Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 164/18)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung als Steuerberater wegen der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG, die mit dem Beruf oder mit dem Ansehen des Steuerberaters nicht vereinbar ist, ist die Übernahme der Geschäftsführung einer gewerblichen Gesellschaft. Denn das organschaftliche Handeln in dieser Funktion wird notwendig vom gewerblichen Charakter der Unternehmenstätigkeit der Gesellschaft geprägt.
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Hat der Kläger in diesem Zeitpunkt noch keine Ausnahmegenehmigung erhalten, ist der Widerruf der Bestellung als Steuerberater wegen der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit rechtmäßig.
3. Das finanzgerichtliche Verfahren muss nicht ausgesetzt werden bis zur Entscheidung über die Klage beim Verwaltungsgericht auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, wenn der Kläger die Ausnahmegenehmigung nicht bereits bei Beginn seiner gewerblichen Tätigkeit beantragt hat und der Antrag des Klägers auf Ausnahmegenehmigung nicht alle seine gewerblichen Tätigkeiten umfasst.
Normenkette
StBerG §§ 46, 57, 80
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Bestellung des Klägers als Steuerberater zu Recht widerrufen hat.
Der am ... geborene Kläger war seit 1986 oder 1987 als Steuerberater bestellt. Seit 1995 war er als selbständiger Steuerberater mit einer Einzelpraxis tätig.
Seit 2009 war der Kläger für diverse Gesellschaften in der A tätig. Aus seiner Tätigkeit bei der "B-Gruppe" erzielte der Kläger ein Jahreseinkommen von ca. 120.000 € brutto. Der Kläger hat neben seinem Wohnsitz in Hamburg auch einen Wohnsitz in C. In 2018 hatte er noch folgende Funktionen:
- Geschäftsführer der D GmbH
- Geschäftsführer der E GmbH
- Direktor der F AG
- Geschäftsführer der G GmbH
- Geschäftsführer der H GmbH
- Geschäftsführer der J GmbH
- Vorsitzender der Geschäftsführung der K GmbH
- Verwaltungsrat der L AG
- Geschäftsführer der M GmbH
- Vorsitzender der Geschäftsführung der Beteiligungsgesellschaft "N" (...) GmbH
- Direktor der O AG
Die Generalstaatsanwaltschaft informierte mit Schreiben vom 28. Juni 2017 die Beklagte über gewerbliche Tätigkeiten des Klägers, weil sie festgestellt hatte, dass der Kläger als Geschäftsführer von zwei Gesellschaften in der A fungierte.
Zum Jahreswechsel 2016/2017 verlegte der Kläger seine Praxis in die von ihm als Wohnung genutzte Räumlichkeit und nutzte seitdem zwei Räume als Arbeitszimmer. Dieses Gebäude ist ein reines Wohngebäude. Der Kläger informierte wegen des Umzugs weder seine Mandanten, noch stellte er einen Nachsendeauftrag bei der Post oder brachte ein Hinweisschild bei der alten Büroadresse an.
Mit der Anschuldigungsschrift vom ... 2018 beantragte die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg das Hauptverfahren vor dem Landgericht Hamburg wegen der schuldhaften Verletzung der beruflichen Pflichten als Steuerberater zu eröffnen. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg ging davon aus, dass der Kläger spätestens seit dem 1. Januar 2017 die ihm erteilten Mandate nicht mehr auftragsgemäß ausübte, insbesondere, weil er seine Kanzleiräume gewechselt hatte und seine Mandanten hierüber nicht informierte und diese ihn weder persönlich noch telefonisch erreichen konnten. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg sah hierin u. a. einen Verstoß gegen § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 BOStB. In diesem Zusammenhang wurden 16 Mandanten namentlich erwähnt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anschuldigungsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg vom ... 2018 verwiesen. Das Verfahren wurde beim Landgericht Hamburg eröffnet und durch Urteil vom ... 2018 abgeschlossen. Dem Kläger wurde wegen Verletzung seiner allgemeinen Berufspflichten ein Verweis erteilt. Außerdem wurde gegen ihn eine Geldbuße von ... € verhängt. Das Landgericht konnte nicht feststellen, wie sich die Anzahl der Mandanten entwickelt hat, da der Kläger die Beantwortung der entsprechenden Fragen abgelehnt hatte. Hiergegen hat der Kläger Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) Hamburg eingelegt.
Die Behörde für Schule und Berufsausbildung hat dem Kläger mit Bescheid vom ... 2018 wegen Beschwerden über seine fehlende Erreichbarkeit, Nichtbearbeitung von Aufträgen und Nichtherausgabe von Unterlagen, untersagt, Personen auszubilden. Über den hiergegen gerichteten Widerspruch ist bisher nichtentschieden worden.
Mit Schreiben vom 1. August 2017 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen des Vorwurfs der gewerblichen Tätigkeit rechtliches Gehör.
Mit Schreiben vom 15. September 2017 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für seine Tätigkeiten in der A für die Gesellschaften D GmbH, E GmbH und F AG. Zur Begründung führte der Kläger an, dass er neben zwei anderen Personen nur rein organisatorisch in dieser Funktion tätig sei. Wegen der weiteren Begründung wird auf den Antrag des Klägers verwie...