Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch eines Flugzeug-"Vercharterers" auf Erstattung von Mineralölsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 MinöStG auf Luftfahrtunternehmen beschränkte Steuererstattung verstößt gegen Art. 14 Abs. 1 b der Richtlinie Nr. 2003/96.
Nach Art. 14 Abs. 1 b der Richtlinie Nr. 2003/96 ist "die Luftfahrt" von der Steuer zu befreien. Dies ist jeder Flug eines Luftfahrzeuges zu kommerziellen Zwecken.
Wer ein Luftfahrzeug lediglich Dritten zur Verfügung stellt (sog. Nasscharter) hat keinen Anspruch auf Mineralölsteuererstattung, da seine Tätigkeit nicht Teil der "Luftfahrt" ist. Diese setzt über eine Verwendung des Luftfahrzeuges zu kommerziellen Zwecken einen tatsächlichen Flug des Luftfahrzeuges unter Verbrauch von Kraftstoff voraus.
Normenkette
MinöStG § 4 Abs. 1 Nr. 3a; RL 2003/96/EG Art. 14 Abs. 1b
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erstattung von Mineralölsteuer.
Die Klägerin hält, verwaltet und verchartert Flugzeuge und betreibt alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte. Sie besitzt ein Flugzeug des Typs A. Eigentümer des Flugzeugs ist die B GmbH & Co. KG aus C. Operator des Flugzeugs ist die D Ltd. auf den E Inseln. Diese ist im Certificate of Registration eingetragen und dient allein der Zulassung des Luftfahrzeuges. Auch das Lufttüchtigkeitszeugnis stammt von den ... Behörden. Über einen Leasingvertrag stellt die B GmbH & Co. KG der Klägerin das Flugzeug zur Verfügung. Eine Betriebsgenehmigung als Luftfahrtunternehmen besitzt die Klägerin nicht.
Nach eigenen Angaben "verchartert" sie das Luftfahrzeug überwiegend an die Fa. F, daneben auch an andere Unternehmen bzw. Personen. Vertraglich schuldet sie dabei nicht den Transport von Personen oder Waren gegenüber dem Charterkunden, sondern lediglich die Zurverfügungstellung eines flugbereiten, versicherten, vollgetankten und mit Piloten versehenen Luftfahrzeuges. Der Kunde kann das Luftfahrzeug während des Charterzeitraumes zu beliebigen Flügen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen nutzen. Der kommerzielle Einsatz liege zum Einen im Unternehmenszweck der Nassvercharterung und zum Anderen darin, dass die F-Gruppe über die Klägerin ihren Werksverkehr abwickle. Die Flugdienstleistung wird monatlich abgerechnet.
Im Oktober 2006 beantragte die Klägerin, die Mineralölsteuer für die Jahre 2005 und 2006 zu erstatten. Für das Jahr 2005 erwartete sie eine Rückzahlung von 175.534,27 Euro (268.195,98 Liter Kraftstoff) und für das Jahr 2006 in Höhe von 141.481,96 Euro (216.168,01 Liter Kraftstoff).
Mit Bescheiden vom 20. Februar 2007 lehnte das beklagte Hauptzollamt die Anträge ab. Eine Erstattung sei nur möglich, wenn die Luftfahrtbetriebsstoffe vom Unternehmen selbst für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, Sachen oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen (sog. "aerial Work") verwendet worden seien. Unternehmen, die Luftfahrzeuge lediglich an Dritte überließen, seien nicht von der Begünstigung umfasst. Überdies sei eine Vergütung von Mineralölsteuer für nach dem 31.07.2006 verwendete Luftfahrtbetriebsstoffe angesichts der Einführung des Energiesteuergesetzes zum 01.08.2006 nicht möglich. Für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.12.2006 müsse ein gesonderter Antrag gestellt werden.
Fristgerecht legte die Klägerin Einspruch gegen die jeweilige Ablehnung ein und beschränkte den Mineralölsteuererstattungsantrag für das Jahr 2006 auf den Zeitraum von Januar bis Ende Juli und auf eine Höhe von 118.080,98 Euro.
Die Einsprüche wies der Beklagte mit Entscheidung vom 16. Mai 2008 als unbegründet zurück.
Mit am 06. Juni 2008 bei Gericht eingegangener Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Ein Anspruch auf Befreiung von der Mineralölsteuer folge aus § 4 Abs. 1 Nr. 3 a) MinöStG i. V. m. dem nicht veröffentlichen Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 03. Dezember 2002 (III A 1-V 0353-1/02). Das Mineralölsteuergesetz gewähre die Steuerbefreiung zwar ausschließlich Luftfahrtunternehmen. Durch den Erlass würden jedoch u. a. Unternehmen, die gewerbsmäßig Luftfahrzeuge für Flüge zur entgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen einsetzen oder Werkarbeit durchführen den Luftfahrtunternehmen gleichgestellt. Daraus folge, dass Unternehmen, die "Werksflugverkehr" durchführten auch unter den Erlass fielen, unabhängig davon, ob sie eine Genehmigung als Luftfahrtunternehmen hätten. Als Teil der F-Gesellschaftsgruppe führe die Klägerin für diese den Werksflugverkehr durch. Überdies setze sie das Luftfahrzeug auch gewerbsmäßig zur entgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen ein, da sie es nicht nur an die F-Gruppe, sondern auch an andere Charterkunden verchartere.
Abgesehen von der vertraglichen Gestaltung erbringe sie eine identische Dienstleistung wie ein zugelassenes Luftfahrtunternehmen, welches den Transport von Personen und Waren durchführe. Der streitgegenständliche Erlass verfolge das Ziel, auch solche Unternehmen von der Mineralölsteuer zu befreien, die zwar keine Genehmigung als Luftfahrtun...