Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1a GewStG - Hinzurechnung und Versteuerung in Fällen eines negativen Gewerbeertrags kein Ausnahmefall, der abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen begründen kann
Leitsatz (amtlich)
1. Entgelte aus einer echten Forfaitierung sind gem. § 8 Nr. 1a Satz 3 GewStG hinzuzurechnen.
2. § 8 Nr. 1a GewStG ist nicht verfassungskonform einschränkend auszulegen.
3. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1a GewStG. Dies gilt auch dann nicht, wenn der Steuerpflichtige einen negativen Gewerbeertrag gem. § 7 GewStG erzielt hat.
4. Die Hinzurechnung und Versteuerung in Fällen eines negativen Gewerbeertrags ist kein Ausnahmefall, der eine abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO begründen kann. Hätte der Gesetzgeber die Hinzurechnung auf die Fälle begrenzen wollen, in denen die zu zahlenden Gewerbesteuern noch aus dem Gewinn hätten bezahlt werden können, so hätte er dieses geregelt. Eine solche Ausnahme wäre möglich und leicht regelbar gewesen.
Normenkette
GewStG §§ 7-8; AO §§ 163-164
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 1a Gewerbesteuergesetz (GewStG) durchzuführen sind oder ob diese Hinzurechnungen verfassungswidrig sind. Außerdem streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf abweichende Steuerfestsetzung gem. § 163 Abgabenordnung (AO) hat.
Die Klägerin wurde ... gegründet. Im Handelsregister ist als Gegenstand des Unternehmens der Handel mit Waren aller Art eingetragen. Die Klägerin gehört zu einem iranischen Unternehmenskonzern. Auf Nachfrage eines iranischen Unternehmens, welches zu der Konzerngruppe gehört, suchte die Klägerin einen geeigneten Lieferanten überwiegend in Europa. Die Tätigkeit der Klägerin umfasste neben der Suche der Lieferanten, auch die Auswahl des günstigsten Angebots und die Aushandlung von Liefer- und Zahlungsmodalitäten. Die Ware wurde von den Lieferanten direkt an die Kunden der Klägerin in den Iran geliefert. Die Klägerin übernahm anschließend die finanzielle und kaufmännische Abwicklung der jeweiligen Aufträge für ihre Kunden im Iran. Die Zahlungen durch die Klägerin erfolgten im Wege von Akkreditiven. Das Zahlungsziel der von den iranischen Banken erstellten Akkreditiven betrug ca. 1 Jahr. Zur Eröffnung des Akkreditivs stellte die Klägerin an den jeweiligen Kunden eine Proforma-Rechnung, die die entsprechende Ware enthielt. Der Rechnungsbetrag beinhaltete die Marge der Klägerin sowie die Gebühren des Akkreditivs und die Zinsen. Anschließend wurde von einer in Deutschland ansässigen Bank ein entsprechend übertragbares Akkreditiv auf Nachsichtbasis zugunsten der Klägerin übernommen. Das Akkreditiv wurde mit der Option der Forfaitierung der Nachsichtperiode an den Zweitbegünstigten, den Lieferanten, übertragen. Der Lieferant präsentierte anschließend die Unterlagen bei der Bank. Die Bank, die ihren Sitz im Iran hat, eröffnete daraufhin das Akkreditiv. Anschließend wurde das Fälligkeitsdatum festgelegt und der Prozess der Forfaitierung begann. Nach den Verhandlungen der Klägerin über die Zinsen und Gebühren erfolgte die entsprechende Abrechnung und Gutschrift an die Klägerin und den Lieferanten.
Die Klägerin erklärte für 2008 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG in Höhe von ... € und Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1d GewStG in Höhe von ... €.
Für 2009 erklärte die Klägerin einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG in Höhe von ... € und Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1d GewStG in Höhe von ... €.
Für 2010 erklärte die Klägerin einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG in Höhe von ... € und Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1d GewStG in Höhe von ... €.
Auch für das Jahr 2011 erklärte die Klägerin einen Verlust aus Gewerbebetrieb, dieses Mal in Höhe von ... €, Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG in Höhe von ... € und Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1d GewStG in Höhe von ... €.
Wegen der steuerlichen Auswirkungen wird auf die entsprechenden Steuerbescheide und die Darstellung in der Einspruchsentscheidung vom 23.02.2016 verwiesen.
Zusammen mit der Abgabe der Steuererklärungen für 2008 stellte die Klägerin mit Schreiben vom 14.01.2010 einen Antrag auf Nichtberücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen nach § 163 AO für 2008. Hierin begehrte die Klägerin, bei der GewSt-Veranlagung 2008 keine Hinzurechnung der Zinsen nach § 8 Nr. 1a GewStG vorzunehmen, da diese Hinzurechnung sowohl gegen die objektive Leistungsfähigkeit des Betriebes verstoße als auch zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung führe. Aus einem Jahresüberschuss 2008 (vor Ertragsteuern) von ... € resultiere eine Ertragsteuerbelastung von ... €. Dies bedeute für 2008 eine Ertragsteuerbelastung auf Gesellscha...