Entscheidungsstichwort (Thema)

Negative Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn es beim Zufluss von Arbeitslohn nicht darauf ankommt, ob etwaige Wartezeiten bei der VBL erfüllt werden, kann diese Frage auch nicht relevant werden, wenn es um die Beurteilung geht, ob negativer Arbeitslohn vorliegt.

Kündigt der Arbeitgeber seine Beteiligung bei der VBL bevor der Arbeitnehmer seine Wartezeit von 60 Monaten erfüllen konnte, entsteht grundsätzlich negativer Arbeitslohn.

Maßgeblich für die Höhe des negativen Arbeitslohnes sind die individuell lohnversteuerten Umlagen abzüglich eines Abschlages für in Anspruch genommene Versicherungsleistungen.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.05.2009; Aktenzeichen VI R 5/08)

 

Tatbestand

Es geht in diesem Verfahren um die Frage, ob der Kläger im Streitjahr 2000 negative Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit hatte, weil sein Arbeitgeber aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ausgetreten ist, bevor der Kläger seine Wartezeit von 60 Monaten bei der VBL beenden konnte und der Kläger deswegen seine mögliche Anwartschaft auf eine dynamische Versorgungsrente gegenüber der VBL verloren hat.

Der Kläger ist seit dem ...1997 bei der Fa. A angestellt. Zunächst hatte er zwei befristete Arbeitsverträge. Seit dem ...1998 ist er fest angestellt. Gemäß des Arbeitsvertrages ist für das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag der Fa. A mit den Anlagen in der aktuellen Fassung gültig.

Gem. § 2 des am ...1978 in Kraft getretenen Tarifvertrages gilt:

Die Fa. A versichert den Angestellten in der Pflichtversicherung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Durch die Pflichtversicherung erwirbt der Angestellte für sich und seine Hinterbliebenen eine Anwartschaft auf eine Gesamtversorgung gegen die VBL nach deren Satzung. Die dynamisierte Gesamtversorgung wird nach der gesamtversorgungsfähigen Zeit und dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt bemessen.

Die Fa. A war bis ... 2000 Beteiligte der VBL. Sie zahlte für den Kläger in den Jahren 1997 bis 2000 insgesamt Umlagen in Höhe von € 9.312,91 an die VBL und unterwarf diese vollständig der Lohnsteuer. Während der größere Anteil gem. § 40b EStG pauschal lohnversteuert wurde, wurden im Jahr 1998 Umlagen in Höhe von € 410,88 und im Jahr 1999 in Höhe von € 2.332,64 individuell der Lohnsteuer und der Einkommensteuer unterworfen. Im Jahr 2000 wurden die Zahlungen pauschal lohnversteuert. Zum ... 2000 schied die Fa. A aus der VBL aus.

Die VBL ist eine rechtsfähige Anstalt des Öffentlichen Rechts. Ihr Zweck ist es, den Arbeitnehmern der Beteiligten - im Wesentlichen Öffentliche Arbeitgeber oder diesen nahe stehende Einrichtungen - im Wege privatrechtlicher Versicherungen eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu gewährleisten. Eine solche setzt grundsätzlich eine Wartezeit von 60 Monaten voraus. Nur für Sonderfälle sieht die Satzung vorher Leistungspflichten vor. Die VBL wird nach dem Umlagesystem geführt, d.h. die beteiligten Arbeitgeber zahlen für ihre Mitarbeiter monatliche Umlagen. Die Höhe der Umlagen bemisst sich nach dem Finanzbedarf der VBL für die laufenden Leistungen und wird nach einem bestimmten Satz des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts berechnet. Nach unstreitigem Vortrag im Streitfall enthält die Kalkulation der Umlage keinen Anteil für die Absicherung der Sonderfälle.

Die laufenden Umlagen wurden anteilig den jeweils aktiven Angestellten der Fa. A als Arbeitslohn zugerechnet und von diesen bzw. im Falle der zulässigen Pauschalisierung der Lohnsteuer nach § 40b EStG von der Fa. A versteuert.

Bei einem Ausstieg aus der VBL müssen die Arbeitgeber satzungsgemäß (§ 23) einen versicherungsmathematisch errechneten Gegenwert zahlen, damit auch nach ihrem Ausscheiden die Zahlungsverpflichtungen aufgrund unverfallbarer Anwartschaften gegenüber aktiven oder ehemaligen Mitarbeitern erfüllt werden können. Die Zahlung des Gegenwerts führt bei den Arbeitnehmern des ausscheidenden Arbeitgebers nicht zu einer Erhöhung ihrer bereits erworbenen Anwartschaften auf Versorgungsbezüge. Scheidet ein Beteiligter aus der VBL aus, enden gemäß § 23 Abs. 1 VBLS die Pflichtversicherungen der bei ihm Beschäftigten. Gleichwohl bleibt die VBL in der Regel verpflichtet, Leistungsansprüche der bei ihr versicherten Rentnerinnen und Rentner soweit deren Hinterbliebenen (sog. Versorgungsrenten, §§ 40ff) weiter zu erfüllen und Zahlungen aufgrund unverfallbar gewordener Anwartschaften nach Eintritt des Versicherungsfalles zu leisten (sog. Versicherungsrenten §§ 44ff). Soweit jedoch zum Zeitpunkt der Beendigung der Beteiligung an der VBL die Wartezeit gem. § 38 Abs. 1 VBLS noch nicht erfüllt ist, verliert der betreffende Arbeitnehmer grundsätzlich ohne Ausgleich seine zu diesem Zeitpunkt verfallbaren Anwartschaften. Es besteht die Möglichkeit, dass bei einem späteren Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitgeber, welcher Mitglied bei der VBL ist, die bisher angefallenen Monate angerechnet werden ...

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