Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung von Mineralöl als Betriebsstoff eines Kranschiffes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein hochseetüchtiger, selbstfahrender Schwimmkran ist kein Schiff i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG, sondern ein schwimmendes Arbeitsgerät gem. § 17 Abs. 5 MinöStV.

2. § 4 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 MinöStG ist nach Sinn und Zweck auszulegen. Dabei ist zwischen Fahrten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Arbeitsleistung stehen und reinen Beförderungsfahrten ohne einen solchen Zusammenhang zu differenzieren. Die Verwendung des Mineralöls für reine Beförderungsfahrten ist steuerbegünstigt.

3. Zur gewerblichen Schifffahrt gehört auch die Teilnahme an einer Schauveranstaltung (hier: Hamburger Hafengeburtstag), wenn dieser der Werbung und Aquirierung künftiger Aufträge dient.

 

Normenkette

MinöStG § 4 Abs. 1; MinöStV § 17 Abs. 5; EWGRL 81/92 Art. 8 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Besteuerung von Mineralöl, das sie zur Verwendung zum Betrieb eines Kranschiffs geliefert hat.

Das weltweit größte selbstfahrende, hochseetüchtige Kranschiff, die "A..." befand sich vom 27.4. bis 11.6.2002 in Hamburg, um zu Repräsentationszwekken am Hafengeburtstag teilzunehmen. Der Schwimmkran traf am 27.4.2002 aus Dänemark kommend in Hamburg ein und verlies Hamburg wieder am 11.6.2002 mit dem Ziel Norwegen. Arbeiten führte das Kranschiff in dieser Zeit nicht durch. Es verfügte nicht über eine förmliche Einzelerlaubnis zum Bezug steuerfreien Gasöls.

Am 30.4.2002 und am 2.5.2002 belieferte die Klägerin das Kranschiff mit insgesamt 301.231 l unversteuertem Gasöl. Ein kleiner Teil davon wurde im Hamburger Hafen verbraucht, der größte Teil wurde für die Fahrt nach Norwegen benötigt.

Mit Bescheid vom 27.6.2002 forderte der Beklagte für die 301.231 l Gasöl Mineralölsteuer in Höhe von 137.060,10 EUR nach. Zur Begründung verwies er darauf, dass die steuerfreie Verwendung von Schiffsbetriebsstoffen ausgeschlossen sei, da es sich bei dem Schwimmkran um ein schwimmendes Arbeitsgerät und kein Schiff handele. Den Einspruch der Klägerin vom 17.7.2002 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 16.9.2003 zurück.

Mit ihrer am 14.10.2003 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, die "A..." sei als Seeschiff zu behandeln und müsse daher in den Genuss der Steuerfreiheit kommen. Der Einsatz beim Hafengeburtstag sei auch zu kommerziellen Zwecken erfolgt. Zu privaten, nichtgewerblichen Zwecken werde ein Schiff nach Art. 8 Abs. 1 lit. c RL 92/81/EWG nur eingesetzt, wenn es von seinem Eigentümer oder einem sonst Berechtigten für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen benutzt werde. Die Nutzung für kommerzielle Zwecke sei im Streitfall augenscheinlich. So sei die Fahrt von Hamburg nach Norwegen erfolgt, um in Norwegen kommerzielle Aufträge durchzuführen. Auch die Repräsentation anlässlich des Hafengeburtstages sei als kommerziell anzusehen. Unter kommerzieller Schifffahrt sei nämlich auch die Nutzung eines Schiffes aus sonstigen geschäftlichen Gründen, zu denen auch die den Hauptzweck vorbereitenden Fahrten zählten, zu verstehen. Die Repräsentation beim Hafengeburtstag habe der Eigenwerbung und der Anbahnung von Geschäftskontakten und damit der Vorbereitung künftiger Einsätze gedient.

Die Klägerin beantragt, den Steuerbescheid vom 27.6.2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 16.9.2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er meint, der Schwimmkran habe weder eine Einzelerlaubnis noch die für Seeschiffe gem. § 21 MinöStV geltende allgemeine Erlaubnis besessen, da es sich um ein schwimmendes Arbeitsgerät handele. Die Steuerschuld sei nach § 9 Abs. 1 MinölStG entstanden, da die Klägerin das Mineralöl aus ihrem Steuerlager entfernt habe, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren angeschlossen habe. Selbst wenn man den Schwimmkran als Schiff ansähe, lägen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht vor, da das Repräsentieren während des Hafengeburtstags ein nichtgewerblicher privater Zweck gewesen sei, sodass schon deswegen eine Steuerbefreiung gem. § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG ausgeschlossen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Sachakte des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

I. Der Steuerbescheid vom 28.8.2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 6.10.2003 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Der Beklagte durfte die Klägerin nicht als Mineralölsteuerschuldnerin in Anspruch nehmen, da durch die streitgegenständliche Lieferung keine Mineralölsteuerschuld gem. § 9 MinöStG entstanden ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Bei dem Schwimmkran handelt es sich zwar nicht um ein Schiff i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG), sodass das für seinen Betrieb eingesetzte Mineralöl nich...

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