Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Vorsteuerabzug bei Scheinrechnungen und bei Scheingeschäften
Leitsatz (amtlich)
Ein Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige Leistung nur dann als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehen, wenn die formellen Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllt sind und die Rechnungen insbesondere Angaben zu Umfang und Art der Leistung enthalten, die eine leichte und eindeutige Identifizierung der Leistung ermöglichen. Auch ist die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nur dann als Vorsteuer abziehbar, wenn das andere Unternehmen tatsächlich eine Leistung für sein Unternehmen erbracht hat. Ein Vorsteuerabzug bleibt versagt, wenn für den geltend gemachten Vorsteuerabzug Scheinrechnungen zugrunde liegen.
Normenkette
UStG §§ 14-15
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist eine 2009 gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand sich auf das Be- und Entladen von Containern sowie Lagerarbeiten aller Art erstreckt. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist A.
In dem Streitzeitraum 2010 und Januar bis Juli 2011 führte die Antragstellerin u. a. auch Kommissionierungsarbeiten und Qualitätskontrollen für den Fruchthandel durch. Die Antragstellerin beschäftigte für die übernommenen Aufträge keine eigenen Mitarbeiter, sondern bediente sich der Hilfe von Subunternehmern.
Gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin wurde in diesem Zusammenhang ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet.
Für den Streitzeitraum führte der Antragsgegner bei der Antragstellerin eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Auf Grund der Prüfungsergebnisse erkannte der Antragsgegner u. a. einen Vorsteuerabzug aus Rechnungen der B GmbH (im Folgenden B), der C GmbH (im Folgenden C), der D GmbH (im Folgenden D), der E GmbH (im Folgenden E) und des Einzelunternehmers F nicht an. Auf die zu diesen Unternehmen eingereichten Unterlagen und geschlossenen Verträge sowie den Betriebsprüfungsbericht wird für weitere Einzelheiten Bezug genommen.
Mit geändertem Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 23.08.2012 setzte der Antragsgegner die Umsatzsteuer für 2010 auf 72.686,91 € fest. Ebenfalls änderte er am 23.08.2012 die Vorauszahlungsbescheide für Januar bis Juli 2011 und setzte die USt-Vorauszahlung für Januar 2011 auf 11.976,63 €, für Februar 2011 auf 4.298,11 €, für März 2011 auf 3.453,44 €, für April 2011 auf 3.362,79 €, für Mai 2011 auf 11.859,50 €, für Juni 2011 auf 13.529,31 € und für Juli 2011 auf 13.054,66 € fest.
Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin am 30.08.2012 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30.08.2012 ab. Über den dagegen am 12.09.2012 eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner bisher ebenso wenig entschieden wie über den Einspruch vom 30.08.2012.
Am 01.10.2012 beantragte die Antragstellerin bei Gericht die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide. Zur Begründung führt sie aus, dass sie sich nicht mit dem Ziel der Steuerverkürzung an so genannten Dienstleistungsketten beteiligt habe. Sie habe sich vielmehr stets von der Unternehmereigenschaft der von ihr beauftragten Subunternehmer vergewissert. So habe sie sich auch bei den hier betroffenen Subunternehmern nach einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung erkundigt, die Gewerbeerlaubnis sowie weitere Unterlagen angefordert, bevor sie dann den Auftrag zur Durchführung der Arbeiten erteilt habe. Die Arbeiten seien - wie auch der Antragsgegner wohl einräume - tatsächlich erbracht und die Rechnungen der Subunternehmer in bar oder durch Überweisung bezahlt worden. Zudem sei ein Schaden nicht eingetreten, denn ihres Wissens seien die betroffenen Unternehmen ihren steuerlichen Pflichten nachgekommen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2010 und der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide Januar 2011 bis Juli 2011 auszusetzen, soweit darin ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen B GmbH, der C GmbH, der D GmbH, der E GmbH und des F nicht berücksichtigt worden ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht ernstlich zweifelhaft sei. Es seien bereits die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 4 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht gegeben. Die Leistungsbeschreibung mit "Qualitätskontrolle" und einer Auflistung von Containernummern sei nicht ausreichend, insbesondere wenn sich die Vergütung für die entladenden Container nach deren Größe, der Anzahl der enthaltenen Collies und Sorten richte. Auch eine Leistungsbeschreibung "Container Be- und Entladen", "Lagereinheiten" oder "Lagerarbeiten" sei nicht ausreichend konkret. Die Rechnungen der E enthielten jeweils auf der zweiten Seite einen unzutreffenden Briefkopf. Bei vielen Rechnungen sei ein Leistungsort nicht angegeben, so dass nicht erkennbar sei, bei welchem Endkunden die Leistungen durchgeführt...