Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitliche Leistung bei der Umsatzsteuer: umsatzsteuerliche Bewertung einer sog. Dinner-Show
Leitsatz (amtlich)
Die Dinner-Show stellt eine komplexe (einheitliche) Leistung zweier (Haupt-) Leistungen dar. Die Leistungen sind aus der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Durch die Kombination von Show und Bewirtung wird etwas eigenständiges Drittes geschaffen, das den Charakter der Veranstaltungen prägt.
Normenkette
UStG § 12
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsätze aus der Veranstaltung einer "Dinner-Show" als einheitliche Leistung anzusehen sind und dem Regelsteuersatz unterliegen.
Die Klägerin veranstaltete in den Streitjahren in verschiedenen deutschen Städten in speziell hierfür aufgebauten, temperierten X-Zelten ("YY") Varieté-Shows unter gleichzeitiger Erbringung von Bewirtungsleistungen. Eine Veranstaltung dauerte circa vier Stunden und bestand aus einer Varieté-Show, die durch vier Menü-Gänge unterbrochen wurde. Jeder Gang dauerte circa zwanzig bis dreißig Minuten. Die Varieté-Show wurde durch verschiedene Künstler aus dem In- und Ausland gestaltet; für die Bewirtung wurden namhafte deutsche Spitzenköche engagiert (Bl. 13, 34 FGA). Die Veranstaltung wurde durch die Klägerin unter anderem beworben als "charmante Mixtur aus erstklassigem Entertainment und erlesenen Gaumenfreuden" ... "im wundervollen Ambiente des YY" (Bl. 77 Rb-Akte). Die Kunden konnten zwischen verschiedenen Sitzplatzkategorien wählen. Die Preise variierten je nach Platzkategorie und Wochentag. Die von den Kunden erworbenen Getränke wurden stets getrennt in Rechnung gestellt.
Seit der Saison 2011/2012, d. h. seit April 2011, war es in bestimmten Platzkategorien möglich, sogenannte Only-Show-Tickets zu erwerben, welche den Zugang zu der Showveranstaltung ohne Inanspruchnahme des Menüs ermöglichten. Pro Saison wurden solche Tickets in einer niedrigen zweistelligen Anzahl je Standort verkauft; beispielsweise 13 Tickets in der Saison 2012/2013 am Standort A. Im Vergleich dazu wurden je Abend und Veranstaltung circa 300 bis 360 Personen bewirtet und unterhalten (Bl. 34 FGA). Für Gäste, die Only-Show-Tickets erworben hatten, bestand die Möglichkeit, unmittelbar vor oder während der Show ein Menü dazu zu buchen (Bl. 63 FGA). Es bestand nicht die Möglichkeit, nur das Menü zu buchen.
Die Veranstaltungen folgten einem vorgegebenen Ablaufplan, durch den die Show und Bewirtung zeitlich aufeinander abgestimmt wurden (Bl. 66 FGA). So wurden die Gäste zunächst in dem Vorzelt begrüßt und bereits dort durch einige Künstler unterhalten; es bestand die Möglichkeit, etwas zu trinken. Sodann begaben sich die Gäste in das Hauptzelt zu ihrem gebuchten Sitzplatz (Bl. 22 FGA). Während der Veranstaltung saßen sie nicht in Stuhlreihen, sondern an Tischen, die um eine zentrale Mittelbühne herum aufgestellt waren. Die Show-Darbietung fand im Wesentlichen auf dieser Bühne statt. Nach der ersten Show-Darbietung von circa 23 Minuten folgte nach kurzer Ansage der erste Gang, der circa 19 Minuten dauerte. Sodann erfolgte die zweite Show-Darbietung und so weiter. Während des Essens fanden eine musikalische Begleitung sowie einzelne individuelle Vorführungen von Künstlern an den Tischen statt. Von der Gesamtdauer der Veranstaltung von vier Stunden entfielen circa eineinhalb Stunden auf die Bewirtung. Nach der jeweils letzten Darbietung konnten die Gäste im Vorzelt noch an einer Party mit den Künstlern teilnehmen (Bl. 22 FGA). Die Bewirtung und die Show waren inhaltlich nicht aufeinander abgestimmt, sondern variierten unabhängig voneinander je nach Standort und Saison (Bl. 35 FGA). In Online-Bewertungsportalen wurden die Show und die Bewirtung zumeist durch die Gäste getrennt voneinander bewertet (vgl. Anl. K39).
Die Klägerin behandelte die Umsätze der Dinner-Show im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldungen derart, dass sie die auf den Bewirtungsanteil entfallenden Umsätze dem Regelsteuersatz des § 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) und die auf den Showanteil entfallenden Umsätze dem ermäßigten Steuersatz gemäß §12 Abs. 2 Nr. 7 UStG unterwarf.
Nachdem der Beklagte für die Zeiträume Juli bis Dezember 2009 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchgeführt hatte, vertrat er die Auffassung, es handle sich bei den ausgeführten Umsätzen um eine einheitliche Leistung, die vollständig dem Regelsteuersatz des § 12 Abs. 1 UStG unterliege. Die Klägerin reichte daraufhin ab diesem Zeitpunkt Umsatzsteuervoranmeldungen ein, in denen sie die hier streitigen Umsätze aus dem Verkauf der Tickets für "das Gourmet-Menü & die Show" einheitlich der Ansicht des Beklagten folgend dem Regelsteuersatz gemäß § 12 Abs. 1 UStG und die Umsätze aus dem Verkauf der "Only-Show-Tickets" dem ermäßigten Steuersatz gemäß §12 Abs. 2 Nr. 7 UStG unterwarf. Gegen die jeweilige Umsatzsteuervoranmeldung, die einer Steue...