Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung eines Ergebnisabführungsvertrages; Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten
Leitsatz (amtlich)
1. Als gegenseitiger Vertrag unterliegt die Aufhebung eines Ergebnisabführungsvertrags der den wirklichen Willen beider Vertragsteile zur Geltung bringenden Auslegung (§§ 133, 157 BGB). In erster Linie ist der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen. Ein übereinstimmender Parteiwille geht dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vor, selbst wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat.
2. Die Aufhebung eines Ergebnisabführungsvertrages kann nach der Rechtsprechung des BGH mit einer abhängigen GmbH entsprechend§ 296 Abs. 1 Satz 1 AktG (nur) zum Ende des Geschäftsjahrs oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums erfolgen. Diese Rechtsprechung ist auch bei der steuerrechtlichen Beurteilung eines Aufhebungsvertrages zu berücksichtigen.
3. Die Voraussetzungen des§ 42 AO liegen nicht vor, wenn für die rechtliche Gestaltung auch wirtschaftliche Gründe vorliegen.
Normenkette
AO § 42 a.F.; AktG § 296
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anwendung des § 42 der Abgabenordnung in der Fassung des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794, BStBl. I 2002, 4) AO (a.F.) anlässlich eines Verkaufs von Gesellschaftsanteilen. Zudem ist streitig, in welchem Jahr der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile realisiert wurde.
Die Klägerin ist Organträgerin der A ... mbH (A); der Ergebnisabführungsvertrag wurde am ... 2002 geschlossen und am ... 2014 geändert. Die A ihrerseits ist zu 94,9996 % Anteilseignerin der B GmbH (B) und zugleich ihre Organträgerin; der Ergebnisabführungsvertrag wurde ebenfalls am ... 2002 geschlossen und am ... 2014 geändert.
Die B übertrug gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) nach Maßgabe des Ausgliederungsplanes vom ... 2004 sowie des Zustimmungsbeschlusses ihrer Gesellschafterversammlung vom selben Tag einen Teil ihres Vermögens (den Teilbetrieb " XX") als Gesamtheit im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung auf die dadurch neu gegründete C GmbH (C) mit Sitz in D als übernehmenden Rechtsträger. Der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag der C datiert ebenfalls vom ... 2004. Das Vermögen - der Teilbetrieb "XX" - wurde zu seinen steuerlichen Buchwerten übertragen. Die Ausgliederung des Teilbetriebs " XX" der B wurde am ... 2004 in das Handelsregister der B als ausgliedernde Gesellschaft eingetragen und somit wirksam.
Die B schloss mit der C am ... 2004 einen Beherrschungs- und Ergebnisübernahmevertrag ab, dem die Gesellschafterversammlungen am 4. August 2004 zustimmten. Gemäß § 5 des Vertrages galt eine feste Laufzeit bis zum 31. Dezember 2009. Die Laufzeit verlängerte sich jeweils um ein Jahr, wenn der Vertrag nicht mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des jeweils laufenden Geschäftsjahres schriftlich gekündigt wurde. Das Recht den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, blieb unberührt. Ein wichtiger Grund lag insbesondere dann vor, wenn die B ihre Anteile an der C veräußerte.
Die B war bis zum Jahr 2008 alleinige Anteilseignerin der C. Im August 2008 wurde die C in E GmbH umbenannt und am ... 2015 als übertragender Rechtsträger mit der F GmbH, eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der in G, Niederlande, ansässigen H, mit Sitz in D verschmolzen.
Am 9. November 2007 legte die 100 %-ige Tochtergesellschaft der H, die J GmbH & Co. KG (J KG), die in 2008 in K GmbH & Co. KG umbenannt wurde, der B ein verbindliches Kaufpreisangebot ("Final Offer") für den Erwerb der Anteile an der C vor. Grundlage für dieses Angebot war nach einer (Käufer-) Due-Diligence der Erwerberin die Annahme eines Unternehmenswerts von ... €. Das Kaufpreisangebot belief sich daher, unter Berücksichtigung von Verbindlichkeiten der C in Höhe von ... € zum 30. Juni 2007, auf ... € (Art. 1 des Kaufpreisangebots).
Alsdann entstand mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom ... 2007 die L GmbH (L), im September 2008 umbenannt in M GmbH, dadurch, dass die C als übertragender Rechtsträger gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG einen Teil ihres Vermögens, den Geschäftsbereich "XX", zur Neugründung der L rückwirkend zum 1. Oktober 2007 ausgliederte.
Mit Vertrag vom ... 2007 wurde der Ergebnisabführungsvertrag zwischen der B und der C aufgehoben. Als Wirkungszeitpunkt vereinbarten die Beteiligten gemäß § 1 des Vertrages den 30. Dezember 2007. In § 3.1 des Vertrages regelten die Beteiligten, dass anstelle der unwirksamen Bestimmung oder zur Ausfüllung von Regelungslücken eine rechtliche zulässige Reglung gilt, die, soweit wie möglich, dem entspricht, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach Sinn und Zweck dieses Vertrages gewollt haben würden, wenn sie die Regelungslücke erkannt hätten.
Anschließend schlossen die B als Veräußerer ("Seller") und die J KG als Erwerber ("Pur...