Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung des Vorsteuerabzugs trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bei der Verwendung sog. Abdeckrechnungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verwendung von sog. Abdeckrechnungen führt in der Regel zu einer Einbeziehung des Umsatzes in eine Umsatzsteuerhinterziehung.
2. Die Verwender von sog. Abdeckrechnungen haben von der Einbeziehung des Umsatzes in eine Umsatzsteuerhinterziehung regelmäßig Kenntnis, mit der Folge, dass der Vorsteuerabzug trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zu versagen ist.
Normenkette
UStG § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 5, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob die Versagung des Vorsteuer- und des Betriebsausgabenabzugs aus Eingangsrechnungen von Frau A rechtmäßig war.
1. a. Der Antragsteller betrieb im Streitjahr 2012 ein Transportunternehmen, dessen Gegenstand die Containerbeförderung im Hamburger Hafen war. Der Antragsteller erbrachte seine Transportleistungen mit eigenen Lkw, u. a. mit einer Sattelzugmaschine (18t-LKW) mit dem amtlichen Kennzeichen HH-XX, unter Einschaltung angestellter Kraftfahrer. Diese Sattelzugmaschine hatte der Antragsteller am 04.11.2011 für netto ... € erworben (Betriebsprüfungsarbeitsakte -BpAA- Bl. 116).
b. Der Antragsteller verfügte weder über die für den Betrieb dieser Sattelzugmaschine im Hamburger Hafen erforderliche Bescheinigung über die fachliche Eignung für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr noch war er selbst im Besitz einer Erlaubnis für das Führen von Lastkraftwagen dieser Art (FGA Bl. 2).
c. Der Antragsteller beschäftigte ab 19.10.2011 Herrn B, der Inhaber entsprechender Erlaubnisse war, im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses für 400 € monatlich (FGA Anlagenband Bl. 3). Der Antragsteller erteilte Herrn B Prokura für sein Unternehmen; die diesbezügliche Eintragung in das Handelsregister wurde am ... 01.2012 vorgenommen (FGA Anlagenband Bl. 2).
2. a) In seiner Einnahmen-Überschussrechnung für 2012 erfasste der Antragsteller u. a. Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt ... € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von ... € (BpAA Bl. 123 ff.). Hintergrund dieser Buchungen war ein zwischen dem Antragsteller als Veräußerer und Frau A als Erwerberin, vertreten durch ihren Lebensgefährten B, geschlossener Kaufvertrag vom 06.02.2012 über die Sattelzugmaschine mit dem amtlichen Kennzeichen HH-XX, deren Kaufpreis in Höhe von netto ... € von der Erwerberin laut Darlehensvertrag vom selben Tag in Raten getilgt werden sollte (BpAA Bl. 55f.). Die Aufwendungen für den Betrieb der Sattelzugmaschine (Versicherung, Benzin, Maut und Reparaturen) verauslagte der Antragsteller und stellte diese gemeinsam mit den Kaufpreisraten der Frau A in Rechnung (BpAA Bl. 72).
Der Antragsteller erfasste in seiner Einnahmen-Überschussrechnung für 2012 u. a. Betriebsausgaben für erbrachte Fremdleistungen in Höhe von ... € (netto) sowie Absetzungen für Abnutzung in Höhe von ... € für die Sattelzugmaschine HH-XX und ermittelte einen Gewinn in Höhe von ... €, den er in seiner am 02.08.2013 übermittelten Einkommensteuererklärung 2012 erklärte. In seiner am 31.07.2013 eingereichten Umsatzsteuererklärung für 2012 erklärte der Antragsteller Umsätze in Höhe von ... € und machte Vorsteuerbeträge in Höhe von ... € geltend, worin die Vorsteuer aus den Fremdleistungen von Frau A in Höhe von ... € enthalten war.
c) Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) erteilte am 05.08.2013 seine Zustimmung zu der Umsatzsteuererklärung 2012 und setzte mit Bescheiden vom 26.11.2013 die Einkommensteuer 2012, den Gewerbesteuermessbetrag 2012 und die Gewerbesteuer 2012 erklärungsgemäß fest.
3. In der Zeit vom 16.06.2014 bis 21.01.2015 führte das FA bei dem Antragsteller eine Außenprüfung betreffend die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer 2010 bis 2012 durch.
a) Im Rahmen der Betriebsprüfung legte der Antragsteller der Prüferin u. a. eine Vereinbarung vom 31.01.2012, den zwischen ihm und Frau A geschlossenen Kaufvertrag über die Sattelzugmaschine vom 06.02.2012 und eine von Frau A Herrn B erteilte Vollmacht vom 29.02.2012 (BpAA Bl. 58, 56, 59) sowie Eingangsrechnungen von Frau A und Gutschriften seines Auftraggebers, der ... C (C), vor (BpAA Bl. 61 ff.).
aa) Die Vereinbarung vom 31.01.2012, die die Unterschrift des Antragstellers sowie daneben von Herrn D und von Frau A trägt - wobei unter ihrem Namen "A" gedruckt ist -, hat folgenden Wortlaut:
"Gemäß Telefonat vom 31.01.2012 um 15:30 Uhr wurde zwischen Herrn D und Herrn B folgendes vereinbart und gilt ab den 01.02.2012: