Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsunterbrechung durch Verkauf und gleichzeitige Bildung einer § 6b EStG Rücklage
Leitsatz (amtlich)
- Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 FGO nach dem 01.01.1996 (Wegfall des Beschwerdeverfahrens gemäß §§ 349, 368 AO aF), wenn der Steuerpflichtige zuvor gegen die Ablehnung der Aussetzung durch die Finanzbehörde Einspruch eingelegt hat und über diesen bei Antragstellung noch nicht entschieden ist. Zulässigkeit, wenn die Finanzbehörde den Einspruch während des anhängigen gerichtlichen Eilverfahrens zurückweist.
- Keine bloße Betriebsunterbrechung mit der Möglichkeit einer Wiederaufnahme und identitätswahrenden Fortführung des Gewerbebetriebes bei Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen. Betriebsaufgabe ohne ausdrückliche Erklärung und trotz entgegenstehender subjektiver Einschätzung des Betriebsinhabers durch die Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter.
- Die betriebliche Identität des vormals werbenden Unternehmens setzt sich in einer nach § 6 Abs. 3 EStG aus dem Erlös der vollständigen Veräußerung gebildeten Rücklage nicht fort. Die plangemäße Reinvestition des Veräußerungserlöses in neues Anlagevermögen stellt mithin keine Fortsetzung des ursprünglichen Betriebes dar.
Normenkette
EStG § 6b Abs. 3; FGO § 69 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist die den Gewinn erhöhende Auflösung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 Einkommensteuergesetz (-EStG-) im Streit.
Der 1935 geborene Antragsteller (-Ast-) war bis zum 31.12.1997 Eigentümer des Grundstücks X-Weg 1 und 2 in Hamburg. Dieses nutzte er bis zu diesem Zeitpunkt in der Weise eigenbetrieblich, dass es sich um das alleinige Betriebsgrundstück seines als Einzelunternehmen betriebenen Schrotthandels handelte. Daneben wurde das Grundstück fremdbetrieblich und zu fremden Wohnzwecken vermietet. In den Vorjahresbilanzen des Einzelunternehmens aktivierte der Ast das Grundstück vollen Umfangs als notwendiges und als gewillkürtes Betriebsvermögen.
Durch Vertrag vom 10.06.1997 veräußerte der Ast das Grundstück mit Wirkung zum 31.12.1997 und stellte in die Bilanz des Einzelunternehmens auf den 31.12.1997 eine Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG in Höhe von DM 5.506.847,70 ein. Das zuvor zuständige Finanzamt führte im Januar 2000 eine abgekürzte Außenprüfung gemäß § 193 Abs. 1 i.V.m. § 203 der Abgabenordnung (-AO-) bezüglich Gewerbesteuer 1997 mit dem Schwerpunkt "Betriebsaufgabe 1997" bei dem Ast durch. Das Recht des Ast zur Bildung der Rücklage nach § 6b EStG und die - vom Ag in diesem Zuge marginal reduzierte - Höhe der Rücklage sind zwischen den Beteiligten hiernach unstreitig.
Am 27.10.1997 gründete der Ast mit seinem Sohn mit Wirkung zum 20.11.1997 die Altmetall (A) GmbH. Gesellschafter sind der Ast und dessen Sohn zu je 50 v.H. Die A GmbH erwarb vom Ast das gesamte, nach Veräußerung des Betriebsgrundstücks verbliebene Betriebsvermögen des Einzelunternehmens Schrotthandel. Am 29.12.1997 schloss die A GmbH einen Geschäftsführeranstellungsvertrag mit dem Ast, worin er sich verpflichtete, ab dem 01.01.1998 seine gesamte Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen.
Mit Schreiben vom 19.02.1998 teilte der seinerzeitige Steuerbevollmächtigte dem vormals zuständigen Finanzamt mit, der Ast habe seinen Gewerbebetrieb zum Jahresende 1997 verkauft. In 1998 werde er lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung zu versteuern haben. In dem am 15.04.1998 bei dem Finanzamt eingereichten Fragebogen für Fälle der Betriebsaufgabe erklärte der Ast die Aufgabe seines Gewerbebetriebes mit Wirkung zum 31.12.1997. Unter der Rubrik "Veräußerte Wirtschaftsgüter" teilte er mit, dass alle Anlagegüter und der Warenbestand verkauft bzw. entnommen worden seien und eine Rückstellung gemäß § 6b EStG gebildet werde. Weiter, dass er ab 1998 eine Tätigkeit als Geschäftsführer-Angestellter übernehmen und nur noch lohnversteuerte Einkünfte bzw. solche aus "KSO" und "V+V" erzielen werde. Im Rahmen eines ergänzend im Zusammenhang mit der Übersendung des Fragebogens zwischen dem Finanzamt und dem Bevollmächtigten des Ast am 23.04.1998 geführten Telefonats, gab der Berater an, der Betrieb sei nicht im Ganzen veräußert worden. Das Anlagevermögen sei an die A GmbH, das Grundstück an einen Bauträger verkauft worden. Der Ast habe zwei neue Grundstücke erworben und vermiete diese gewerblich. Der Sitz der Geschäftsleitung habe zur Anschrift X-Straße gewechselt.
Die A GmbH nahm am 13.01.1998 mit Wirkung zum 01.01.1998 bei dem zuständigen Wirtschafts- und Ordnungsamt eine Gewerbeanmeldung für den Tätigkeitsbereich Im- und Export von Schrott und Altmetallen mit dem Schwerpunkt Einzelhandel mit Altmetallen, Eisen und Stahlschrott (Schrottplatz) vor. Sie teilte mit, es handele sich um die Übernahme eines bereits bestehenden Betriebes; früherer I...