Revision eingelegt (BFH II R 15/17)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Hamburgische Spielvergnügungsteuer: Anforderungen an die Spielvergnügungsteuer-Nachschau - Auslesen interner Datenspeicher - Verfassungsmäßigkeit des HmbSpVStG
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen einer Spielvergnügungsteuer-Nachschau gemäß § 11 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 HmbSpVStG sind die zuständigen Behörden auch dazu berechtigt, (unangekündigt) die internen Datenspeicher von Geldspielgeräten mittels eines eigenen Auslesegerätes auszulesen, um so an die internen Aufzeichnungen der Nutzungsdaten der Geldspielgeräte zu gelangen.
2. § 11 HmbSpVStG ist verfassungskonform; weder verletzt die Vorschrift den Bestimmtheitsgrundsatz, noch liegt eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bzw. "auf Datenschutz" gemäß Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 GG und Art. 19 Abs. 3 GG vor.
3. Die sachliche Richtigkeit einer den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechenden Buchführung ist auch dann widerlegt, wenn die Ausleseergebnisse der Finanzbehörden von denen des Steuerpflichtigen abweichen und weitere Umstände Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit bieten.
Normenkette
AO § § 140 ff., § 147 Abs. 6, §§ 158, 162 Abs. 1-2; HmbSpVStG § 10 S. 1, § 11 Abs. 1-2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 14, 19 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Spielvergnügungsteuerbescheid, mit welchem der Beklagte als Ergebnis einer Nachschau die Spielvergnügungsteuer abweichend von der klägerischen Steueranmeldung festsetzte.
Die Klägerin betreibt eine Spielhalle mit Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten in der X-Straße ... in Hamburg. Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin ist A. An den in der Spielhalle befindlichen Spielgeräten nahm A für den Zeitraum vom 2. April bis 2. Mai 2012 eine Auslesung vor.
Mit Anmeldung vom 9. Mai 2012 meldet die Klägerin auf amtlichem Vordruck die Spielvergnügungsteuer gemäß § 8 des Hamburgisches Spielvergnügungsteuergesetz (HmbSpVStG) für den Streitzeitraum April 2012 an. Dabei erklärte sie einen Spieleinsatz gemäß § 1 Abs. 3 HmbSpVStG i. H. v. ... € und errechnete darauf eine Steuer i. H. v. ... €.
Am 22. Mai 2012 beabsichtigte der Beklagte, bei der Klägerin eine Spielvergnügungsteuer-Nachschau durchzuführen, die allerdings daran scheiterte, dass A, welcher den einzigen Schlüssel zu den Spielgeräten vorhielt, nicht vor Ort war und den Mitarbeitern des Beklagten damit der Zugriff auf die Spielgeräte verwehrt war.
Vereinbarungsgemäß erfolgte die Nachschau dann am 23. Mai 2012. Dabei lasen die Mitarbeiter des Beklagten B und der Zeuge C mithilfe des Auslesegeräts YY der Firma D die in den jeweiligen Spielgeräten vorhandenen Daten aus. Die Daten wurden dabei durch Andocken an die VDAI Schnittstelle des jeweiligen Spielgeräts auf eine SD-Karte im Auslesegerät überspielt und später mithilfe der mitgelieferten Software der Firma D an einem PC-Arbeitsplatz des Beklagten ausgedruckt. Ausgelesen wurden dabei zum einen die Daten vom Tag der letzten Auslesung (2. Mai 2012) bis zum Tag der Nachschau (23. Mai 2012), zum anderen die Daten der vorangegangenen Auslesung in Form eines Kurzausdrucks (2. April 2012 bis 2. Mai 2012).
Für den Zeitraum vom 3. Mai 2012 bis zum 23. Mai 2012 ergab sich ein Spieleinsatz i. H. v. ... €. Für den Zeitraum vom 2. April 2012 bis zum 2. Mai 2012 betrug dieser ... €. Daraufhin forderte der Beklagte die Klägerin auf, für den Monat April die einzelnen Geräteausdrucke einzureichen. Diesem kam die Klägerin am 21. November 2012 nach. Bei Auswertung der Ausdrucke stellte der Beklagte fest, dass die Klägerin für das Gerät mit der Nr. XXX-1 nur für die Zeit ab dem 15. April 2012 ein Spieleinsatz erfasst hatte, obwohl es seit dem 13. Februar 2012 in der Spielhalle aufgestellt war. Ebenso erfasste die Klägerin für April 2012 nur das Tauschgerät mit der Nr. XXX-2 ab dem 19. April 2012. Das ausgetauschte Gerät mit der Nr. XXX-3, das bis zum 19. April 2012 betrieben wurde, wurde hingegen nicht mit einem Spieleinsatz erfasst. Zudem konnte der Beklagte seinem Ausleseausdruck für das Gerät XXX-4 einen Spieleinsatz für den April 2012 entnehmen, obwohl es gemäß der Anmeldung der Klägerin erst am 2. Mai 2012 in Betrieb genommen worden sein sollte. Bei dem Vergleich der eigenen Auslesungen mit den Ausdrucken der Klägerin stellte der Beklagte zudem fest, dass die Positionen "Nachfüllungen" und "Hopperinhalt" identisch waren, jedoch die Größen "Einwurf" und "Auswurf" sowie die Größe "Saldo 2" auf den Ausdrucken der Klägerin halbiert waren.
Für das Gerät mit der Nummer XXX-1 und dass gegen das Gerät mit der Nummer XXX-2 ausgetauschte Gerät schätzte der Beklagte aufgrund der vorhandenen Auslesungen auf Grundlage des runtergebrochenen Tagesspieleinsatzes die Spieleinsätze für die Tage, für welche keine Auslesungen im Monat April vorlagen. Insgesamt ergibt sich dabei folgendes Bild:
Spielgerät |
Auslesung Klägerin |
Auslesung Beklagter |
|
XXX-5 |
... € |
.... |