Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage: Anforderungen an die Zulässigkeit einer Umsatzsteuer-Nachschau und an den Übergang zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Feststellungsklage ist unzulässig, wenn im Zeitpunkt der Klageerhebung der Verwaltungsakt noch nicht erledigt ist, denn dann muss eine Anfechtungsklage gem. § 41 Abs. 2 FGO erhoben werden. Erledigt sich im laufenden Klageverfahren der Verwaltungsakt, kann aus der unzulässigen Feststellungsklage keine zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage werden.
2. Eine Umsatzsteuer-Nachschau gem. § 27b Abs. 1 UStG kann auch zur Feststellung genutzt werden, welches Kassensystem der Steuerpflichtige benutzt. Für eine solche Feststellung ist ein schriftliches Auskunftsersuchen nicht zwingend das mildere und geeignete Mittel. Eine Umsatzsteuer-Nachschau ist auch noch möglich, wenn bereits eine Vermutung besteht, der Steuerpflichtige könnte Umsatzsteuern hinterzogen haben. Die Steuerhinterziehung darf aber noch nicht mit Sicherheit feststehen, denn dann besteht bereits ein strafrechtlicher Anfangsverdacht und die Umsatzsteuer-Nachschau darf nicht zur Umgehung der Rechte des Steuerpflichtigen in einem Strafverfahren benutzt werden.
Normenkette
UStG § 27b; FGO §§ 41, 47, 100 Abs. 1 Satz 4
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau und Umsatzsteuer-Sonderprüfung rechtswidrig gewesen sind.
Der Kläger betreibt als Franchisenehmer eine "A"-Filiale in Hamburg-.... Der Finanzverwaltung lagen aus einem Sammelauskunftsersuchen bei dem Betreiber eines Internetbestellportals Umsatzdaten über Bestellvorgänge einzelner Food-Lieferanten für das Jahr 2014 vor, unter anderem betreffend den Kläger.
Am 25. Januar 2017 wurde von zwei Betriebsprüfern des Beklagten in der Filiale des Klägers eine Umsatzsteuer-Nachschau gemäß § 27b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) durchgeführt. Die Betriebsprüfer kamen zunächst zu den Geschäftsräumen des Klägers. Dort trafen sie nur eine Angestellte des Klägers an. Der Kläger wurde informiert und einer der beiden Betriebsprüfer erläuterte ihm telefonisch sein Anliegen. Anschließend verließen die beiden Betriebsprüfer die betrieblichen Räumlichkeiten des Klägers. Ca. 90 Minuten später kehrten die Betriebsprüfer zurück und übergaben dem Kläger und seiner anwesenden Steuerberaterin ein Schreiben über die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau. Darauf war als Umfang der Umsatzsteuer-Nachschau, die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung angegeben. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt das Schreiben nicht. Dem Kläger wurde ein Merkblatt zur ordnungsgemäßen Kassenbuchführung überreicht, und es wurde auf den Wegfall der Übergangszeit für die Vorgaben der neuen Kassenrichtlinie hingewiesen. Nach Abarbeitung einer Checkliste zur ordnungsgemäßen Kassenbuchführung wurde die Umsatzsteuer-Nachschau beendet und dem Kläger eine Mitteilung über den Übergang zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung nach § 27b Abs. 3 UStG überreicht. Darin wurden die Voranmeldezeiträume Januar bis Dezember 2014 als Prüfungsgegenstand genannt. Die Mitteilung enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung. Im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung forderten die Betriebsprüfer den Kläger auf, die Kassendaten für das Jahr 2014 in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Der Kläger überließ den Prüfern die Kassendaten ab dem 13. August 2014 im Wege des GdPdU-Exports. Anschließend wurde die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vor Ort beendet. Unmittelbar im Anschluss erfolgte in den Räumen des Finanzamts eine Verprobung des Kontrollmaterials, nachdem die Betriebsprüfer sich das Kontrollmaterial zuvor von der Steuerfahndung zukommen ließen.
Zur selben Zeit wurden auch bei den anderen "A" Franchisenehmern (insgesamt 14) Umsatzsteuer-Nachschauen durchgeführt und bei den anschließenden Umsatzsteuer-Sonderprüfungen die Daten für 2014 angefordert. Dieses Vorgehen war bei einer Besprechung in der Finanzbehörde, welche vom Referenten für Betriebsprüfung organisiert worden war, vorher festgelegt worden. Insbesondere wurden die Betriebsprüfer angewiesen, bei Nutzung von "XXX" als PC-Kassensystem zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung überzugehen. Bei diesem Treffen war auch ein Mitarbeiter des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg, Abteilung "ServiSta" anwesend.
Der Beklagte informierte mit Schreiben vom 6. Februar 2017 das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen über das Ergebnis der Verprobung, wonach im Kassensystem nicht erfasste Bestellungen in einem Zeitraum von 26 Tagen ein Volumen von 38.199,35 € (brutto) gehabt hätten. Am 14. Februar 2017 wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger für die Jahre 2011-2016 eingeleitet. Ebenfalls am 14. Februar 2017 wurde ein Durchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht Hamburg beantragt. Der hierfür erforderliche Anfangsverdacht basierte auf der vom Beklagten durchgeführten Verprobung der am 25. Januar 2017 beschafften Kassendaten. ...