Revision eingelegt (BFH VII R 30/19)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anlagenbegriff des § 12b StromStV - hier: Verklammerung von vier Kraft-Wärme-Kopplung-Gasmotoren zu einer Stromerzeugungsanlage
Leitsatz (amtlich)
Eine Verklammerung von Rohbiogasmotoren mit im selben baulichen Objekt und an einem Standort befindlichen Erdgasmotoren liegt unter den Umständen des Einzelfalls nicht vor. Weder handelt es sich um eine Anlage in Modulbauweise nach § 12b Abs. 1 S. 2 StromStV noch sind die Stromerzeugungseinheiten im Sinne des § 12b Abs. 1 S. 1 StromStV in sonstiger Weise unmittelbar miteinander verbunden. 2.Der Stromsteuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG steht in diesem Fall nicht entgegen, dass zusätzlich der Input der Stromerzeugung - das Rohbiogas - gemäß § 28 EnergieStG von der Energiesteuer befreit ist.
Normenkette
StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 3; StromStV § 12b Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachbesteuerung von Strom für das Kalenderjahr 2013 aufgrund der rechtlichen Verklammerung von vier Kraft-Wärme-Kopplung-Gasmotoren zu einer Stromerzeugungsanlage.
Die Klägerin betreibt die Stadtwerke von A. Sie belieferte im streitgegenständlichen Kalenderjahr 2013 Abnahmestellen im Stadtgebiet von A mit Strom, Gas und Wärme und verfügte über eine entsprechende stromsteuerrechtliche Erlaubnis zur Versorgung von Letztverbrauchern. Sie betreibt hierzu in einer in der X-Straße in A gelegenen Halle in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) seit 1991 zwei mit Erdgas betriebene Motorgeneratoren sowie seit Ende 2011 zusätzlich zwei mit Rohbiogas betriebene Motorgeneratoren.
Die 2011 in Betrieb genommenen Rohbiogasmotoren verfügen über eine elektrische Nennleistung von jeweils 882 kW und eine nutzbare thermische Nennleistung von jeweils 883 kW (...). Das Rohbiogas wurde im Kalenderjahr 2013 mittels einer 2 km langen Direktleitung ohne Verbindung zum unternehmenseigenen Erdgasnetz von der Rohbiogaserzeugung zugeführt. Nur das dort erzeugte Rohbiogas konnte in den Rohbiogasmotoren verbrannt werden. Zwischen der Rohbiogasproduktion und den Rohbiogasmotoren befand sich ein Biogasspeicher, der als Puffer ausgelegt war. Damit konnten die beiden Rohbiogasmotoren bei einem Ausfall der Rohbiogasproduktion ca. vier Stunden bei voller Leistung weiterlaufen. Aufgrund der Funktionsweise des Biogasspeichers war die gespeicherte Biogasmenge nicht stets gleich hoch, weil sich in dem Speicherbehälter z. B. auch schwankende Bestände von Gärresten befanden. Bei der ökonomisch vorteilhaften direkten Verwendung von Rohbiogas liegen stets gewisse Schwankungen in Qualität und Quantität des Brennstoffs vor, die sich in den Leistungskurven der Rohbiogasmotoren auch des Jahres 2013 widerspiegeln.
Bei der Neuinstallation der Rohbiogasmotoren im Jahr 2011 wurde zu gewissen Teilen die bestehende Infrastruktur alter Erdgasmotoren weitergenutzt, also z. B. die Abgasleitung zum Schornstein, Stromkabel, die Netzkopplung und Teile des Heizwasserkreislaufs. Neu installiert wurden sämtliche Zähler, der Motor, die Wärmetauscher, in 2013 die komplette Gaszuleitung, die Schalldämpfer und Katalysatoren und die Steuerungsschränke, die Kommunikationsanlage der Biogaserzeugungsanlage mit den Biogasmotoren, die Pumpen und Teile der Verrohrung unter den Motoren.
Maßgebend für den Betrieb der Rohbiogasmotoren und damit für die Wärme- wie auch Stromerzeugung war die in der Biogasanlage erzeugte Rohbiogasmenge. Soweit ausreichend Rohbiogas als Brennstoff verfügbar war, liefen diese Motoren im Jahr 2013 nahezu durchgängig mit der höchstmöglichen Leistung und modulierten dabei zwischen 75% und 100% ihrer Nennleistung (druckgesteuerter Betrieb). Der erzeugte Strom wurde je Motor gemessen und über die Sammelschiene in das Mittelspannungsnetz (10 kV) der Klägerin eingespeist, das ausschließlich auf das Stadtgebiet von A begrenzt war. Dieser Strom wurde physikalisch im an die Stromerzeugungsanlage angrenzenden Gebiet der Stadt A verbraucht.
Die neben dem Strom erzeugte Wärme wurde einzeln je Motor gemessen und über jeweils ausschließlich dem einzelnen Rohbiogasmotor dienende Wärmetauscher entnommen und an das Fernwärmenetz der Stadtwerke A abgegeben. Aufgrund der Druckführung verfügten die Rohbiogasmotoren über einen Bypass, der eine Auskopplung des Abgasstroms aus den Wärmetauschern ermöglichte sowie über eine Notfackel, mittels derer Gas hätte abgebrannt werden können.
In der gleichen Halle betrieb die Klägerin seit 1991 zwei Erdgasmotoren in Kraft-Wärme-Kopplung mit einer elektrischen Nennleistung von jeweils 1,2 MW und einer nutzbaren thermischen Nennleistung von rund 1,8 MW (...).
In beiden Motoren wurde im Kalenderjahr 2013 Erdgas aus dem allgemeinen Versorgungsnetz zur Erzeugung von Wärme und Strom verwendet. Die Erdgasmotoren kamen zur Abdeckung eines über die Leistung der Rohbiogasmotoren hinausgehenden Wärmebedarfs zum Einsatz (wärmegeführter Betrieb) und wurden weder druckgeführt noch stromgeführt betrieben. Der erzeugte Strom wurde je Motor gemessen und über die Sam...