Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehen der Ware aus der zollamtlichen Überwachung durch Abgabe einer Zollanmeldung (Art. 865 Unterabs. 1 ZK-DVO
Leitsatz (amtlich)
Die Einfuhrzollschuld ist für eine Nichtgemeinschaftsware gemäß Art. 865 Unterabs. 1 ZK-DVO entstanden, wenn diese im Anschluss an den aktiven Veredelungsverkehr nicht, wie das nach Art. 118, 182 Abs. 1 Anstrich 1 Zollkodex erforderlich gewesen wäre, als Nichtgemeinschaftsware zur Wiederausfuhr nach aktiver Veredelung, sondern zur Ausfuhr als Gemeinschaftsware (Art. 161 Zollkodex) angemeldet worden ist.
Die Anmeldung zur Ausfuhr als Gemeinschaftsware ergibt sich aus dem im Einheitspapier, mit dem die Waren zur Ausfuhr angemeldet wurden, in Feld 37 angegebenen Verfahrenscode 1000, aus dem hervorgeht, dass die Ware als Gemeinschaftsware ausgeführt werden sollte.
Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass die Ware tatsächlich aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführt worden ist. Da die Ware als Gemeinschaftsware ausgeführt wurde, könnte sie theoretisch als solche zollfrei wieder in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt werden, wenn ihr Gemeinschaftscharakter auf Grund entsprechender Dokumente (z. B. der Ausgangsbestätigung) nachgewiesen oder ihre Rückwareneigenschaft (Art. 185 Zollkodex) belegt würde.
Normenkette
ZK Art. 114, 118, 161, 182 Abs. 1 Anstrich 1, Art. 185, 203 Abs. 1; ZK-DVO Art. 865 Unterabs. 1
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben.
Die Firma A Import und Export, deren Inhaber der Kläger ist, überführte mit Zollanmeldungen vom 02.06.2009 einen Pkw B mit Ursprung in den USA in die aktive Veredelung. Ausweislich des Zusatzblattes zum Einheitspapier für die Überführung von Waren in die aktive Veredelung überließ das Zollamt C den Pkw noch am 02.06.2009 und setzte eine Frist für die Beendigung des Verfahrens zum 31.03.2010.
Am 07.07.2009 führte die Firma A Import und Export das Fahrzeug in den Irak aus. Auf der Vorderseite des Formulars ist das Feld 37 (Verfahren) nicht ausgefüllt, auf der Rückseite heißt es jedoch in der Liste der Positionen Verfahren (37) 1000.
Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 16.03.2010 setzte der Beklagte Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 1.637,7 € (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) fest. Zur Begründung führte er aus, das Fahrzeug sei nicht innerhalb der Frist zur Beendigung des Verfahrens einer zulässigen zollrechtlichen Bestimmung zugeführt worden. Die Ware hätte nur zum Verfahren 3151 (einzutragen in Feld 37) zur Ausfuhr angemeldet werden dürfen. Die fälschliche Zuerkennung des zollrechtlichen Status einer Gemeinschaftsware stelle ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung dar.
Am 12.04.2010 hat der Kläger Einspruch gegen den Abgabenbescheid erhoben. Zu dessen Begründung trägt er vor, von einer Frist wisse er nichts, die fraglichen Kennziffern kenne er nicht.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25.05.2010 zurückgewiesen. Das Fahrzeug hätte bis zum 31.03.2010 ordnungsgemäß einer neuen zollrechtlichen Bestimmung zugeführt werden müssen. Eine Beendigung der aktiven Veredelung mit der Wiederausfuhr sei nur nach den Vorschriften über die Ausfuhr von Nichtgemeinschaftswaren möglich. Die Anmeldung hätte mittels Verfahrenscode 3151 erfolgen müssen. Wegen des angegebenen Verfahrenscodes 1000 sei das Fahrzeug im Ausfuhrverfahren für Gemeinschaftswaren ausgeführt worden. Dies stelle nach Art. 203 Abs. 1 Zollkodex i. V. m. Art. 865 Unterabs. 1 ZK-DVO ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung dar.
Mit seiner am 01.07.2010 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Es sei nicht bewiesen, dass das Fahrzeug der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sei. Das Hauptzollamt hätte ihm sagen müssen, wann er was zu erledigen habe. Er habe geglaubt, den gesetzlichen Vorgaben zu genügen. Die vom Beklagten verwendeten Zahlencodes seien ihm nicht bekannt. Die Abgabenerhebung sei unverhältnismäßig.
Der Kläger beantragt,
- den Einfuhrabgabenbescheid vom 16.03.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.05.2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
Er bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung. Offenbar habe sich der Kläger mit der Materie des Verfahrens der aktiven Veredelung nicht sorgfältig auseinander gesetzt.
Zwei Bände Sachakten haben vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht durfte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2010 nicht vertreten war. In der fristgerecht erfolgten Ladung wurde darauf hingewiesen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 91 Abs. 2 FGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Einfuhrabgabenbescheid vom 16.03.2010 ist in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.05.2010 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
I.
Die Voraussetzungen des Art. 203 Abs. 1 Zollkodex sind erfüllt (1.). Es war auch nicht fehlerhaft, den Kläger in Anspruch zu nehmen (2.).
Nach Art. 20...