuterung in den Einkommensteuerbescheiden 2008 bis 2010 handschriftlich ergänzt wurde, ist nicht bekannt. In den Steuerakten befinden sich keine Zweitschriften der Bescheide.
4. Mit Bescheid vom 01.08.2011 setzte das FA Hinterziehungszinsen in Höhe von insgesamt ... € fest (EStA Bd. X Bl. 49). Dabei führte das FA die Zinsen nach Art und Betrag im Einzelnen auf. Der Bescheid enthielt im Anschriftenfeld den Namen und die Anschrift der Antragstellerin und zusätzlich folgende Erläuterung:
"für Frau A (= Antragstellerin) und die Erben nach Frau...