Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung: Antrag auf einstweilige Anordnung mit dem Ziel der Rückzahlung nach Kontopfändung

 

Leitsatz (amtlich)

1. In Anlehnung an die von den Zivilgerichten anerkannte Leistungsverfügung kann das Finanzgericht in den Fällen, in denen der Gläubiger auf die sofortige Rückzahlung dringend angewiesen ist, im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Erstattung der im Rahmen einer Kontopfändung gepfändeten und eingezogenen Beträge anordnen. Dabei sind an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes strenge Anforderungen zu stellen, da bei einer Leistungsverfügung die Hauptsache im Ergebnis vorweggenommen wird.

2. Anordnungsanspruch im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO kann der Anspruch auf Erlass der gepfändeten und eingezogenen Steuerforderungen gem. § 227 AO sein, sofern mit gewisser Wahrscheinlichkeit mit diesem zu rechnen ist und dem Antragsteller unangemessene Nachteile drohen würden, wenn er die beantragte Erlassentscheidung abwarten müsste.

 

Normenkette

FGO § 114 Abs. 1 S. 2; AO § 227

 

Tatbestand

I.

1. Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 15.11.2016 pfändete der Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) wegen Abgabenrückständen in Höhe von ... € alle dem Antragsteller gegenwärtig und künftig gegen die A AG und die Bank B AG zustehenden Ansprüche, Forderungen und Rechte aus den dort geführten Konten. Zugleich wurde jeweils die Einziehung der gepfändeten Ansprüche in Höhe des geschuldeten Gesamtbetrags angeordnet (...).

2. Die Abgabenrückstände setzten sich aus folgenden Beträgen zusammen:

Säumniszuschläge (SZ) zur Einkommensteuer (ESt) 2010

... €

SZ zum Solidaritätszuschlag (Soli) 2010

... €

SZ zur ESt 4. Quartal 2011

... €

SZ zum Soli 4. Quartal 2011

... €

ESt 2013

... €

SZ zur ESt 2013

... €

Zinsen zur ESt 2013

... €

Soli 2013

... €

SZ zum Soli 2013

... €

Vollstreckungskosten

... €

Summe:

... €

(davon SZ: ... €

zzgl. Pfändungsgebühren und Auslagen

... €

Gesamtbetrag

... €

3. Die SZ für 2010 und 2011 haben folgende Entstehungsgeschichte:

  1. SZ zur ESt und zum Soli 2010: In ihrer am 28.11.2011 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2010 erklärten der Antragsteller und seine Ehefrau neben geringfügigen Verlusten des Antragstellers aus gewerblichem Grundstückshandel und Vermittlungen Einkünfte des Antragstellers aus seiner selbständigen Tätigkeit als ... in Höhe von ... €, aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von ... € und aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt ... € sowie Einkünfte der Ehefrau aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... €. Mit Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 15.11.2012 setzte das FA unter Berücksichtigung eines Verlustvortrags in Höhe von ... € die Einkommensteuer für 2010 auf 0,00 € fest. Den verbleibenden Verlustvortrag auf den 31.12.2010 stellte das FA mit Bescheid vom 15.11.2012 auf ... € fest. Mit Änderungsbescheiden vom 17.01.2013 verringerte das FA aufgrund des Einspruchs des Antragstellers und seiner Ehefrau vom 18.12.2012 die steuerpflichtigen Einkünfte der Ehefrau und setzte die Einkommensteuer für 2010 nunmehr unter Berücksichtigung eines Verlustvortrags in Höhe von ... mit 0,00 € fest und stellte den verbleibenden Verlustvortrag auf den 31.12.2010 entsprechend höher mit ... € fest.

    Mit Änderungsbescheid vom 04.09.2013 setzte das FA die Einkommensteuer für 2010 auf ... € herauf und daneben ... € Zinsen, ... € Soli und ... € Kirchensteuer fest. Diese Beträge wurden zum 09.10.2013 fällig gestellt. Der Antragsteller zahlte nicht, so dass in der Folgezeit Säumniszuschläge entstanden. Aufgrund eines Verlustrücktrags aus 2011 wurde die Einkommensteuer für 2010 mit Bescheid vom 12.05.2015 wieder auf 0,00 € herabgesetzt.

  2. SZ zur ESt und zum Soli 4. Quartal 2011

    Im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 15.11.2012 setzte das FA nachträgliche Vorauszahlungen für 2011 in Höhe von ... € zzgl. Soli und Kirchensteuer fest. Der Einkommensteuerbescheid für 2010 ist dem Antragsteller und seiner Ehefrau bekanntgegeben worden. Sie haben am 18.12.2012 gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch eingelegt. Der Antragsteller zahlte die festgesetzte Vorauszahlung nicht, so dass in der Folgezeit Säumniszuschläge entstanden.

    Nachdem der Antragsteller am 28.01.2013 die "vorläufige" Einkommensteuererklärung für 2012 dem FA übersandt hatte, in der er lediglich einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit als ... in Höhe von ... € und keine weiteren Einkünfte erklärt hatte, bat das FA den Antragsteller am 30.01.2013 um Angaben zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung. Sofern sich gegenüber dem Kalenderjahr 2010 insoweit keine wesentlichen Änderungen ergeben hätten, bat das FA um entsprechende Mitteilung.

    Am 04.08.2014 reichten der Antragsteller und seine Ehefrau die Einkommensteuererklärung für 2011 ein. Darin erklärten sie Einkünfte des Antragstellers in Höhe von insgesamt ... € sowie Verluste der Ehefrau in Höhe von insgesamt ... €. Mit Bescheid vom 12.01.2015 setzte das FA die ...

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