Leitsatz (redaktionell)
Rechtswirksamkeit (Gültigkeit) der „Grenzzahlregelung” gemäß den §§ 116 ff. BO.
Normenkette
BranntwMonG i.d.F. der VO v. 7. Dezember 1944 (Reichszollblatt 1944, S. 210) § 57; BO § 116 ff.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte den Kläger zu Recht nicht zum Abfindungsbrennen zugelassen hat.
Am 01. Oktober 1919 betrug die sog. „Grenzzahl” der in dem Oberfinanzbezirk Hannover zugelassenen Abfindungsbrennereien sieben, im Jahre 1950 -nach Auffassung des Beklagten- (nur noch) vier. Zwei Abfindungsbrennereien wurden in den Jahren 1923 und 1929 in Verschlussbrennereien umgewandelt. Eine weitere Brennerei verlor die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, infolge eines Monopolvergehens im Jahre 1950.
Mit Schriftsatz vom 21.04.1994 beantragte der Kläger die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung einer Obstabfindungsbrennerei im Sinne des § 57 des Gesetzes über das Branntweinmonopol. Der Beklagte lehnte diesen Antrag unter Hinweis auf die im Oberfinanzbezirk Hannover bereits erreichte Grenzzahl (vier Obstabfindungsbrennereien) ab. Der Kläger legte dagegen mit Schriftsatz vom 06.06.1994 Beschwerde ein. Zur Begründung führte er u. a. aus, es sei nicht nachvollziehbar, wieso eine in der Brennereiordnung erwähnte Grenzzahl im OFD-Bezirk erreicht sei. Wenn eine gesetzlich nicht geregelte Grenzzahl Ablehnungsgrund sein solle, scheine die Ablehnung des Beklagten eine Ermessensentscheidung zu sein. Für eine Ermessensentscheidung wären die Gründe anzugeben, was nicht geschehen sei.
Die Beschwerde wies die Oberfinanzdirektion Hannover mit ihrer Beschwerdeentscheidung vom 12. Oktober 1994 zurück. Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage vom 14.11.1994.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger u. a. Folgendes vor:
Die Grenzzahlregelung verstoße im Hinblick auf die sehr zahlreichen Zulassungen von Abfindungsbrennereien im Süden und den wenigen Zulassungen im Norden Deutschlands gegen Art. 3 GG und sei deshalb unwirksam.
Die Grenzzahl der Abfindungsbrennereien im Oberfinanzbezirk Hannover betrage – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht vier, sondern sieben, möglicherweise sogar acht. Die Umwandlung von zwei Abfindungsbrennereien in Verschlussbrennereien sowie der Verlust einer Abfindung infolge eines Monopolvergehens habe nicht dazu geführt, dass die am 01. Oktober 1919 gegebene Grenzzahl auf vier Brennereien gesunken sei. Es seien deshalb mindestens drei weitere Brennereien zum Brennen unter Abfindung auf Antrag zuzulassen, weshalb seinem Antrag bzw. der Klage zu entsprechen sei.
Die Ermächtigungsvorschrift des § 57 Branntweinmonopolgesetz (in der Fassung der Verordnung vom 07. Dezember 1944) für die die Grenzzahl regelnden Vorschriften der §§ 116 bis 119 Brennereiordnung sei wegen Verstoßes gegen Art. 80 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz ungültig und damit nichtig. Die vom Beklagten zur Ablehnung seines Antrages angeführten Vorschriften der §§ 116 bis 119 BO seien deshalb nichtig und könnten vom Beklagten nicht als Begründung für die Ablehnung seines Antrages angeführt werden.
Da § 57 Branntweinmonopolgesetz (i. d. F. der Verordnung vom 07. Dezember 1944) nichtig sei, komme die Regelung des § 57 Branntweinmonopolgesetz i. d. F. vom 08. April 1922 wieder zur Anwendung. Nach § 57 Branntweinmonopolgesetz a. F. könnten Abfindungsbrennereien zugelassen werden, sofern durch die Zulassung dieser Brennereien zur Abfindung die Zahl der am 01. Oktober 1919 in dem Verwaltungsbezirk vorhandenen abgefundenen Obstbrennereien nicht erhöht werde. Die Zahl der zur Abfindung zuzulassenen Brennereien ergebe sich somit ausdrücklich aus einer mit dem Grundgesetz in Einklang stehenden gesetzlichen Vorschrift. Einer Rechtsverordnung bedürfe es insoweit nicht. Da nach eigenem Bekunden des Beklagten die Zahl der zur Abfindung zugelassenen Brennereien am 01. Oktober 1919 sieben betragen habe, seien drei weitere Brennereien zum Brennen unter Abfindung auf Antrag zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 05. Mai 1994 in Gestalt der Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 12. Oktober 1994 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Genehmigung zur Errichtung einer Abfindungsbrennerei i. S. d. § 57 des Gesetzes über das Branntweinmonopol zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er u. a. Folgendes vor:
Die vom Kläger erhobenen Bedenken gegen die im Oberfinanzbezirk Hannover bestehende Grenzzahl (vier Abfindungsbrennereien) seien rechtlich nicht begründet. Diese Grenzzahl sei seit der letzten Veränderung im Jahre 1950, also seit nunmehr 49 Jahren, unverändert. Selbst wenn die Verringerung von sieben (im Jahre 1919) auf vier (bis zum Jahre 1950) unrechtmäßig erfolgt sein sollte, so wäre dies heute schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht mehr angreifbar. Ungeachtet dieses Gesichtspunktes sei die Verringerung des Besitzstandes von sieben auf vier Brennereien auf der Basis des geltenden Rechtes zutreffe...