rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer: Errichtung eines Neubaus i. S. des § 27 Abs. 2 UStG bei Sanierung eines Altgebäudes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Umbaumaßnahmen an einem ursprünglich zu Lagerzwecken errichteten achtgeschossigen Gebäude führen auch dann zur Herstellung eines Neubaus i. S. des § 27 Abs. 2 UStG, wenn zwar die tragenden Bestandteile aus Gründen des Denkmalschutzes erhalten bleiben, sich infolge der Sanierung aber der Nutzungs- und Funktionszusammenhang wesentlich geändert hat.

2. Eine derartige Änderung des Nutzungs- und Funktionszusammenhangs liegt vor, wenn mit der Sanierung fünf in sich abgeschlossene Büroeinheiten mit zeitgemäßem Standard geschaffen wurden, während das Gebäude vor der Sanierung als Wohnung oder Büro z. T. überhaupt nicht nutzbar und z. T. nur mit einfachstem Standard (z. B. Ofenheizung) ausgestattet und gegen sehr geringe Mieten genutzt worden war.

 

Normenkette

UStG § 27 Abs. 2, § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Abs. 1-2, § 15 Abs. 4, § 15a; UStG 1993 § 9 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anwendbarkeit der Übergangsregelung des § 27 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG). Dabei geht es um die Frage, ob der sog. A nach seiner ab dem Jahr 1999 von der Klägerin durchgeführten Sanierung noch als Altgebäude im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist.

Der A befindet sich auf dem Gelände des sog. "...", den Grundstücken X-Straße ..., .../..., Y-Straße, auf dem sich neben dem A auch die B befindet. Diese Grundstücke befanden sich zunächst im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg, seit 1960 im Eigentum der Familie ... und ab dem ... 1990 im Miteigentum der C AG und der D AG. Mit notariellem Kaufvertrag vom ... 1994 (in Auszügen Rechtsbehelfsakten -RbA- Bl. ...) erwarb die Klägerin - seinerzeit noch mit zwei weiteren Gesellschaftern, die im Jahr 1998 ausschieden - die Grundstücke.

Der A wurde von 19... bis 19... errichtet und diente zunächst der ... für das bis ca. 1938 auf dem Areal betriebene ... Seit den fünfziger Jahren nutzte die Firma E & Co. als Mieterin die B und den A zur Herstellung von ...

Mit Mietvertrag vom ... 1985 vermietete das E die Räume im 4. OG des A für DM 120,00 monatlich als Werkstatt an Herrn F (Anlage K 5, FGA Anlagenband). Der Mietvertrag enthielt den Zusatz: "HEW + HWW-Anschluß - Installation zu jeweils 50 % Vermieter und Mieter". Ferner schlossen die Parteien am selben Tag einen Wohnraummietvertrag über die Räume im 3. OG des A, der einen vorherigen Mietvertrag vom ... 1984 ablöste, zu einem Mietzins von zunächst DM 180,00 pro Monat (Anlage K 6, FGA Anlagenband). In der Anlage zu diesem Vertrag stellten die Parteien fest, dass der Mieter das Treppenhaus mit einer Wand von der Wohnung abgetrennt, zwischen Küche und Bad eine Wand gezogen, eine Wasserleitung vom 2. in das 3. OG gelegt, die elektrische Anlage vom Anschluss im 2. in das 3. OG verlegt und das Ofenrohr vom 3. in das 4. OG verlegt habe. Nach einer Kündigung der Mietverträge durch die Klägerin schlossen die Klägerin und Herr F am ... 1997 vor dem Amtsgericht Hamburg einen Vergleich über die Räumung der angemieteten Geschosse und weiterer von Herrn F genutzter Räumlichkeiten bis zum 31.12.1998 (Sitzungsprotokoll, Anlage K 13, FGA Anlagenband).

Am ... 1987 vermietete das E das 7. und 8. OG des A an Herrn G "zu Wohnzwecken/Lagerzwecken" für DM 100,00 monatlich (vgl. Mietvertrag, Anlage K 4, FGA Anlagenband). Herr G schloss mit verschiedenen Künstlern, die die Räume als Atelier und zu Wohnzwecken nutzten, Untermietverträge. Außerdem befand sich in den Räumen seit 1990 die Geschäftsstelle des Vereins ... e.V. Das Mietverhältnis wurde von der Klägerin und Herrn G mit Vertrag vom ... 1999 aufgehoben, nachdem das Bezirksamt ... am ... 1996 die Nutzung der beiden oberen Geschosse wegen baurechtlicher Unzulässigkeit im Hinblick auf einen fehlenden zweiten Rettungsweg untersagt (Anlage K 18, FGA Anlagenband) und das Verwaltungsgericht Hamburg die hiergegen gerichtete Klage des Herrn G mit Urteil vom ... 1998 (Anlage K 10, FGA Anlagenband) abgewiesen hatte.

Im 5. und 6. OG des A befanden sich die Siloanlagen. Nach dem Auszug des E wurden diese Geschosse nicht mehr genutzt.

Nach einem im Auftrag der Klägerin durch den Gutachter H am 01.07.2009 erstellten Gutachten über den Verkehrswert des A zum 01.01.1999 (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 02.08.2012, FGA Anlagenband) handelte es sich zu diesem Zeitpunkt um einen achtgeschossigen Putzbau in Spannbetonkonstruktion mit massiven Außen- und Innenwänden aus Beton und einem Flachdach als Stahlbetondecke (Ziff. 5.1.1, 5.2.1 und 5.2.3). Da das 4. bis 8. OG ehemals Siloanlagen zur ... mit geringen Geschosshöhen gewesen seien, sei nur die Nutzung der erst vier Geschosse möglich gewesen. Diese Flächen seien ursprünglich als Lagerflächen mit wenigen Fensteröffnungen ausgestattet gewesen (Ziff. 5.1.1 und 5.1.3). Der A habe wegen seiner Engräumigkeit über eine begrenzte Nutzungsflexibilität verfügt; nur mit seitlichen Grundrisserweiterungen sei eine Verwen...

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