rechtskräftig
Tatbestand
Für das Streitjahr 1990 ist in formeller Hinsicht streitig, ob bei dem Beklagten (dem Finanzamt –FA–) Einsprüche gegen die Steuerbescheide innerhalb der Monatsfrist eingegangen sind oder ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.
Die Klägerin ist eine GmbH und sitzt in Hamburg. Gesellschafter sind der Prozeßbevollmächtigte und seine Ehefrau, die die Geschäfte führt (Akte Allgemeines –Allg-A–).
Nach dreimaliger Erinnerung (Körperschaftsteuerakte –KSt-A–) schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 1990 (wie für die Vorjahre); die Bescheide vom 9. Juni 1992 wurden der Klägerin mit einfacher Post bekanntgegeben und betrafen die Körperschaftsteuer, die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals, die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer, den Gewerbesteuermeßbetrag und die Gewerbesteuer sowie die Umsatzsteuer (KSt-A Bl., Akte Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals –vEK-A–, Gewerbesteuerakte –GewSt-A–, Umsatzsteuerakte –USt-A– Bl.).
Hiergegen will die Klägerin fristgerecht Einspruch eingelegt haben. Eine aus den Akten der jetzigen, in Berlin ansässigen Steuerberaterin der Klägerin stammende, nicht unterzeichnete Kopie eines Einspruchsschreibens trägt das Datum 19. Juni 1992. Unter dem Briefkopf mit der Hamburger Adresse der Klägerin befindet sich ein mit Namenszeichen versehener handschriftlicher Vermerk „abgeschickt 23/6/92” (KSt-A Bl.). Urheberin des Namenszeichens soll eine Mitarbeiterin des Prozeßbevollmächtigten in dessen Praxis sein.
Das Original des Schreibens ist in den Akten des FA nicht aufzufinden.
Der frühere, ebenfalls in Berlin tätige Steuerberater der Klägerin, mit dessen Hilfe die Körperschaftsteuer-Erklärung und Bilanz 1986 angefertigt wurden (KSt-A Bl., Bilanz-Akte –Bil-A–) kündigte mit Schreiben vom 28. September 1992 dem FA die Fertigstellung der Steuererklärungen 1991 an (KSt-A Bl.).
Mit Schätzungsbescheiden vom 15. März 1993 wurden für das Folgejahr 1991 Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag festgesetzt und und verwendbares Eigenkapital festgestellt KSt-A Bl., vEK-A Bl.). Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 25. (eingegangen am 26.) März 1993 Einspruch ein (KSt-A Bl.). Darauf forderte die Veranlagungsstelle des FA mit Schreiben vom 31. März 1993 die fehlende Einspruchsbegründung 1991 bis zum 20. April 1993 an (KSt-A). Danach wurde der Einspruch am 4. Mai 1993 an die Rechtsbehelfsstelle abgegeben (KSt-A Bl. 61). Die Sachbearbeiterin der Rechtsbehelfsstelle forderte unter dem 14. Mai 1993 nochmals die fehlende Einspruchsbegründung in Form der ausstehenden Steuererklärungen 1991 an, und zwar nunmehr bis zum 17. Juni 1993 (KSt-A Bl.).
Am 16. Juni 1993 teilte die Klägerin dem FA mit, daß die jetzige Steuerberaterin das Mandat für die Steuererklärungen und Bilanzen übernommen habe (KSt-A Bl.). Der seit 1989 mit der Erstellung aller Steuerunterlagen beauftragte bisherige Steuerberater sei wegen schwerer Krankheit seinen Aufgaben nicht mehr nachgekommen. Sie, die Klägerin, habe ihre sämtlichen Buchungsunterlagen aus dessen Keller vor einigen Tagen zurückerhalten.
Wie die Sachbearbeiterin der Rechtsbehelfsstelle auf dem Schreiben vermerkte, sandte sie hierauf einen Kurzbrief an die neue Beraterin und verlängerte die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen wegen des Beraterwechsels bis zum 31.Juli 1993 (KSt-A Bl. 63, Finanzgerichtsakte –FG-A– Bl.). Allerdings heißt es in dem Kurzbrief
„Steuererklärungen 1990”.
Die Einsprüche 1991 vom 26. März 1993 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 11./16. (zugestellt am 17.) September 1993 zurückgewiesen (KSt-A Bl.,). Hiergegen erhob die Klägerin durch ihren Prozeßbevollmächtigten am 14. Oktober 1993 Klage (FG-A). In deren Begründung trug die Klägerseite vor, daß erst im Dezember 1992 durch ein Rundschreiben des bisherigen Steuerberaters, der darin die krankheitsbedingte Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit mitgeteilt habe, die mangelnde Abgabe von Steuererklärungen bekanntgeworden sei (FG-A).
Am 7. April 1994 vermerkte die Sachbearbeiterin der Rechtsbehelfsstelle über ein Telefonat mit der Steuerberaterin (KSt-A Bl.):
„Sie arbeitet die Buchhaltung ab 1987 auf und wird Steuererklärungen erstellen. Ich teilte mit, daß Schätzungsdifferenzen aus bestandskräftigen Jahren im ersten offenen Jahr ins EK 02 gestellt werden müssen. „
Am 26. April reichte der Prozeßbevollmächtigte die Steuererklärungen für 1987 und 1988 ein, die – wie alle weiteren Steuererklärungen – mit Hilfe der Steuerberaterin angefertigt wurden (KSt-A Bl.).
Am 25. Mai 1994 rief die Steuerberaterin den Veranlagungsachbearbeiter des FA an, der hierüber folgendes vermerkte (KSt-A Bl.):
„1989 u. 1990 – Erkl. kommen in den nächsten Wochen! Wg. Verlustvorträgen wird sie ‚von Amts wegen’ eintragen!”
Ein das gleiche Telefonat betreffender Vermerk der Steuerberaterin enthält kurze Notizen zur Besteuerung der Jahre 1987 bis 1991, darunter auch zur Frage der Bestandskraft 1987 und 1988, zu einem Rechtsbehelf für 1989 ...