Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH III B 65/18)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenordnung: Inländischer Wohnsitz eines hauptsächlich im Ausland wohnenden Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
1. Das Innehaben eines Wohnsitzes setzt voraus, dass die Wohnung der Person zum jederzeitigen Wohnaufenthalt objektiv zur Verfügung steht und von ihr subjektiv dazu bestimmt ist.
2. Dass ein Ausländer nur mit Kurzzeitvisa einreist und deren zeitliche Beschränkungen einhält und sich jährlich nur einmal für wenige Wochen im Inland aufhält, steht einer Wohnsitznahme objektiv entgegen.
3. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, dass eine Person neben dem Familien- oder Hauptwohnsitz einen weiteren Wohnsitz immer auch dort hat, wo ihr Ehegatte einen Wohnsitz hat, wenn sie sich dort hin und wieder aufhält.
Normenkette
AO § 8; EStG § 26
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 15.01.2019; Aktenzeichen III B 65/18) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Ehefrau des Klägers in den Streitjahren einen Wohnsitz in Deutschland hatte und aufgrund dessen eine antragsgemäße Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer durchzuführen ist.
1. Der Kläger ist 1957 geboren und als ... bei der A tätig. Bis September 2011 bewohnte er eine Wohnung im X-Weg. Dann zog er zu seinem verwitweten, 1923 geborenen Vater ins Elternhaus in der Y-Straße, das dem Kläger bereits 2007 zu Eigentum übertragen wurde. Der Vater bewohnt ein Zimmer mit eigenem Bad, die Küche wird gemeinsam benutzt.
Am ... 2010 heirateten der Kläger und seine Ehefrau in Kenia. Seine 1983 geborene Ehefrau ist kenianische Staatsbürgerin und lebt in B, Kenia. Die Eheleute haben dort und hatten in den Streitjahren ein Hausgrundstück zu Eigentum. Im Winterhalbjahr verbringt der Kläger ca. zehn Wochen dort.
Die 2003 geborene Tochter ist leibliches Kind der Ehefrau. Ein Adoptionsverfahren des Klägers für die Tochter ist nicht beendet worden. Die Tochter lernte und wohnte in den Streitjahren in einer boarding school in C, Kenia. Zwei- bis dreimal jährlich ist sie bei ihrer Mutter zu Hause in B.
Die Ehefrau hat ihre Berufstätigkeit als Bedienung in einem Hotel nach der Heirat aufgegeben und wird vom Kläger unterhalten. Die Ehefrau verfügt über eine eigene Kreditkarte für das Konto des Klägers.
2. Die Ehefrau hielt sich wie folgt in Deutschland auf:
Jahr |
Einreise |
Ausreise |
Aufenthaltsdauer |
2010 |
24.05. |
04.07. |
42 Tage |
2011 |
07.09. |
29.09. |
23 Tage |
2012 |
14.06. |
04.07. |
21 Tage |
2013 |
16.08. |
07.09. |
23 Tage |
Im Sommer 2013 wurde sie von der Tochter begleitet.
Die Ehefrau reiste jeweils mit einem Visum für kurzfristige Aufenthalte (Schengen-Visum der Kategorie C) in Deutschland ein. Ein solches Visum erlaubt einen Aufenthalt von maximal 90 Tagen je 180 Tagen.
Am 08.09.2011 meldeten sich der Kläger und seine Ehefrau unter der Wohnanschrift Y-Straße an. Laut Inhalt des Einwohnermeldeamtsregisters ist die Ehefrau am 08.12.2011 wieder aus der Wohnung Y-Straße ausgezogen.
Am 12.09.2013 beantragte die Ehefrau in der deutschen Botschaft in Nairobi eine Aufenthaltserlaubnis (gemäß §§ 27, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - AufenthG - als Ehegatte eines in Deutschland lebenden Deutschen), die ihr am 19.09.2014 erteilt wurde. Das Verfahren dauerte - nach dem Vortrag des Klägers - so lange, weil die Ehefrau einen Nachweis zu führen hatte, die leibliche Mutter der Tochter zu sein. Außerdem habe sie Deutschkenntnisse nachweisen müssen, weil ihr entsprechender Nachweis ("Goethe-Zertifikat A 1", Anlage D zum Schriftsatz des Klägers im Einspruchsverfahren vom 23.07.2013) aus dem Jahr 2009 zu alt gewesen sei.
Am 24.10.2014 meldete sich die Ehefrau erneut in der Y-Straße an.
3. Für die Jahre 2010 und 2011 veranlagte der Beklagte den Kläger und seine Ehefrau antragsgemäß zusammen.
Nach Eingang der Steuererklärung für das Jahr 2012 forderte der Beklagte unter Hinweis darauf, dass die Ehefrau nach einer Melderegisterauskunft vom 24.05.2013 bereits am 08.12.2011 wieder nach Kenia verzogen sei, den Kläger auf, die Aufenthalte seiner Ehefrau in Hamburg zu belegen. Der Kläger legte Unterlagen für die Reise Juni / Juli 2012 vor und eine Verpflichtungserklärung vom 13.05.2013. Hierin verpflichtete er sich nach § 68 AufenthG zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt der Ehefrau und der Tochter für einen voraussichtlich am 01.08.2013 beginnenden vierwöchigen Aufenthalt. Als Zweck des Aufenthalts hatte der Kläger in der Erklärung "Besuch" angegeben. Weiterhin legte der Kläger eine Erklärung seines Vaters vor, seine Schwiegertochter habe im Juni und Juli 2012 mit seinem Sohn, dem Kläger, in der Y-Straße gewohnt.
In der Einkommensteuerfestsetzung für 2012 durch Bescheid vom 02.07.2013 lehnte der Beklagte die Zusammenveranlagung ab, denn die Ehefrau habe weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt. Ein vierwöchiger Aufenthalt rechtfertige keine Zusammenveranlagung.
Der Kläger legte am 10.07.2013 Einspruch gegen den Einkommensteuerb...