rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Münzrestbeträge sind Entgelt
Leitsatz (amtlich)
Zugunsten des Unternehmers nach Beendigung des Leistungsaustausches durch Automatenbenutzung verfallende Münzrestbeträge sind Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG.
Normenkette
UStG § 10 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob von der Antragstellerin (-Ast-) vereinnahmte Restbeträge einzelner, durch Telefonate an einem Fernsprecher durch die jeweiligen Benutzer gebührenmäßig nicht verbrauchter Münzen, der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.
Die Ast betreibt Telefonautomaten, die unter anderem auch Telefongespräche gegen Münzeinwurf ermöglichen. In den Fällen, in denen der eingeworfene Betrag nicht vollständig durch Gesprächseinheiten verbraucht wird, entstehen Restbeträge. Nicht vertelefonierte Restbeträge werden von den Telefonautomaten nur entsprechend der Höhe und Stückelung der eingeworfenen Münzen erstattet. "Angebrochene" Münzen werden nur erstattet, wenn der verbrauchte Betrag vom Benutzer nachträglich passend eingeworfen wird. Sofern der verbrauchte Betrag der angebrochenen Münze nicht innerhalb von zwei Minuten passend eingeworfen wird, verfällt das Guthaben.
Bei Einwurf z.B. eines Zweieurostücks und dem Anfall von EUR 1,50 tariflicher Telefongebühren verfallen EUR 0,50, sofern nicht Münzen im Wert von EUR 1,50 nachgeworfen werden. Werden dagegen eingangs vier Fünfzigcentstücke eingeworfen, werden bei dem vorstehenden Gespräch EUR 0,50 in Form eines der eingeworfenen Fünfzigcentstücke erstattet.
Alternativ dazu kann in beiden Varianten das verbleibende Guthaben in Höhe von EUR 0,50 auch für ein weiteres Gespräch, beginnend innerhalb der Zwei-Minuten-Frist, genutzt werden.
In den Monaten Mai und Juni 2004 vereinnahmte die Ast auf diese Weise neben dem regulären Umsatz von ... Tsd. EUR einen auf die Münzrestwerte entfallenden Betrag in Höhe von ... Tsd. EUR (Mai) bzw. neben einem Umsatz von ... Tsd. EUR einen Betrag von ... Tsd. EUR (Juni), die sie im Rahmen ihrer Umsatzsteuervoranmeldungen nicht in der Bemessungsgrundlage der getätigten Umsätze zu 16 v.H. Umsatzsteuer angab.
Der Antragsgegner (-Ag-) erließ am 06. Juli 2004 für den Monat Mai und am 27. Juli 2004 für den Monat Juni von den Umsatzsteuervoranmeldungen abweichende Bescheide über die jeweiligen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, mit denen er auch die nicht erstatteten Restbeträge nicht vollständig verbrauchter Münzen der Umsatzsteuer unterwarf, was zur Erhöhung der Umsatzsteuer von ... Tsd. EUR für Mai und ... Tsd. EUR für Juni führte.
Die Ast legte gegen diese Bescheide unter dem 02. August 2004 Einspruch ein, über den der Ag noch nicht entschieden hat. Zugleich beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuer in Höhe der auf die nicht erstatteten Restbeträge entfallenden, o.g. Teilbeträge. Der Ag lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch Bescheid vom 13. August 2004 ab. Mit dem am 14. September 2004 eingegangenem Schreiben begehrt die Ast nunmehr die Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht.
Die Ast trägt vor, die Zahlung der nicht erstatteten Beträge durch die Benutzer erfolge nicht für eine Leistung. Die Benutzer wollten nicht eine zusätzliche Vergütung für die erhaltene Leistung erbringen. Die Vergütung erfolge aus einem anderen Rechtsgrund, da in den Geschäftsbedingungen der Ast zwischen dem Entgelt für die Telekommunikationsleistungen einerseits und der Verwendung von Restbeträgen andererseits unterschieden werde. Der Restbetrag werde lediglich aus technischen Gründen gezahlt, da einerseits der tariflich angefallene Betrag nicht aus dem Kleingeldbestand des Benutzers nachentrichtet werden könne und andererseits in den Telefonautomaten kein Kleingeldbestand zum Zwecke der Geldrückgabe vorgehalten werde. Die einbehaltenen Restbeträge stünden damit in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erbringung der Telekommunikationsdienstleistung und stellten daher kein zusätzliches Entgelt für diese dar. Dies folge schon daraus, dass die einbehaltenen Restbeträge in erster Linie von dem Kleingeldvorrat des Benutzers und nicht von der tatsächlich erbrachten Telekommunikationsleistung abhingen. Die Ast und die Benutzer würden der Leistung nur den anhand des Tarifs vorgegebenen Wert beimessen. Anders als z.B. Trinkgelder stellten die nicht erstatteten Restbeträge aus beider Sicht somit auch subjektiv keine Gegenleistung für die bereits hergestellte und beendete Telefonverbindung dar. Mit dem Einwurf einer Münze erbringe der Benutzer eine Anzahlung und kaufe nicht etwa vorab die Berechtigung zur Nutzung von Gesprächseinheiten, da die eingeworfene Münze erstattet werde, falls keine Telefonverbindung zustande komme.
Die Ast beantragt, die Vollziehung der Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Mai 2004 vom 06. Juli 2004 in Höhe von ... Tsd. EUR und für den Monat Juni 2004 vom 27. Juli 2004 in Höhe von ... Tsd. ...