Leitsatz (redaktionell)
1. Keine Gemeinnützigkeit eines Vereines, wenn bei Aufnahme neuer Mitglieder, Satzungsänderungen und Liquidation das Prinzip der Einstimmigkeit gilt.
2. Keine Gemeinnützigkeit, wenn bei volks- und jugendbildenden Zwecken kein Bildungskonzept erkennbar ist.
3. Keine Gemeinnützigkeit, wenn der Verein nicht die Verantwortung für den Inhalt von Veranstaltungen trägt, die von Mitveranstaltern organisiert werden.
Normenkette
AO §§ 51, 52 Abs. 1 S. 1, § 60 Abs. 1, § 56 Abs. 1; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger als gemeinnütziger Verein zu behandeln und deshalb für das Streitjahr 1989 von der Körperschaftsteuer freizustellen ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG), §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO)).
Der Kläger wurde am 18.11.1984 gegründet und in das Vereinsregister des Amtsgerichts Hamburg (Nr. …) eingetragen. Der Kläger beantragte im März 1985 unter Vorlage seiner damaligen Satzung die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft. Die in 1985 beim Beklagten eingereichte Satzung enthielt unter anderen folgende Regelungen:
§ 2
„Der Verein hat den Zweck, ein Heim zu unterhalten.
Dieses Heim soll eine Bildungsstätte sein, in der die Werte der Familie gepflegt werden, und ferner die natürliche Entfaltung der Familie und ihre gemeinschaftserhaltenden Werte gesichert werden.
Es sollen ferner kulturelle Veranstaltungen wie Dichterlesungen, Filmvorführungen und ähnliches durchgeführt werden, ferner fachwissenschaftliche Tagungen. In den Räumen soll Platz für ein anthropologisches Museum vorgesehen werden. Es sollen ferner Seminare durchgeführt werden, in denen auf die Bedeutung der Völkerverständigung und des Abbaues von Vorurteilen insbesondere mit den skandinavischen Völkern hingewiesen werden.
Der Verein ist Trägerverein für das Heim … im Sinne dieser Zwecke.”
§ 4 Abs. 1:
„Mitglieder können natürliche und juristische Personen sein. Die Aufnahme eines Mitgliedes kann nur erfolgen, wenn alle bis dahin dem Verein angehörenden Mitglieder aufgrund einer ordnungsgemäß einberufenen Jahreshauptversammlung zustimmen.
…
Der Ausschluß ist nur bei vereinsschädigendem Verhalten zulässig. Gegen den Ausschluß steht dem Mitglied das schriftliche Einspruchsrecht zu, worauf die Mitgliederversammlung zu entscheiden hat. Sollt die Mitgliederversammlung den Ausschluß bestätigen, hat das Mitglied ferner das Recht, den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten.”
§ 6 Abs. 5 regelt:
„Jede durch den Vorstand ordnungsgemäß einberufene Mitgliederversammlung ist beschlußfähig. Beschlüsse werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefaßt. Für Satzungsänderungen und für die Auflösung des Vereins ist die Einstimmigkeit erforderlich.”
Auf Anregung des Beklagten änderte der Kläger seine Satzung in einzelnen Punkten. Der Beklagte hatte Änderungshinweise für § 3 der Satzung und zur Formulierung des Satzungszweckes gegeben (Bl. 6,7 Allg).
Laut Protokoll der Mitgliederversammlung vom 31.01.1986 (Bl. 9 Allg) wurde neben anderen Änderungen § 2 Satz 2 durch folgende neue Formulierung ersetzt:
„… Dieses Heim soll eine Stätte sein, in der sich Familien begegnen können, in der Beratung zur Familiengründung erfolgen soll, wo Gedankenaustausch und Weiterbildung in Fragen der Kinder- und Jugenderziehung auch auf internationaler Basis ermöglicht wird und eine familienfördernde Einstellung vermittelt wird … ”
§ 4 Abs. 1 (Aufnahme neuer Mitglieder) und § 6 Abs. 5 (Satzungsänderungen und Auflösung des Vereins) blieben unverändert.
Der Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin am 05.10.1988 eine vorläufige Bescheinigung darüber, daß der Verein gemeinnützigen Zwecken im Bereich der Erziehung diene. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine endgültige Entscheidung über die Anerkennung einer Gemeinnützigkeit erst im Veranlagungsverfahren erfolgen könnte. Die vorläufige Bescheinigung galt für die Dauer von 18 Monaten (bis zum 04.04.1990) (Bl. 1,2 KSt-A).
Der Kläger änderte am 27.02.1990 seine Satzung und formulierte den Satzungszweck neu (Bl. 24, 25 Allg). § 2 der Satzung erhielt folgende Fassung:
„Der Verein hat den Zweck, ein Volksbildungs- und Jugendheim zu unterhalten. In diesem Heim sollen die Erziehung, die Volksbildung, die Jugendpflege und die Völkerverständigung sowie der Abbau von Vorurteilen insbesondere mit den skandinavischen Völkern gefördert werden.
Dieses Heim soll eine Stätte sein, in der sich Familien begegnen können, wo Gedankenaustausch und Weiterbildung in Fragen der Kinder- und Jugenderziehung auch auf internationaler Basis möglich wird und die natürliche Entfaltung der Jugendlichen in der Familie und in Jugendgruppen gefördert wird.
Dies soll insbesondere geschehen durch
- den Erfahrungsaustausch und die Weiterbildung von Eltern, Erziehern und Jugendleitern;
- die Bildung von Kindern und Jugendlichen durch Vorträge und musisches Arbeiten;
- die Wissensvermittlung und Anregung für eine menschenwürdige, gesunde, gemeinschaft – und umwelterhaltene Lebensführung;
- die Jugendpflege in Jugendgruppen;
- das Verstän...