Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Grundsteuer: Nutzungsuntersagung wegen bautechnischer Mängel - mehrere Gründe für Ertragsminderung - maßgeblicher Grund außerhalb des Einflussbereichs des Steuerschuldners
Leitsatz (amtlich)
Liegen mehrere Gründe vor, die zu einer Ertragsminderung führen können, so kommt ein Erlass der Grundsteuer nur in Betracht, wenn der maßgebliche Grund außerhalb des Einflussbereichs des Steuerschuldners liegt. So ist eine Nutzungsuntersagung wegen bautechnischer Mängel nicht ursächlich für die Ertragsminderung, wenn der Steuerschuldner unabhängig davon einen Abriss und Neubau plant.
Normenkette
GrStG § 33 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin begehrt den teilweisen Erlass der Grundsteuer für 2016 wegen wesentlicher Ertragsminderung.
Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom ... 2015 das Grundstück XX in Hamburg-1. In dem notariellen Kaufvertrag war festgehalten, dass eine Nutzung des Grundbesitzes nach Auslaufen der Baugenehmigung nicht mehr zulässig ist. Die Nutzungserlaubnis des Kaufgegenstandes würde zum 31.03.2016 erlöschen. Unter Ziffer 2.2. heißt es in dem Kaufvertrag u. a., dass die Käuferin beabsichtige, das bestehende Gebäude abzureißen, neue Gebäude zu errichten und den Kaufgegenstand einer neuen Nutzung zuzuführen. Der Übergang des Grundstücks erfolgte am 31.12.2015.
Für das auf diesem Grundstück befindliche Gebäude hatte das Bezirksamt Hamburg-2 mit Bescheid vom 11.07.2011 eine Nutzungsuntersagung wegen brandschutztechnischer Mängel ausgesprochen. Nach teilweiser Mängelbeseitigung genehmigte das Bezirksamt Hamburg-2 mit Bescheid vom 01.02.2012 die teilweise Nutzung des Gebäudes befristet bis zum 31.03.2016. Dieser Bescheid erging auch mit Wirkung für und gegen den Rechtsnachfolger.
Im Hinblick auf die festgestellten brandschutztechnischen Mängel und die teilweise Nutzungsuntersagung hatte der Beklagte für das Objekt in 2014 eine Wertfortschreibung auf den 01.01.2011 vorgenommen und den Einheitswert auf ... € (zuvor ... €) festgestellt. Einen Antrag auf Fortschreibung des Einheitswertes auf den 01.01.2016 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 04.11.2015 wegen der erst unterjährig in 2016 eintretenden Nutzungsuntersagung ab. Diesen Sachverhalt würdigte der Beklagte jedoch mit Bescheid über den Einheitswert, Wert- und Artfortschreibung auf den 01.01.2017 vom 09.12.2016, erfasste das Grundstück nunmehr als unbebaut und stellte den Einheitswert auf ... € fest.
Mit Bescheid vom 09.02.2016 erfolgte eine Zurechnungsfortschreibung gegenüber der Klägerin, in dem der Einheitswert für das Geschäftsgrundstück wie bisher mit ... € festgestellt wurde. Mit Bescheid vom selben Tag setzte der Beklagte die Grundsteuer für 2016 auf ... € fest.
Mit Schreiben vom 01.03.2016 beantragte die Klägerin den Erlass der Grundsteuer in Höhe von ... €, der Hälfte der ab dem zweiten Quartal 2016 fälligen Grundsteuer, wegen wesentlicher Ertragsminderung. Der ehemalige Mieter, die A GmbH, habe das Objekt zum Ende des Jahres 2015 nach Beendigung des Mietverhältnisses geräumt. Eine Vermietung der Flächen sei aufgrund der behördlichen Nutzungsuntersagung ab dem 01.04.2016 nicht möglich, so dass der Mietrohertrag um 100 % gemindert sei.
Mit Bescheid vom 17.02.2017 lehnte der Beklagte den Antrag auf teilweisen Erlass der Grundsteuer 2016 ab. Die Klägerin habe den Leerstand zu vertreten, er beruhe auf ihrer freien unternehmerischen Entscheidung. Denn sie habe das Objekt Ende 2015 fast leerstehend, in einem sanierungsbedürftigen Zustand und in Kenntnis des zukünftigen Nutzungsverbots erworben. Sie habe den Abriss und eine neue Bebauung geplant. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 06.03.2017 Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 24.10.2017 als unbegründet zurückwies.
Am 27.11.2017 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass sie nach dem Auslaufen des Mietvertrages mit der A GmbH zum 31.12.2015 über 8500 mqm Bürofläche und 86 Stellplätzen keinen normalen Rohertrag aus der Vermietung des Gebäudes mehr habe erzielen können. Außerordentliche Nutzungsentgelte habe sie lediglich für das Aufstellen von Antennen durch die B GmbH in Höhe von ... € p. a. sowie einer Vermietung der Parkfläche an die C GmbH in Höhe von ... € p. a. erzielen können. Die Behörde für YY habe in dem Gebäude ... durchgeführt und sich hierfür an den Nebenkosten mit einem Pauschalbetrag von ... € in 2016 beteiligt. Hierbei handle es sich jedoch um außerordentliche Einnahmen. Abzustellen sei nach § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 des Grundsteuergesetzes (GrStG) aber auf den normalen Rohertrag, der aus der gewöhnlichen Vermietung der Büroflächen zu erzielen sei. Nach Auslaufen des Mietvertrages mit der A GmbH Ende 2015 seien keine gewöhnlichen Mieteinnahmen mehr erzielt worden, so dass in 2016 eine Minderung der üblichen Jahresrohmiete von 100 % eingetreten sei. Jedenfalls sei von einer Minderung des normalen Rohertrags um mehr als 50 % auszugehen, wenn die geringfügigen Mieteinnahmen entgegen der von ihr vertretenen R...