Entscheidungsstichwort (Thema)
Alleinverantwortlichkeit des Ausführers für die Erfüllung der Erstattungsvoraussetzungen
Leitsatz (amtlich)
Besteht der Irrtum der Behörde über das Vorliegen der Erstattungsvoraussetzungen darin, dass der Ausführer bestimmte Erstattungsvoraussetzungen, für deren Erfüllung er allein verantwortlich ist, nicht erfüllt hat, kann dieser sich nicht darauf berufen, dass Zinsen auf die zu Unrecht getätigte Zahlung nicht anfallen. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Ausführers scheidet daher aus.
Normenkette
FGO § 69; EWGV 3665/87 Art. 11; EWGV 32/82 Art. 2
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung von mehreren Zins- bzw. Zinsanforderungsbescheiden.
Die Antragstellerin ließ in der Zeit zwischen September und Dezember 1995 mit verschiedenen Ausfuhranmeldungen insgesamt 48.496,40 kg Rindfleisch zur Ausfuhr in die Tschechische Republik abfertigen und beantragte hierfür die Gewährung der Ausfuhrerstattung (Sondererstattung für Rindfleisch von männlichen ausgewachsenen Rindern), was ihr der Antragsgegner mit Erstattungsbescheiden vom 2., 3. und 15.5.1996 antragsgemäß gewährte.
Im Rahmen einer im Jahre 1998 durchgeführten Marktordnungsprüfung stellte das Hauptzollamt für Prüfungen in D fest, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Sondererstattung für Rindfleisch u.a. deshalb nicht gegeben waren, weil für die betreffenden Ausfuhren keine Bescheinigungen über den Nachweis für Rindfleisch von männlichen ausgewachsenen Rindern gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 32/82 der Kommission vom 7. Januar 1982 zur Festlegung der Bedingungen für die Gewährung von Sondererstattungen bei der Ausfuhr von Rindfleisch (ABl. Nr. 4/11, im Folgenden: VO Nr. 32/82) ausgestellt worden waren. Der Antragsgegner forderte daraufhin die gewährte Ausfuhrerstattung in Höhe von insgesamt DM 72.195,12 (EUR 36.912,78) mit mehreren Berichtigungsbescheiden vom 8.3.1999 zurück. Die gegen diese Berichtigungsbescheide erhobenen Einsprüche der Antragstellerin wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 24.7.2002, die zwischenzeitlich in Bestandskraft erwachsen ist, zurück. Die Antragstellerin hatte den Rückforderungsbetrag bereits im Mai 2002 bei der Bundeskasse Kiel eingezahlt.
Mit Zins- bzw. Zinsanforderungsbescheiden vom 15.8.2002 setzte der Antragsgegner hinsichtlich des vorgenannten Rückforderungsbetrages Zinsen in Höhe von insgesamt EUR 12.959,92 fest. Hinsichtlich der Berechnung wird auf die Anlagen zu den einzelnen Bescheiden Bezug genommen.
Die von der Antragstellerin gegen die Zins- bzw. Zinsanforderungsbescheide erhobenen Einsprüche wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 20.11.2002 zurück; auf die Begründung der Einspruchsentscheidung wird verwiesen. Über die gegen diese Einspruchsentscheidung erhobene Klage, die beim beschließenden Senat unter dem Aktenzeichen IV 428/02 geführt wird, ist noch nicht entschieden worden.
Mit Schreiben vom 16.12.2002 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner, die Vollziehung der Zins- bzw. Zinsanforderungsbescheide vom 15.8.2002 auszusetzen, was dieser mit Bescheid vom 4.2.2003, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, ablehnte.
Die Antragstellerin hat am 17.2.2003 um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie meint zum einen, dass der streitgegenständlichen Zinsfestsetzung die Vorschrift des Art. 11 Abs. 3 VO (EWG) 3665/87 entgegenstehe, wonach keine Zinsen anfielen, wenn die unrechtmäßige Zahlung durch Verschulden der zuständigen Behörde erfolgt sei. Zwar sei es zutreffend, dass sie im Hinblick auf die Ausfuhrsendungen aus dem Jahre 1995 keine Nachweise im Sinne der Verordnung Nr. 32/82, dass die Ausfuhrerzeugnisse von männlichen ausgewachsenen Rindern stammten, vorgelegt habe. Der Antragsgegner, der sie während des Ausfuhrerstattungsverfahrens u.a. zur Vorlage der Frachtbriefe aufgefordert habe, hätte indes von ihr auch die nach der Verordnung Nr. 32/82 erforderlichen Bescheinigungen anfordern müssen. Das habe der Antragsgegner jedoch versäumt; die Sondererstattung für die Ausfuhr von Rindfleisch hätte ihr ohne den Nachweis der Bescheinigung nach der Verordnung (EWG) Nr. 32/82 nicht gewährt werden dürfen. Die Ausfuhrerstattung sei ihr mithin aufgrund eines Verschuldens des Antragsgegners mit der Folge bewilligt worden, dass sie gemäß Art. 11 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3665/87 keine Zinsen zu entrichten habe.
Zum anderen ist die Antragstellerin der Ansicht, dass die angeforderten Zinsen zum Teil bereits verjährt seien. Die Verjährungsfrist für Zinsen betrage nämlich gemäß § 195 BGB n.F. drei Jahre. Da die Zinsen mit Bescheiden vom 15.8.2002 festgesetzt worden seien, sei jedenfalls hinsichtlich der bis zum 31.12.1998 angefallenen Zinsen Verjährung eingetreten.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vollziehung der Zins- bzw. Zinsanforderungsbescheide vom 15.8.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.11.2002 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verteidigt die angegriffenen Bescheide...