Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuherstellung eines Gebäudes durch Aufstockung
Leitsatz (redaktionell)
Werden im Rahmen einer Aufstockung eines Gebäudes mehrere Teile des Altgebäudes, die für dessen Nutzungsdauer bestimmend sind, ersetzt, liegt eine Neuherstellung eines Gebäudes vor.
Normenkette
EStG § 10e; EStG § 10e Abs. 1-2, 6
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägern für Aufwendungen durch Umbaumaßnahmen und Aufstockung vorhandener Bausubstanz ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG zu gewähren ist.
Die Kläger erwarben im Jahr 1979 von der Mutter der Klägerin das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück X-Weg in Hamburg-... zu einem Kaufpreis in Höhe von 150.000 DM. Der Bausachverständige des Finanzamts Hamburg-... ging in seiner Stellungnahme vom 5.10.1982 zur Kaufpreisaufteilung davon aus, dass der Sachwert des Gebäudes 1979 110.824,- DM und der Wert des Grund und Bodens 134.240,- DM betrug. Das 1947/1948 errichtete und 1963 umgebaute Gebäude bestand aus einem Geschoss mit 3 Zimmern, Küche und Bad. Die Kläger haben für dieses Gebäude in den Jahren 1979 bis 1986 erhöhte Absetzungen gemäß § 7b EStG vorgenommen, wobei der Beklagte von einem anteiligen Gebäudewert in Höhe von 68.699 DM (Wert des Grund und Bodens: 82.200 DM) ausging. In den Jahren 1994/1995 führten die Kläger umfangreiche Umbaumaßnahmen an dem Gebäude durch, das dabei um ein Stockwerk aufgestockt wurde. In der entsprechenden Baubeschreibung 6/9, die Teil der Baugenehmigung des Bezirksamtes Hamburg-... vom 14.7.1994 ist, heißt es dazu: "Das vorhandene, nicht für Wohnzwecke geeignete Walmdach wird abgerissen und durch ein für Wohnzwecke nutzbares Kehlbalkendach mit Krüppelwalm und 45( Dachneigung neu erstellt. Das vorhandene EG bleibt in seinen Maßen bestehen. ... Die Neukonstruktion des Daches und der Decke wird nach der erforderlichen und erstellten statischen Berechnung ausgeführt."
Diese Umbaumaßnahmen betrafen auch den Altbau, dessen Dach baufällig war, da die tragenden Dachbalken verrottet waren und die daran aufgehängten Zimmerdecken sich durchbogen. Der Schornstein hatte einen sog. Öldurchschlag, der zu einer erheblichen optischen Beeinträchtigung der anliegenden Innenwände (eines Zimmers, der Küche und der Diele) führte. Im Zuge der Umgestaltung des Altbaues wurden die an eine Veranda angrenzenden Außenwände eines Zimmers und der Küche vollständig entfernt und das Erdgeschoss an dieser Stelle entsprechend vergrößert. Alte Steinholzplatten auf der Kellerdecke wurden entfernt und durch einen Estrichbelag ersetzt. Der Eingangsbereich des Erdgeschosses wurde neu gestaltet, in dem u.a. eine Zimmerinnenwand zwischen Diele und Windfang abgetragen wurde. Zudem wurde der Schornstein von der Grundplatte aus vollständig entfernt und neu aufgemauert, die elektrischen Leitungen und die gesamten Heizungsanlage einschließlich aller Rohrzuleitungen und Heizkörper wurden erneuert, ebenso die Wasserleitungen. Ausgetauscht wurden weiter sämtliche Fenster und Türen, sämtliche Innen- und Außenwände wurden um 20 cm aufgemauert. Über dem Erdgeschoss wurde eine neue Geschossdecke gegossen, ein Treppenaufgang eingebaut und ein Obergeschoss mit zwei Kinderzimmern, einem Gästezimmer, einer Loggia, einem Hobby- und einem Abstellraum aufgebaut. Das Gebäude konnte während der acht Monate dauernden Umbauarbeiten nicht bewohnt werden. Während die Bauarbeiten überwiegend in Eigenleistung der Kläger durchgeführt wurden, betrugen die Aufwendungen der Kläger für Baumaterial, Fahrten, Verpflegungsmehraufwand, Umzug und Telefon 1994 102.195 DM, 1995 weitere 21.371,65 DM und 1996 weitere 12.787 DM.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden, Abzugsbeträge nach § 10e EStG in Höhe von 19.493 DM (1995) bzw. 13.579 DM (1997). Die Bemessungsgrundlage dieser Abzugsbeträge ermittelten die Kläger wie folgt:
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1995 |
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1997 |
Restwert Altgebäude |
37.417 DM |
Herstellungskosten |
173.772 DM |
Herstellungskosten 1994 |
102.195 DM |
50 % AK Grund u. Boden |
52.544 DM |
Herstellungskosten 1995 |
21.372 DM |
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50 % d. AK Grund u. Boden |
52.544 DM |
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Gesamt |
213.529 DM |
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226.316 DM |
Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid für 1995 vom 7.1.1997, geändert durch Bescheid vom 26.2.1998, sowie in dem Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 16.3.1998 bei der Bemessung des Abzugsbetrages nach § 10e EStG lediglich die geltend gemachten Baukosten, da der Aufbau des Dachgeschosses zu einer Erweiterung bestehenden Wohnraumes gemäß § 10e Abs. 2 EStG geführt habe, bei der lediglich die Herstellungskosten des Ausbaues in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien.
Die Kläger legten gegen diese Bescheide am 27.1.1997 und 24.3.1998 Einsprüche ein. Zur Begründung führten sie aus, dass die durchgeführten Bauarbeiten einem Neubau gemäß § 10e Abs. 1 EStG gleichkämen. Die wegen des schlechten Zustandes der Altbausubstanz vorzunehmende Umgestaltung sei derart tiefgreifend gewesen, dass die noch verwendeten Altteile wertmäßig unterge...