Entscheidungsstichwort (Thema)
AO: Zur unmittelbaren Unterbrechung einer Außenprüfung nach deren Beginn - USt: Zur Bemessungsgrundlage einer Leistung bei einem Tausch
Leitsatz (amtlich)
1. Für den Beginn einer Außenprüfung genügt die Durchsicht übersandter Unterlagen und Schriftverkehr zu sich hieraus ergebenden materiell-rechtlichen Fragestellungen. Eine Unterbrechung der Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn liegt nicht vor, wenn an die Ermittlungsergebnisse nach Wiederaufnahme der Prüfung angeknüpft werden kann.
2. Bei einem Tausch wird im Ergebnis der Wert der tatsächlichen eigenen Aufwendungen des Leistenden, also der Wert der zu besteuernden Leistung, als Bemessungsgrundlage angesetzt.
Normenkette
AO § 171 Abs. 4 Sätze 1-2; UStG § 10 Abs. 2 S. 2, § 3 Abs. 12 S. 1, § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S. 1
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerlichen Folgen eines tauschähnlichen Umsatzes sowie einer Einzelwertberichtigung einer Forderung im Streitjahr 2004 sowie über die Berechnung von Zinsen.
Die Antragstellerin schloss am ... 2003 mit der A GmbH (im Folgenden: A GmbH) einen notariellen Vertrag. Danach erwarb die Antragstellerin eine Teilfläche (ca. ... qm) der im Grundbuch des Amtsgerichts B von C Bl. ... eingetragenen Grundstücke. Die Grunderwerbsteuer hatte die Antragstellerin zu tragen. Zugleich verpflichtete sich die Antragstellerin gegenüber der A GmbH, eine Halle im Inland zu errichten.
Der Nettokaufpreis, den die Antragstellerin der A GmbH für das Grundstück zu bezahlen hatte, betrug pauschal 1.000.000 Euro zuzüglich 16 % Umsatzsteuer in Höhe von 162.800 Euro auf den um 50 % der Grunderwerbsteuer erhöhten Kaufpreis. In dem Kaufvertrag erklärte auch die Antragstellerin, zur Umsatzsteuer zu optieren. Der Kaufpreisanspruch war durch Aufrechnung mit dem Zahlungsanspruch der A GmbH gegen die Antragstellerin aus dem Vertrag über die Errichtung der Halle zu erfüllen. Der Zahlungsanspruch sollte danach voraussichtlich 1.000.000 Euro betragen. Bis zur Abnahme der Halle wurde der Nettokaufpreis für das Grundstück zinslos gestundet. Die Übergabe der Grundstücke mit dem Übergang von Gefahr, Nutzen und Lasten sollte drei Wochen nach der Abnahme der Halle erfolgen.
Als Vergütung für die Errichtung der Halle wurde ein Pauschalfestpreis in Höhe von 1.000.000 Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer (insgesamt 1.160.000 Euro) vereinbart. Der mit Abnahme der Halle fällige Pauschalfestpreis war bis zu einer Höhe von 1.000.000 Euro durch Aufrechnung mit dem Kaufpreisanspruch der A GmbH gegen die Antragstellerin aus dem Grundstückskaufvertrag zu begleichen.
Am 11.09.2003 stellte die A GmbH der Antragstellerin eine Rechnung über den Verkauf der Grundstücke über einen Betrag in Höhe von 1.000.000 Euro zuzüglich 162.800 Euro Umsatzsteuer.
Am 23.09.2003 stellte die Antragstellerin der A GmbH für die Erstellung der Halle eine Rechnung über netto 1.000.000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Mit einer Abrechnung vom selben Tag bat sie die A GmbH um Überweisung der Erstellungskosten in Höhe von 1.160.000 Euro. Einen Umsatzerlös und etwaige Vorsteuerbeträge aufgrund des Vertrages mit der A GmbH erfasste die Antragstellerin in ihrer Buchführung des Jahres 2003 nicht.
Für die Errichtung der Halle gab die Antragstellerin in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt 1.795.689 Euro (netto) aus, wobei sie das hierfür notwendige Material selbst beschaffte. Sie buchte die entsprechenden Aufwendungen zum 01.01.2004, 21.06.2004 und zum 31.12.2004. Nach Angaben der Antragstellerin erfolgte im Juli 2004 die Schlussrechnung des Subunternehmers für die Halle und damit wahrscheinlich die Endabnahme der Halle.
Des Weiteren erbrachte die Antragstellerin im Streitjahr gegenüber der Kommanditgesellschaft D ... mbH & Co. (im Folgenden KG D) Leistungen, die sie mit Datum vom 31.12.2004 als Umsatzerlös in Höhe von 545.147 Euro (netto) zuzüglich Umsatzsteuer buchte. Mit demselben Datum buchte die Antragstellerin die hieraus gegen die KG D bestehende Forderung in Höhe von 545.147 Euro (netto) zuzüglich Umsatzsteuer aus. Als Buchungstext verwendete sie hierfür den Text "Korrektur wg InsO-Antrag".
Für die KG D wurde am ... ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Über das Vermögen der KG D wurde am ... 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Antragstellerin reichte im Januar 2006 ihre Umsatzsteuererklärung 2004 ein, die zu einer Abschlusszahlung führte. Der Antragsgegner erließ im Januar 2007 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2004, wobei der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen blieb.
Im August 2007 erließ der Antragsgegner eine Prüfungsanordnung, unter anderem (u. a.) für Umsatzsteuer 2004. Zugleich forderte der seinerzeitige Betriebsprüfer von der Antragstellerin u. a. Daten-CDs an. Die Antragstellerin übersandte daraufhin eine Daten-CD sowie verschiedene Ordner mit Rechnungen und Bankunterlagen. Im bis zum 20.03.2008 nachfolgenden Schriftverkehr forderte der Betriebsprüfer jeweils nach Durchsicht der übersandten Dokumente weitere Unterlagen an, ...