Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Ausfuhrerstattung wegen Verstößen gegen den Schutz der Tiere beim Transport (hier: Rinder) betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen
Leitsatz (amtlich)
1. Vor dem Hintergrund, dass der wesentliche Zweck der VO Nr.615/98 darin besteht, das Wohlbefinden der Tiere während des Transports zu gewährleisten, geht es über das dazu Erforderliche hinaus, die Gewährung der Ausfuhrerstattung insgesamt schon bei jeder objektiven Verletzung einer Regelung der Richtlinie 91/628/EWG unabhängig von einer festgestellten Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Tiere zu versagen.
2. Art. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98, wonach die Zahlung der Ausfuhrerstattung für lebende Rinder der KN-Codes 0102 (u.a.) die Einhaltung der Richtlinie 91/628/EWG voraussetzt, ist daher im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen, dass jedenfalls ein Verstoß gegen die Transport- und Ruhezeiten der Richtlinie 91/628/EWG nur dann den Verlust des Erstattungsanspruchs zur Folge hat, wenn die Nichteinhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzvorschriften nachweislich - d.h. feststellbar - zu einer Beeinträchtigung des Wohls der Tiere geführt hat.
Normenkette
EGV 800/1999 Art. 25, 52; EGV 1254/1999 Art. 33 Abs. 9; EGV 615/98 Art. 1; EWGRichtl-91/628
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung.
Mit Ausfuhranmeldung vom 27.1.2000 meldete die Klägerin 34 lebende (Schlacht-)Rinder zur Ausfuhr nach Ägypten an. Die Ausfuhr sollte zunächst mit einem LKW zum italienischen Hafen Triest und von dort mit einem Schiff nach Ägypten erfolgen. Der Tiertransportinspektor des Amtes der Kärntner Landesregierung, Dr. A, vermerkte auf dem Kontrollexemplar T 5 unter dem 28.1.2000, dass er am 28.1.2000 zwischen 10:45 Uhr und 11:30 Uhr eine Tiertransportkontrolle auf einem Rastplatz vorgenommen habe und stellte fest: "Transportintervall überschritten, kein Wasservorrat". Am 29.1.2000 vermerkte der Amtsveterinär des Hafens Triest auf dem Kontrollexemplar T 5: "Controllato e risultato conforme alle disposizioni dell’articolo 2 del regolamento615/98".
Nach der Transporterklärung des Zulieferers, der V Viehhandelsgesellschaft mbH., begann die Verladung in B am 27.1.2000 um 13:00 Uhr. Ausweislich des Transportplans wurden die Tiere erstmals am 27.1. 2000 um 21:00 Uhr für eine Stunde in Bad Brückenau getränkt und gefüttert. Die Weiterfahrt erfolgte um 22:00 Uhr. Am 28.1.2000 fand dann in der Zeit von 8:20 Uhr bis 8:40 Uhr eine erste veterinärärztliche Kontrolle durch den Veterinär des Landes Salzburg, Herrn Mag. med. vet. Dr. C, und von 10:45 Uhr und 11:30 Uhr eine zweite veterinärärztliche Kontrolle durch den Veterinär des Amtes des Kärntner Landesregierung, Dr. A, statt. Auf Anordnung von Dr. A wurden die Tiere vor der Weiterfahrt getränkt. Der LKW erreichte seinen Bestimmungsort am 28.1.2000 um 15:00 Uhr.
Mit Bescheid vom 14.3.2000 setzte der Beklagte unter dem Vorbehalt, dass der Anspruch auf die festgesetzte Ausfuhrerstattung entsteht und form- und fristgerecht nachgewiesen wird, antragsgemäß Ausfuhrerstattung in Höhe von 21.802,66 DM fest.
Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Tiertransportinspektor des Amtes des Kärntner Landesregierung, Dr. A, mit, dass er fehlenden Wasservorrat, überschrittene Tränkintervalle und nicht plausible Angaben bezüglich des Zeitpunktes des Verladens und der Abfahrt festgestellt und deswegen Strafanzeige bei der Bezirkshauptmannschaft Villach erstattet habe. Ein Strafverfahren wurde gegen die Klägerin jedoch nicht eingeleitet.
Mit Änderungsbescheid vom 16.11.2000 forderte der Beklagte die gezahlte Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags von 10% zurück. Zur Begründung gab er an, die Tränkintervalle seien überschritten bzw. nicht eingehalten worden, der Wasservorrat sei nicht ausreichend gewesen und der Selbsttränker habe nicht funktioniert. Daher liege ein Verstoß gegen die Verordnung 615/98 vor.
Am 12.12.2000 legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren bat der Beklagte den Veterinär des Landes Salzburg, Dr. C, um Stellungnahme zu seiner Überprüfung am 28.1.2001. Dieser teilte daraufhin mit, in den Tanks habe sich im Überprüfungszeitraum kein Wasser befunden. Hintergrund sei, dass die Leitungen in den Tränkern bei Temperaturen um 0 Grad frören und die Fahrer das noch nicht getrunkene Wasser regelmäßig vor dem Überfahren der Hohen Tauern abließen. Diese Vorgehensweise sei zwar ärgerlich, aber nicht ungesetzlich, da in Kapitel VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG lediglich ein Anschluss für eine Wasserleitung erforderlich sei.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 16.9.2003 zurück.
Mit ihrer am 22.9.2003 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, die Tränkintervalle seien eingehalten worden und es sei auch ausreichend Futter und Wasser vorhanden gewesen. Die Ausführungen des Dr. A seien insoweit zu pauschal, tatsächlich seien noc...